I. Grundlagen.

 

Rn 3

Pfändung und Überweisung der Forderung erfordern zwei sachlich zu unterscheidende Beschlüsse, die in der Praxis äußerlich formularmäßig zusammengefasst werden (G/S/B-E § 55 Rz 32). Die Überweisung der gepfändeten Forderung zur Einziehung setzt als Hoheitsakt die öffentlich-rechtliche Beschlagnahme des Pfandgegenstands (Verstrickung) voraus. Deshalb gehört eine wirksame Pfändung der Forderung zum Tatbestand der Überweisung (BGHZ 127, 146, 152; BGH NJW-RR 20, 1131; zur Unwirksamkeit der Pfändung § 829 Rn 64). Gegenstand eines isolierten Antrags auf Überweisung einer Geldforderung kann nur ein bereits wirksam gepfändetes Vermögensrecht sein (BGHZ 228, 75 Rz 15; BGH BeckRS 20, 39601 Rz 14). Deswegen kann der Überweisungsbeschluss der Pfändung nachfolgen, nicht aber ihr vorausgehen. Nach Ansicht des BGH ist die Überweisung einer nicht gepfändeten Forderung unwirksam (BGHZ 127, 146, 152). Dies kann der Fall sein, wenn die Pfändung mangels eines Arrestaroriums oder hinreichender Bestimmtheit nichtig ist oder andere, als die gepfändeten Forderungen, überwiesen werden sollen (BGHZ 228, 75 Rz 15; BGH BeckRS 20, 39601 Rz 14 ff). Nur eine Forderung, die Gegenstand der Vollstreckungsmaßnahme sei, könne den Vollstreckungsgläubiger gegenüber dem Drittschuldner zur Einziehung berechtigen (BGH NZI 18, 705 [BGH 25.01.2018 - IX ZR 104/17] Rz 11). Eine Trennung beider Beschlüsse ist nicht erforderlich (Ausn Rn 1), auch nicht um rechtliches Gehör zu gewähren (vgl § 834 Rn 5; aA Hoeren NJW 91, 411; nach St/J/Würdinger § 835 Rz 2, soll aber die Wirkung aufgeschoben werden, damit der Schuldner Erinnerung einlegen und Maßnahmen nach § 766 I 2 beantragen kann, weil erfolgte Zahlungen nicht mehr im Erinnerungsverfahren korrigierbar sind). Es genügt ein vorläufig vollstreckbarer Titel. Wird die Forderung mehrfach gepfändet, ist auch eine mehrfache Überweisung möglich.

II. Antrag.

 

Rn 4

Die Überweisung erfolgt auf einen mit dem Pfändungsantrag verbundenen oder selbständig gestellten Antrag des Gläubigers. Ein selbständiger Antrag muss die Voraussetzungen des Pfändungsantrags, dh insb das Bestimmtheitserfordernis (§ 829 Rn 31), erfüllen. Anwälte und die sonstigen in § 130d bezeichneten Personen müssen den Antrag als elektronisches Dokument übermitteln. Wird der Überweisungsantrag gemeinsam mit einem Pfändungsantrag gestellt, gilt der Formularzwang der ZVFV. Bei einem isolierten Überweisungsantrag entfällt die Pflicht, sich der Formulare zu bedienen (BRDrs 561/22, 59). Er soll auch die gewählte Art der Verwertung bezeichnen. Ausdrücklich ist dies aber nur erforderlich, wenn eine Überweisung an Zahlungs statt verlangt wird. Beantragt der Gläubiger die Überweisung der Forderung, ohne die Art zu spezifizieren, ist von einer Überweisung zur Einziehung auszugehen (allgM vgl St/J/Würdinger § 835 Rz 7), weil der Antrag als Prozesshandlung so ausgelegt werden muss, wie dies vernünftig ist sowie der recht verstandenen Interessenlage des Gläubigers entspricht (vgl BGHZ 149, 298, 310) und der Gläubiger in jenem Fall nicht das Bonitätsrisiko trägt. Der Gläubiger kann zunächst eine Überweisung zur Einziehung und dann an Zahlungs statt wählen, nicht aber umgekehrt (Anders/Gehle/Nober ZPO § 835 Rz 5).

 

Rn 5

Der Antrag ist beim Vollstreckungsgericht zu stellen. Da der Rechtspfleger funktionell zuständig ist, § 20 Nr 17 RPflG (§ 828 Rn 3), besteht für die Antragstellung kein Anwaltszwang, § 13 RPflG. Eine Antragstellung durch Inkassodienstleister ist nach § 753a inzwischen zulässig.

III. Anschließendes Verfahren.

 

Rn 6

Werden Pfändung und Überweisung gemeinsam beantragt, erfolgt regelmäßig keine Anhörung des Schuldners, es sei denn, es ist eine Billigkeitsentscheidung zu treffen, die allein aufgrund der ergänzenden Angaben des Schuldners gefällt werden kann (§ 834 Rn 3 f). Beantragt der Gläubiger die Überweisung einer bereits gepfändeten Forderung, ist dem Schuldner rechtliches Gehör zu gewähren (§ 834 Rn 6). Auch der Überweisungsantrag muss dem Bestimmtheitsgebot genügen.

IV. Beschluss.

 

Rn 7

Der Überweisungsbeschluss muss die Art der Überweisung und im Fall des § 839 auch die Hinterlegungsanordnung bezeichnen. Als Überweisung zur Einziehung kann er gemeinsam mit der Pfändung ergehen, während die Überweisung an Zahlungs statt einen gesonderten Überweisungsbeschluss erfordert (§ 834 Rn 5). In einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss muss die gepfändete Forderung unzweifelhaft bezeichnet werden. Angeheftete Urkunden sind zulässig, wenn sie Bestandteil des Beschl sind (BGH NJW-RR 08, 1164 [BGH 13.03.2008 - VII ZB 62/07]). Erfolgt ein gesonderter Überweisungsbeschluss, müssen die Bestimmtheitserfordernisse ebenfalls erfüllt sein. Es genügt aber, wenn im Überweisungsbeschluss auf den hinreichend bestimmten Pfändungsbeschluss Bezug genommen wird. Zur Auslegung des Überweisungsbeschlusses kann der Pfändungsbeschluss herangezogen werden (Wieczorek/Schütze/Lüke § 835 Rz 11). Sonst sind die Parteien, die zu vollstreckende Forderung des Gläubigers (entspr § 829 Rn 43 ff) und die Anordnung der Art der Überweisung unter Beze...

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