Rn 6

Bei der Potestativbedingung sind die Wirkungen des Rechtsgeschäfts an ein Verhalten geknüpft, das im Belieben einer der Parteien steht. Diese kann also durch Vornahme oder Unterlassen der entspr Handlung die Wirkungen des Rechtsgeschäfts herbeiführen oder beenden. Solche Potestativbedingungen sind grds zulässig und in § 2075 auch gesetzlich anerkannt (vgl aber BGH WM 83, 991 für den Fall, dass die Erfüllung einer vertraglichen Nebenpflicht, Kautionszahlung, als aufschiebende Bedingung des Vertrags formuliert wurde). Denn hinsichtlich der Vornahme des Verhaltens ist die Partei zwar frei, für die rechtlichen Folgen dieses Verhaltens kommt es jedoch nicht auf ihren Willen an, da für den Bedingungseintritt die bloße Tatsache des bestimmten Verhaltens genügt (Soergel/Wolf Rz 23; Staud/Bork Vor §§ 158–163 Rz 16). Die Potestativbedingung knüpft insofern nicht unmittelbar an den Willen einer Partei, sondern lediglich an ihr Verhalten an, das freilich regelmäßig Ausdruck ihres Willens sein wird. Zur Beendigung eines unabsehbar langen Schwebezustands bei Potestativbedingungen kommt uU eine Fristsetzung analog §§ 146, 148 (BGH NJW 85, 1557 [BGH 26.11.1984 - VIII ZR 217/83]) durch die andere Seite in Betracht.

 

Rn 7

Ein Sonderfall der Potestativbedingung ist die Wollensbedingung, bei der die Wirkungen des Vertrags direkt in das freie Belieben einer der Parteien gestellt werden. Die Rspr verfährt bei der Anerkennung derartiger Bedingungen im Rahmen gegenseitiger Verträge großzügig (BGHZ 47, 387, 391 = NJW 67, 1605; BGH GRUR 17, 1144). Die auflösende Wollensbedingung ist in der Tat außerhalb von Verfügungen unproblematisch (Soergel/Wolf Vor § 158 Rz 26; Giesen FS Schapp, 159, 167 ff). Funktional kommt diese Konstruktion der Vereinbarung eines einseitigen Kündigungs- oder Rücktrittsvorbehalts nahe (Staud/Bork Vor §§ 158–163 Rz 18). Von diesen Instituten ist die auflösende Wollensbedingung durch Auslegung abzugrenzen (vgl LG Hamburg NJW-RR 91, 823 [LG Hamburg 25.10.1990 - 302 O 50/90]). Die aufschiebende Wollensbedingung wird dagegen von einigen Stimmen in der Literatur, abgesehen vom Kauf auf Probe, § 454 I, nicht anerkannt. Eingewendet wird, dass es hier am Vorliegen eines verbindlichen Vertrags fehle (Staud/Bork Vor §§ 158–163 Rz 18; aA NK-BGB/Wackerbarth Rz 6; MüKo/Westermann Rz 21, 61; Erman/Armbrüster Vor § 158 Rz 13), so dass die §§ 145 ff unanwendbar seien. Dem ist entgegen zu halten, dass es den Parteien überlassen werden kann, an welche Voraussetzungen sie die Wirkungen ihres Vertrags knüpfen. Insb ermöglicht es die Zulassung der reinen Wollensbedingung, eine Option als aufschiebend bedingten Vertrag zu konstruieren (s Vor §§ 145 ff Rn 34; MüKo/Westermann Rz 22; Grüneberg/Ellenberger Einf v § 158 Rz 10). Diese Konstruktion bietet ggü der Festofferte den Vorteil, dass die Herbeiführung der Bedingung nach hM formfrei möglich ist, so dass nur der Hauptvertrag der Form genügen muss (Vor §§ 145 ff Rn 37).

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