Rn 21

Im Vollstreckungsverfahren wird Hoheitsgewalt ausgeübt. Vollstreckungsorgane sind also nur insoweit international zuständig, als die deutsche Hoheitsgewalt reicht. Sie ist auf das deutsche Hoheitsgebiet beschränkt. Auf Vermögen kann daher im Wege der Zwangsvollstreckung nur dann zugegriffen werden, wenn es im Inland belegen ist (BGH NJW-RR 06, 198 [BGH 04.10.2005 - VII ZB 9/05]). Wer von der deutschen Gerichtsbarkeit nicht erfasst ist (§§ 18–20 GVG), muss Vollstreckungsmaßnahmen nach deutschem Recht nicht fürchten. Aufgrund bundesdeutschen Vollstreckungsrechts darf nicht auf das Vermögen eines ausländischen Staates zugegriffen werden. Insbesondere darf das Vermögen diplomatischer Vertretungen nicht mit Vollstreckungsmaßnahmen nach deutschem Recht überzogen werden, soweit es zur Wahrnehmung diplomatischer Aufgaben dient und auf die Immunität nicht verzichtet wurde (BGH NJW-RR 07, 1498 [BGH 04.07.2007 - VII ZB 6/05]). Der Grundsatz, dass auf deutschem Hoheitsgebiet grds keine Zwangsvollstreckung nach ausländischem Recht stattfindet, hat mit der Neufassung der Brüsseler Gerichtsstands- und Vollstreckungsanordnung v 26.11.14 (ABl L 351, 1), die zum 10.1.15 in Kraft getreten ist, erhebliche Einschränkungen erfahren. Seither sind gerichtliche Entscheidungen eines EU-Mitgliedstaats in Zivil- und Handelssachen, die im Ursprungsstaat vollstreckbar sind, ohne gesonderte Anerkennung und Vollstreckbarkeitserklärung auch in anderen Mitgliedstaaten vollstreckbar. Ein Exequatur ist insoweit also nicht mehr notwendig, s § 722 Rn 1. Nur für Titel ausländischer Vollstreckungsorgane in anderen als EU-Staaten, die im Inland vollstreckt werden sollen, muss deren Vollstreckbarkeit nach wie vor grds gesondert festgestellt werden, entweder durch Staatsvertrag oder aufgrund eines Vollstreckungsurteils nach §§ 722, 723.

 

Rn 22

Für Vollstreckungstitel, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach der Verordnung (EG) Nr 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates v 21.4.04 bestätigt wurden (sog europäischer Vollstreckungstitel), gelten besondere Regelungen (Bittmann Rpfleger 15, 1; Strasser Rpfleger 07, 249). Auf Grundlage der EuVTVO (Abl L 143 v 30.4.04) kann im jeweiligen Ursprungsland für bestimmte Titel die Bestätigung als europäischer Vollstreckungstitel beantragt werden (Karlsr IPrax 14, 287 mAnm Adolphsen/Bachmann IPrax 14, 267 für Titel nach § 756; Stuttg Rpfleger 08, 319 [OLG Stuttgart 23.10.2007 - 5 W 29/07]). Europäische Vollstreckungstitel können dann im Inland nach §§ 1082 ff vollstreckt werden. Insbesondere ist die Erteilung der Vollstreckungsklausel für bestätigte Titel keine Vollstreckungsvoraussetzung mehr (§ 1082). Eine Vollstreckbarerklärung auf Grundlage der EuGVO (ABl 2001 L 12, 1, ber ABl L 307, 28 v 22.12.00) soll dagegen mangels Rechtsschutzbedürfnisses ausscheiden (Stuttg NJW-RR 10, 134, 135 [OLG Stuttgart 20.04.2009 - 5 W 68/08]; Kienle EuZW 10, 334, 335; abl Mansel/Thorn/Wagner IPRax 10, 1, 18), wenn bereits eine Bestätigung als europäischer Vollstreckungstitel vorliegt (BGH NJW-RR 10, 571).

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