Rn 6

Neben der Bestätigung der nach § 1303 S 1 aufhebbaren Ehe durch einen erkennbaren Fortsetzungswillen des volljährig gewordenen Ehegatten nach § 1315 I 1 Nr 1 a handelt es sich bei der Regelung in Abs 1 S 1 Nr 1b um eine Härteklausel, die es dem FamG, das über den Aufhebungsantrag zu entscheiden hat, in besonderen Ausnahmefällen ermöglichen soll, zur Wahrung des Kindeswohls von der Aufhebung der Ehe abzusehen. Nach der Gesetzesbegründung muss es sich allerdings um gravierende Einzelfälle handeln, in denen die Aufhebung der Ehe eine so schwere Härte für den betroffenen minderjährigen Ehegatten darstellen würde, dass die Aufrechterhaltung der Ehe zu seinem Schutz ausnahmsweise geboten erscheint. Zu denken wäre hier bspw an eine schwere und lebensbedrohliche Erkrankung oder eine krankheitsbedingte Suizidgefahr des minderjährigen Ehegatten. Eine außergewöhnliche Härte könnte sich im Einzelfall auch daraus ergeben, dass die Aufhebung einer unter Beteiligung eines Unionsbürgers geschlossenen Ehe dessen Freizügigkeitsrecht verletzen würde (BTDrs 18/12086 S 22;BGH FamRZ 20, 1533, 1536; Frankf FamRZ 19, 1853). Dementsprechend ist die Ehe mit einem Minderjährigen zwischen zwei rumänischen Staatsbürgern, die in Deutschland lebten, nicht aufgehoben worden (Oldbg FamRZ 18, 1152; AG Frankenthal FamRZ 18, 749). Sowohl die Möglichkeit einer späteren Rückkehr des Paares in ihr Heimatland als auch eine Schwangerschaft oder die Geburt eines Kindes können für die Frage einer schweren Härte von Bedeutung sein. Bei einem Verstoß gg § 1303 S 1 besteht eine Antragspflicht der zuständigen Behörde, die jedoch nach § 1316 III 2 bei einem vom volljährig gewordenen Ehegatten erklärten Fortsetzungswillen entfällt.

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