1. Ehrenschutz.

 

Rn 45

Er ist Teil des Apr (s.o. Rn 28) und wird realisiert durch Abwehr von ehrverletzenden Handlungen, Äußerungen, Darstellungen, Veröffentlichungen usw (umfassende Einzelheiten bei Erman/Ehmann § 12 Anh Rz 18 ff). Der Ehrenschutz muss insb ggü dem Recht auf Meinungsfreiheit abgewogen werden (BVerfG NJW 12, 3712 [BVerfG 17.09.2012 - 1 BvR 2979/10]; BVerfG 1 BvR 444/13, 1 BvR 527/13; BVerfG NJW 14, 764 [BVerfG 28.01.2014 - 2 BvR 1561/12] – Pauli; BVerfG NJW 17, 1460 [BVerfG 08.02.2017 - 1 BvR 2973/14]; BVerfG NJW 20, 2622, 2629, 2631 [BVerfG 19.05.2020 - 1 BvR 2397/19] und 2636 [BVerfG 19.05.2020 - 1 BvR 362/18]; näher dazu Rn 28).

2. Identitätsschutz.

 

Rn 46

Er wendet sich gegen Verfälschungen des Persönlichkeitsbildes insgesamt sowie gegen Werkentstellungen und Bildverfälschungen (BVerfG NJW 05, 3271 gegen BGH NJW 04, 596; BGH NJW 06, 603; BGHZ 50, 133, 144 – Mephisto; 107, 384, 391 – Nolde; 128, 1 – Caroline).

3. Entfaltungsschutz.

 

Rn 47

Er ist gegen Behinderungen der Entfaltung der Persönlichkeit in unzulässiger Weise gerichtet, zB Freiheitsberaubung, Kidnapping, Verlust des Arbeitsplatzes durch Mobbing (BAG NZA 07, 1154 [BAG 16.05.2007 - 8 AZR 709/06] Rz 70 ff; Brose Jahrbuch junger Zivilrechtswissenschaftler 2011, S 289; Jansen/Hartmann NJW 12, 1540; zum Cybermobbing s Giebel NJW 17, 977), Vereitelung der Fortpflanzung (BGHZ 124, 54), ferner s.o. Rn 29.

4. Belästigungsschutz.

 

Rn 48

Er schützt gegen unbefugtes Eindringen in den privaten oder intimen Bereich, zB durch Telefonwerbung, untersagte Briefwerbung, unzulässige Email-Werbung und ähnl rein belästigende Handlungen ohne rechtfertigenden Grund (BGHZ 59, 317; 64, 182; VersR 89, 373; BGH EWiR 16, 157; ferner s.o. Rn 29).

5. Ausspähungsschutz (Recht auf Privatheit).

 

Rn 49

Er wendet sich gegen eine unzulässige Erforschung des privaten oder intimen Bereichs, zB durch Fotografien auf Privatgelände (Ablichtung des Leichnams Bismarcks im Jahre 1898 als erster Fall), Fotos im privaten oder intimen Bereich mit Teleobjektiv, Belauschen im Wohnungsbereich, Mithören privater Telefonate, Öffnen von Briefen, Entwendung sowie Lesen von Tagebüchern und anderen Aufzeichnungen, Entwenden oder heimliches Mitlesen von E-Mails (BGH NJW 15, 782; München NJW 20, 779), Zugang zu Personalakten und persönlichkeitsbezogenen Daten (BVerfG NJW 02, 3619; BGH NJW 09, 1502; 04, 762; 03, 1728; 70, 1848; VersR 90, 532; BGHZ 27, 286; anders früher BGH NJW 64, 165; 82, 1397; dazu nunmehr die Auseinandersetzung zwischen EGMR und der deutschen Rspr, s.o. Rn 32). Den umfassenden Schutz seiner Privatsphäre verliert aber, wer seinen Privatbereich bewusst öffnet (BVerfG NJW 06, 3406 [BVerfG 21.08.2006 - 1 BvR 2606/04]; BGH NJW 18, 3509 [BGH 12.06.2018 - VI ZR 284/17]; KG NJW 11, 785 [KG Berlin 19.03.2010 - 9 U 163/09]), die Grenzen sind durch Abwägung zu bestimmen; ferner s.o. Rn 29; zum strafrechtl Schutz vgl §§ 201 ff StGB. Zur Videoüberwachung des Nachbarn und zum Überwachungsdruck s Köln NJW 17, 835 [OLG Köln 22.09.2016 - 15 U 33/16]; zulässig ist dagegen eine Dashcam-Aufzeichnung im Auto; s BGH NJW 18, 2883 [BGH 15.05.2018 - VI ZR 233/17]; dazu Prütting RAW 18, 15 und 182; Nürnbg NJW 17, 3597 [OLG Nürnberg 10.08.2017 - 13 U 851/17].

6. Fixierungsschutz.

 

Rn 50

Er ist gegen unzulässige Fixierung privater Umstände gerichtet, zB durch Ton-, Bild- oder Videoaufnahmen von nichtöffentlichem Auftreten oder nichtöffentlichen Äußerungen (BVerfG NJW 00, 1023; BGHZ 24, 208; 80, 42; 128, 410; NJW 88, 1017; 95, 1956; BGH NJW 16, 1094 = JZ 16, 908 m Anm Götting). Die mit Einwilligung des Betroffenen hergestellten intimen Bilder und Filmaufnahmen sind in ihrer Rechtmäßigkeit konkludent auf die Zeit beschränkt, in der die der Einwilligung zugrunde liegende Beziehung bestand (BGH NJW 16, 1094 = JZ 16, 908 [BGH 13.10.2015 - VI ZR 271/14] m Anm Götting).

7. Verbreitungsschutz.

 

Rn 51

Er soll die unzulässige Weitergabe von persönlichkeitsrelevanten Umständen an einzelne Dritte oder an die Öffentlichkeit verhindern, insb die Offenbarung und Weitergabe der bereits in unzulässiger Weise fixierten privaten Umstände (s.o. Rn 50; BVerfG NJW 17, 1377 – Kachelmann; NJW 08, 39 – Esra; 03, 3262; 00, 1859; 00, 1921; BGHZ 13, 338; 15, 262; 31, 312; 36, 80; 45, 308; 73, 124; 131, 337; 143, 204; NJW 64, 1472; 66, 2335; 85, 1617; 94, 1281). Dazu gehören auch Angaben über den Gesundheitszustand (BGH NJW 17, 1550 [BGH 29.11.2016 - VI ZR 382/15] – Schumacher). Als einen (prozessualen) Sonderfall des Verbreitungsschutzes könnte man prozessuale Beweisverwertungsverbote ansehen (s.o. Rn 44); zur Veröffentlichung rechtswidrig erlangter privater E-Mails BGH NJW 15, 782. Diesem Schutz kann die Wahrnehmung berechtigter Interessen entgegenstehen, etwa bei öffentlichem Informationsinteresse durch die Presse oder eine Online-Enzyklopädie (BVerfG NJW 17, 1376 [BVerfG 09.02.2017 - 1 BvR 967/15] – Kachelmann; LG Hamburg NJW-RR 09, 699 [LG Hamburg 16.05.2008 - 324 O 847/07] – Wikipedia; vgl auch den Fall Ariane Friedrich – Name und Wohnort eines Belästigers im Internet veröffentlicht; BGH NJW 15, 782 [BGH 30.09.2014 - VI ZR 490/12] – Innenminister). Der Schutz des Apr reicht allerdings bei Bildver...

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