Rn 7

Eine Bedürftigkeit des geschiedenen Ehegatten muss nicht notwendig ehebedingt sein (BGH FamRZ 80, 981). Da jedoch die nacheheliche Solidarität nicht uferlos sein kann, stellt das G jedenfalls für einzelne Unterhaltstatbestände (§§ 1571, 1572, 1573 III) sicher, dass Unterhalt nur geschuldet wird, wenn ein zeitlicher, persönlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang der Bedürftigkeit des geschiedenen Ehegatten mit der Ehe besteht. Normierte oder anzunehmende, etwa aufgrund der Surrogatrspr des BGH (FamRZ 01, 986), Einsatzzeitpunkte sind Anspruchsvoraussetzung. Einsatzzeitpunkte sindSchutzvorschriften für den Pflichtigen und beschränken seinen unterhaltsrechtlichen Verantwortungsbereich. Im Fall einer im Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung latent vorhandenen Krankheit, die erst 23 Monate später ausgebrochen ist, hat der BGH (FamRZ 01, 1291) diese Voraussetzung verneint. Schicksalhafte Ereignisse, die einen Ehegatten nach Scheidung treffen, sollen grds nicht von dem anderen Ehegatten getragen werden. Es gehört zur Schlüssigkeit eines für die Zeit nach Scheidung geltend gemachten Unterhaltsanspruchs, die Tatbestandskette (Ddorf FamRZ 98, 1519) lückenlos darzustellen. Ausnahmsweise ist eine lückenlose Tatbestandskette nicht erforderlich, wenn keine nachhaltige Sicherung der Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit bei Scheidung vorliegt (§ 1573 IV 1), bei Wiederaufleben des Unterhaltsanspruchs nach Auflösung einer weiteren Ehe (§ 1586a I), beim Betreuungsunterhalt (§ 1570) und beim Billigkeitsunterhalt (§ 1576).

 

Rn 8

Soweit ein Anspruch einen Einsatzzeitpunkt verlangt, müssen die Tatbestandsvoraussetzungen zu diesem Einsatzzeitpunkt vorliegen (BGH FamRZ 05, 1817). Die Tatbestandskette entfällt nicht, wenn der Unterhaltsgläubiger erst nachträglich bedürftig wird oder der Unterhaltsanspruch zunächst an der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners scheiterte. Es genügt, dass unterschiedliche Unterhaltstatbestände nacheinander wirken (Kobl NJW-RR 06, 151 [OLG Koblenz 29.09.2005 - 7 UF 284/05]). Anders als die Unterhaltstatbestände der §§ 1571, 1572 oder 1573 Abs 1 verlangt § 1573 Abs 2 keinen Einsatzzeitpunkt. Seit langem ist aber anerkannt, dass auch der Aufstockungsunterhalt an die Wahrung von Einsatzzeitpunkten geknüpft sein muss (BGH FamRZ 05, 1817 und ständig). Bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Voraussetzungen nach § 1573 Abs 2 vorliegen, muss stets ein Ehegattenunterhaltsanspruch bestanden haben (Unterhaltskette, BGH FamRZ 16, 203). Ist diese einmal unterbrochen, weil der berechtigte Ehegatte seinen Unterhalt zwischenzeitlich nachhaltig gesichert hat, lebt der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nicht mehr auf.

Eine vorübergehende Arbeitslosigkeit des Pflichtigen (!) unterbricht die Unterhaltskette beim Aufstockungsunterhalt jedoch auch dann nicht, wenn die Einkünfte des Pflichtigen infolge der Arbeitslosigkeit so weit absinken, dass sich zeitweilig kein Unterschiedsbetrag zwischen dem – durch den Einkommensrückgang beeinflussten – vollen Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen und dem anrechenbaren Einkommen des Berechtigten ergibt (BGH FamRZ 16, 203). Der Anspruch hat während der vorübergehenden Arbeitslosigkeit latent weiter bestanden mit der Folge, dass die Unterhaltskette nicht unterbrochen ist.

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