Gesetzestext

 

1Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht anordnen, dass das Guthaben auf dem Pfändungsschutzkonto für die Dauer von bis zu zwölf Monaten der Pfändung nicht unterworfen ist, wenn der Schuldner nachweist, dass dem Konto in den letzten sechs Monaten vor Antragstellung ganz überwiegend nur unpfändbare Beträge gutgeschrieben worden sind, und er glaubhaft macht, dass auch innerhalb der nächsten zwölf Monate nur ganz überwiegend nicht pfändbare Beträge zu erwarten sind. 2Die Anordnung kann versagt werden, wenn überwiegende Belange des Gläubigers entgegenstehen. 3Sie ist auf Antrag eines Gläubigers aufzuheben, wenn ihre Voraussetzungen nicht mehr vorliegen oder die Anordnung den überwiegenden Belangen dieses Gläubigers entgegensteht.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Die Vorschrift ist durch das Gesetz zur Reform des Kontopfändungsschutzes v 7.7.09 eingefügt (BGBl I, 1707) und zum 1.7.10 in Kraft getreten. Für eine Übergangszeit regelte sie die Fortgeltung des vor dem neu geschaffenen Pfändungsschutzkonto bestehenden Kontopfändungsschutzes (dazu die Kommentierung in der 3. Aufl). Dadurch sollte ein Übergang auf das neue Kontopfändungsschutzrecht erleichtert werden. MWz 1.1.12 ist diese Regelung aufgehoben und durch die neue Fassung ersetzt, Art 7 des Gesetzes zur Reform des Kontopfändungsschutzes. Die im neuen Kontopfändungsschutzrecht geschaffene Vorschrift des § 833a ist mit ihrem wesentlichen Inhalt in § 850l überführt worden.

 

Rn 2

Die Regelung ergänzt § 850k. Während § 850k einen unpfändbaren Betrag des Kontoguthabens gewährleistet, ermöglicht es § 850l, vorübergehend die Unpfändbarkeit des Kontoguthabens anzuordnen, wenn keine ernsthaften Vollstreckungsaussichten bestehen. Geschützt werden damit in erster Linie die Interessen des Schuldners, der befristet keinen Pfändungen ausgesetzt ist. Über den bereits durch § 850k ermöglichten Schutz des angemessenen Lebensunterhalts werden weitere Einzelanordnungen und Auseinandersetzungen über einen Aufstockungsbetrag nach § 850k II entbehrlich. Dadurch werden die Gerichte entlastet und es wird der Verwaltungsaufwand des beteiligten Kreditinstituts reduziert (St/J/Würdinger § 850l Rz 1). Als speziellere Norm ist die Vorschrift ggü § 765a vorrangig, doch bleibt § 765a subsidiär anwendbar (BTDrs 16/7615, 17).

 

Rn 3

Konturiert wird der schuldnerschützende Regelungsgehalt durch die abzuwägenden Interessen des Gläubigers, S 2 und 3. Dadurch wird letztlich ein angemessener Interessenausgleich zwischen Schuldner und Gläubiger erreicht. Erheblich sind aber nicht sämtliche Interessen des Gläubigers, sondern erst seine überwiegenden Belange. Regelmäßig werden deswegen die Interessen des Schuldners und damit der Schuldnerschutz dominieren.

B. Freistellung von Pfändungen.

I. Anwendungsbereich.

 

Rn 4

Hat der Gläubiger mit keiner nennenswerten Befriedigung zu rechnen, kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Schuldners das Pfändungsschutzkonto befristet von Pfändungen freistellen, sofern dem nicht überwiegende Belange des Gläubigers entgegenstehen. Zusammen mit der Sperrfrist aus § 835 III 2, IV und dem Pfändungsschutzkonto aus § 850k sichert diese Regelung den Lebensunterhalt des Schuldners. Zugleich erleichtert sie die Kontoführung des beteiligten Kreditinstituts. Droht die Sperrfrist aus § 835 III 2, IV vor der Entscheidung nach § 850lI abzulaufen, ist eine einstweilige Einstellung der Pfändung analog den §§ 766 I 2, 732 II zulässig.

 

Rn 5

Die Schutzbestimmung aus § 850l knüpft an § 850k an und korrespondiert deswegen grds mit dessen sachlichen und persönlichen Anwendungsbereich. Ausdrücklich vorausgesetzt wird ein Pfändungsschutzkonto. Für ein nicht in ein Pfändungsschutzkonto umgewandeltes Girokonto kann die Pfändbarkeit nicht vorübergehend aufgehoben werden. Dies folgt auch aus der gesetzgeberischen Zielsetzung, ab dem 1.1.12 Kontopfändungsschutz allein über das Pfändungsschutzkonto zu gewähren. Nach dem Schutzzweck nicht ausgeschlossen ist, parallel zu einer ggü dem Kreditinstitut abgegebenen Umwandlungserklärung, die gerichtliche Freistellung zu beantragen, weil dadurch eine zeitnahe Entscheidung ermöglicht wird. Ein Schutz mehrerer Konten ist ausgeschlossen, weil der Schuldner lediglich ein Pfändungsschutzkonto führen darf.

 

Rn 6

Wie mit § 850k vorgegeben, muss der Schuldner eine natürliche Person sein (§ 850k Rn 12). Geschützt werden kann jede natürliche Person, unabhängig von ihrer beruflichen Stellung und sozialen Rolle. Sie kann selbständig, nicht selbständig oder nicht erwerbstätig sein. Der Schuldner kann gewerblich tätiger Unternehmer, Freiberufler, Arbeitnehmer, Arbeitsloser, Rentner, aber auch minderjährig oder rechtlich betreut sein.

 

Rn 7

Ein Rechtsschutzbedürfnis für den Freistellungsantrag besteht nur, wenn das Guthaben auf dem Pfändungsschutzkonto gepfändet wird (s.a. Hohmann ZVI 13, 6, 8). Es genügt eine Vorpfändung (St/J/Würdinger § 850l Rz 4).

II. Umfang der Zahlungseingänge.

1. Ganz überwiegend unpfändbare Beträge.

 

Rn 8

Die Freistellung des Kontos von der Pfändung steht unter einer doppelten Voraussetzung. Die Anordnung darf nur erfolgen, wenn dem Konto in den letzten sechs Monaten vor der Antragstellun...

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