Gesetzestext

 

(1) Auf Verlangen des Gläubigers hat der Drittschuldner binnen zwei Wochen, von der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an gerechnet, dem Gläubiger zu erklären:

1. ob und inwieweit er die Forderung als begründet anerkenne und Zahlung zu leisten bereit sei;
2. ob und welche Ansprüche andere Personen an die Forderung machen;
3. ob und wegen welcher Ansprüche die Forderung bereits für andere Gläubiger gepfändet sei;
4. ob innerhalb der letzten zwölf Monate im Hinblick auf das Konto, dessen Guthaben gepfändet worden ist, nach § 907 die Unpfändbarkeit des Guthabens festgesetzt worden ist, und
5. ob es sich bei dem Konto, dessen Guthaben gepfändet worden ist, um ein Pfändungsschutzkonto im Sinne des § 850k oder ein Gemeinschaftskonto im Sinne des § 850l handelt; bei einem Gemeinschaftskonto ist zugleich anzugeben, ob der Schuldner nur gemeinsam mit einer oder mehreren anderen Personen verfügungsbefugt ist.

(2) 1Die Aufforderung zur Abgabe dieser Erklärungen muss in die Zustellungsurkunde aufgenommen werden; bei Zustellungen nach § 193a muss die Aufforderung als elektronisches Dokument zusammen mit dem Pfändungsbeschluss übermittelt werden. 2Der Drittschuldner haftet dem Gläubiger für den aus der Nichterfüllung seiner Verpflichtung entstehenden Schaden.

(3) 1Die Erklärungen des Drittschuldners können innerhalb der in Absatz 1 bestimmten Frist auch gegenüber dem Gerichtsvollzieher abgegeben werden. 2Werden die Erklärungen bei einer Zustellung des Pfändungsbeschlusses nach § 193 abgegeben, so sind sie in die Zustellungsurkunde aufzunehmen und von dem Drittschuldner zu unterschreiben.

 
Hinweis

Fassung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Fortentwicklung des Rechts des Pfändungsschutzkontos und zur Änderung der Vorschriften des Pfändungsschutzes (Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz – PKoFoG) vom 22.11.20 (BGBl I, 2466) s 13. Aufl.

A. Normzweck und Gesetzesänderungen.

 

Rn 1

Die Vorschrift soll eine im Interesse der Allgemeinheit liegende funktionsfähige Forderungsvollstreckung ermöglichen (BGH NJW 99, 2276, 2278 [BGH 18.05.1999 - XI ZR 219/98]). Regelmäßig sind dem Gläubiger die Verhältnisse zwischen Schuldner und Drittschuldner unbekannt. Um planvoll vorgehen zu können, benötigt der Vollstreckungsgläubiger Informationen darüber. Die deswegen bestehenden Pflichten des Schuldners nach § 836 III werden durch die Pflichten des Drittschuldners nach § 840 ergänzt. Da die Regelung die Risiken einer Forderungsvollstreckung reduziert, dient sie primär den Interessen des Pfändungsgläubigers und sekundär denen des Drittschuldners (BGHZ 91, 126, 129; BGH NJW 00, 651, 652). Eine wesentliche Aufgabe besteht darin, dem Gläubiger wesentliche Informationen für die Rechtsdurchsetzung zu verschaffen (Mock Forderungsvollstreckung, § 6 Rz 188). Der Gläubiger kann dadurch insb besser absehen, ob Einwendungen bestehen, Klagen gem § 771 drohen oder Rangnachteile zu befürchten sind. Zudem kann er sicherer entscheiden, ob er die Zwangsvollstreckung betreiben will, um Schadensersatzansprüche nach § 842 zu vermeiden. Auf die Pfändung anderer Vermögensrechte gem § 857 ist § 840 entspr anzuwenden. Den Anreiz zur Erfüllung der Auskunftspflicht schafft eine Schadensersatzverpflichtung. Eine § 840 vergleichbare Regelung enthält § 316 AO.

 

Rn 1a

Durch die Reform des Kontopfändungsschutzes und des elektronischen Rechtsverkehrs ist § 840 in jüngerer Zeit mehrfach geändert worden. Mit dem Gesetz zur Reform des Kontopfändungsschutzes vom 7.7.09 (BGBl. I, 1707) sind in Abs 1 die beiden zusätzlichen Erklärungspflichten aus Nr 4 und 5 geschaffen worden. Diese Regelungen sind durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Rechts des Pfändungsschutzkontos und zur Änderung von Vorschriften des Pfändungsschutzes (Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz – PKoFoG) v 22.11.20 (BGBl I, 2466) zum 1.12.21 an die neue Rechtslage angepasst worden. § 840 II 1 und III sind durch das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer prozessrechtlicher Vorschriften vom 5.10.21 (BGBl I, 4607) zum 1.1.22 geändert worden. Es handelt sich hierbei in erster Linie um Folgeänderungen zur Zustellung elektronischer Dokumente nach § 193a.

B. Erklärungspflicht des Drittschuldners.

I. Rechtscharakter.

 

Rn 2

Die Auskunftspflicht des Drittschuldners gem § 840 I ist eine aus der allgemeinen Zeugnispflicht abgeleitete staatsbürgerliche Pflicht mit einem selbständigen vollstreckungsrechtlichen Inhalt (BGH NJW 00, 651, 652 [BGH 19.10.1999 - XI ZR 8/99]; St/J/Würdinger § 840 Rz 1). Die Pflicht begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Obwohl es sich um eine vollstreckungsrechtliche Pflicht handelt, ist sie nicht selbständig einklagbar (Rn 18). Deswegen wird auch von einer Obliegenheit bzw verfahrensrechtlichen Last gesprochen (BGHZ 91, 126, 128; BGH NJW-RR 06, 1566 Rz 10; 21, 577 Rz 12; Brox/Walker Rz 624). Allerdings sprechen die Funktion der Vorschrift und die Schadensersatzpflicht aus § 840 II 2 gegen eine im eigenen Interesse bestehende prozessuale Last. Dem Insolvenzverwalter steht aufgrund des Eröffnungsbeschlusses kein Auskunftsrecht...

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