Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 06.01.2016; Aktenzeichen 18 O 69/15)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Köln vom 6.1.2016 (18 O 69/15) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt,

a. die an der Vorderfront der Immobilie unter der Anschrift W Straße 53, C, in ca. 3,50 m Höhe rechtsseitig oberhalb des Hauseingangs angebrachte Kamera,

b. die im hinteren Bereich der Immobilie unter der Anschrift W Straße 53, C, am Anbau im Innenhof zur Terrasse hin zeigend, etwa in Höhe von 2,50 m angebrachte Kamera sowie

c. die im Garten der Immobilie unter der Anschrift W Straße 53, C, an der Grenze zum Nachbargrundstück Hausnummer 55 an einem verzinkten Rohr angebrachte Kamera zu entfernen.

2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, die im unmittelbaren Hauseingang über der Haustür des Hauses W Straße 53, C, angebrachte Kamera zu entfernen,

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz trägt die Beklagte. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 4/9 und die Beklagte zu 5/9.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte, seine unmittelbare Nachbarin, auf Entfernung von vier verschiedenen Kameras, die auf dem Grundstück der Beklagten installiert sind sowie auf Zahlung einer Geldentschädigung in Anspruch. Bezüglich der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien sowie der gestellten Anträge wird auf das erstinstanzliche Urteil (Bl. 131 d.A.) Bezug genommen.

Das LG hat der Klage mit Urteil vom 6.1.2016 im Hinblick auf die Hilfsanträge (Einstellung und dauerhafte Fixierung der Kameras) stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stehe der mit dem Hauptantrag geltend gemachte Anspruch auf gänzliche Entfernung der Kameras nicht zu, da er analog § 1004 BGB zwar die Beseitigung der gegenwärtigen Beeinträchtigung verlangen könne, es jedoch grundsätzlich der Beklagten als Schuldnerin überlassen bleibe, wie dies geschehe. Eine Verurteilung zu einer bestimmen Maßnahme komme nur in Betracht, wenn die Beeinträchtigung nur durch diese eine Maßnahme beseitigt werden könne bzw. weitere mögliche Maßnahmen vernünftigerweise nicht in Betracht kämen. Diese Voraussetzungen lägen jedoch nicht vor. Soweit der Kläger behauptet habe, seine Rechtsgutsverletzung könne ausschließlich mittels Entfernung der Kameras beseitigt werden und dies durch Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Beweis gestellt habe, sei dieser Vortrag gemäß § 296a ZPO verspätet. Wenn es im Übrigen der Beklagten nicht möglich sei, objektiv nachprüfbar nachzuweisen, dass das Grundstück des Klägers von den drei Kameras nicht erfasst werde, führe dies faktisch dazu, dass sie (jedenfalls diese) Kameras nicht mehr nutzen dürfe.

Der Kläger könne jedoch - wie mit dem Hilfsantrag geltend gemacht - die Einstellung und dauerhafte Fixierung der Kameras dergestalt verlangen, dass sein Terrassen- und Wohnzimmerbereich sowie der öffentliche Gehweg vor der Immobilie W Straße 53 und der öffentliche Durchgangsweg von der W Straße zur Nstraße nicht erfasst werde. Durch die von der Beklagten angebrachten Kameras werde der Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Auch die Filmaufnahmen der öffentlichen Wege stellten bei Würdigung der Gesamtumstände einen unzulässigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers dar. Der Kläger werde nicht - zum Festhalten eines bestimmten Straßenbildes - quasi als Beiwerk aufgezeichnet, sondern es werde der Gehweg gefilmt, den der Kläger ständig benutzen müsse. Insofern müsse er sich dort stets von der Beklagten kontrolliert fühlen. Dem Schutzinteresse der Beklagten könnte bereits dadurch Rechnung getragen werden, dass sie mittels der Kameras den Bereich ihres eigenen Grundstücks überwache.

Dahinstehen könne, ob die Kameras derzeit immer noch auf das Grundstück des Klägers bzw. den öffentlichen Straßenraum gerichtet seien. Denn eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts komme auch in Betracht, wenn der Betroffene eine Überwachung durch die Kameras objektiv ernsthaft befürchten müsse (sog. Überwachungsdruck). Einem solchen Überwachungsdruck sei der Kläger ausgesetzt, da ausweislich der aus den Akten ersichtlichen Kameraeinstellung jedenfalls in der Vergangenheit Teile des klägerischen Grundstücks sowie Teile des öffentlichen Weges durch die Beklagte gefilmt worden seien. Darüber hinaus seien die Kameras der Beklagten nach Aufnahmewinkel und Reichweite in der Lage, das klägerische Grundstück und die öffentlichen Wege dauerhaft zu überwachen und könnten ohne sichtbare Einwirkung von außen verstellt werden. Vor dem Hintergrund der unstreitigen Auseinandersetzungen sei daher - auch wenn es sich nicht um einen "eskalierenden Nachbarschaftsstreit" handele - die Befürchtung des Klägers gerechtfertigt, dass die Beklagte (erneut) sein Grundstück und die von ihm benutzten Wege überwachen werde.

Gege...

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