Rn 29

Die Ergänzung der privatautonom getroffenen Regelung darf nicht zu einer freien richterlichen Rechtsschöpfung führen, sie darf insb nicht eine fehlende Einigung über wesentliche Vertragsbestandteile ersetzen (BGH NJW-RR 06, 1139 [BGH 07.02.2006 - KZR 24/04] Tz 21, aber BGH NZV 06, 522 [BGH 04.04.2006 - X ZR 122/05] zur Gutachtervergütung). Ein tatsächlich feststellbarer übereinstimmender Parteiwille geht daher in jedem Fall vor (BGH NJW 95, 1213 [BGH 08.12.1994 - III ZR 175/93]). Die ergänzende Vertragsauslegung darf nicht den Inhalt der Erklärungen verändern oder sich zu ihm in Widerspruch setzen (BGH NJW-RR 89, 1491 [BGH 06.07.1989 - III ZR 35/88]; LAG Ddorf 7 Sa 1006/10 Rz 50). Eine Vertragsergänzung, die zur Nichtigkeit des Vertrags führen würde, entspricht nicht dem hypothetischen Parteiwillen (BGH NJW 70, 468 [BGH 15.12.1969 - II ZR 69/67]).

 

Rn 30

Die richterliche Auslegung darf weiterhin nicht zu einer Erweiterung des Vertragsgegenstandes führen, und sie muss in dem Vertrag eine Stütze finden (BGH NJW 12, 844; BGHZ 40, 91, 103 = NJW 63, 2071). Der Begriff der unzulässigen Erweiterung ist allerdings auf den Zweck des Vertrags und nicht etwa auf die dort geregelten Pflichten zu beziehen. So kann im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung durchaus eine Erweiterung der ursprünglich vorgesehenen wechselseitigen Pflichten erfolgen, wenn dies für die Erreichung des Vertragszwecks erforderlich ist (Staud/Roth Rz 39; s.a. BGH NJW 06, 54 [BGH 11.10.2005 - XI ZR 395/04] zur Ergänzung der vertraglichen Regelung durch ein befristetes Umtauschrecht von Pfennig- in Cent-Briefmarken; BGH NJW-RR 08, 562 [BGH 24.01.2008 - III ZR 79/07] zum einseitigen Recht, die Gültigkeitsdauer von Telefonkarten zu bestimmen). Allerdings darf sie nicht dazu führen, dass eine der Parteien Rechte zugewiesen erhält, die sie im Laufe der Verhandlungen nicht hat durchsetzen können (BGH NJW-RR 91, 1033 [BGH 07.05.1991 - XII ZR 146/90]).

 

Rn 31

Lassen sich keine hinreichenden Anhaltspunkte für den hypothetischen Parteiwillen finden, etwa weil mehrere gleichwertige Auslegungsmöglichkeiten in Betracht kommen, scheidet eine ergänzende Vertragsauslegung aus (BGH NJW 08, 1820 [BGH 27.02.2008 - IV ZR 219/06] Rz 30; NJW-RR 05, 1619 [BGH 20.07.2005 - VIII ZR 397/03]; NJW-RR 05, 1040 [BGH 14.04.2005 - VII ZR 56/04] unerkannte Unwirksamkeit einer Sicherungsvereinbarung). Das Gericht kann die Parteien nicht nach seinem Gutdünken auf eine einzige von mehreren möglichen Lösungen festlegen (BGH NJW 02, 2311 [BGH 17.04.2002 - VIII ZR 297/01]).

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