Gesetzestext

 

(1) Die gepfändeten Sachen sind von dem Gerichtsvollzieher öffentlich zu versteigern; Kostbarkeiten sind vor der Versteigerung durch einen Sachverständigen abzuschätzen.

(2) Eine öffentliche Versteigerung kann nach Wahl des Gerichtsvollziehers

1. als Versteigerung vor Ort oder
2. als allgemein zugängliche Versteigerung im Internet über eine Versteigerungsplattform

erfolgen.

(3) 1Die Landesregierungen bestimmen für die Versteigerung im Internet nach Absatz 2 Nummer 2 durch Rechtsverordnung

1. den Zeitpunkt, von dem an die Versteigerung zugelassen ist,
2. die Versteigerungsplattform,
3. die Zulassung zur und den Ausschluss von der Teilnahme an der Versteigerung; soweit die Zulassung zur Teilnahme oder der Ausschluss von einer Versteigerung einen Identitätsnachweis natürlicher Personen vorsieht, ist spätestens ab dem 1. Januar 2013 auch die Nutzung des elektronischen Identitätsnachweises (§ 18 des Personalausweisgesetzes, § 12 des eID-Karte-Gesetzes oder § 78 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes) zu diesem Zweck zu ermöglichen,
4. Beginn, Ende und Abbruch der Versteigerung,
5. die Versteigerungsbedingungen und die sonstigen rechtlichen Folgen der Versteigerung einschließlich der Belehrung der Teilnehmer über den Gewährleistungsausschluss nach § 806,
6. die Anonymisierung der Angaben zur Person des Schuldners vor ihrer Veröffentlichung und die Möglichkeit der Anonymisierung der Daten der Bieter,
7. das sonstige zu beachtende besondere Verfahren.

2Sie können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Die Verwertung der Pfandsachen erfolgt regelmäßig im Wege der öffentlichen Versteigerung, die durch den GV entweder als Versteigerung vor Ort oder über von den Landesregierungen bestimmte Versteigerungsplattformen im Internet erfolgt. Dies soll einen höchstmöglichen Erlös gewährleisten. Ausnahmen regeln §§ 817a III 2 und 825 sowie für Geld § 815 und für Wertpapiere mit Börsen- oder Marktpreis § 821.

B. Voraussetzungen.

 

Rn 2

Es müssen die allgemeinen Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung vorliegen (s vor §§ 704 ff Rn 9). Zudem muss durch Pfändung nach §§ 803, 808 f eine wirksame Verstrickung bewirkt worden sein; das Bestehen eines Pfändungspfandrechts nach § 804 ist nicht erforderlich (MüKoZPO/Gruber Rz 5; Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 2). Verwertungshindernisse, die die Versteigerung unzulässig machen, ergeben sich aus der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung (§§ 707, 719, 765a, 769), Beschränkungen in §§ 772, 773, 775 Nr 2, 4 und 5, 811c oder einen Vollstreckungsaufschub (§ 802b). Ist die Sache aufgrund Sicherungs- oder Arrestvollstreckung gepfändet worden, darf grds keine Verwertung erfolgen (s § 930 Rn 4 f).

 

Rn 3

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners hindert die Versteigerung nicht, soweit das Verwertungsrecht des Gläubigers nach § 173 InsO weiter besteht. Befindet sich die Sache jedoch im Besitz des Insolvenzverwalters, darf dieser die Sache nach § 166 I InsO freihändig verwerten; eine Versteigerung durch den GV ist dann unzulässig (MüKoZPO/Gruber Rz 6; St/J/Würdinger § 804 Rz 37).

C. Verfahren.

 

Rn 4

Nähere Regelungen zum Verfahren enthalten die §§ 816–819 sowie §§ 9296, 103, 111 IV GVGA. Für die Versteigerung im Internet sind die Einzelheiten durch Rechtsverordnungen der Landesregierungen oder ggf der Landesjustizverwaltungen zu regeln (Abs 3), insb auf welcher Versteigerungsplattform und ab welchem Zeitpunkt öffentliche Versteigerungen im Internet zugelassen sind (Abs 3 S 1 Nr 1). Entsprechende Verordnungen haben alle Länder erlassen (Baden-Württemberg VO v 3.5.10 GVBl 10, 412, Bayern VO v 25.11.09 GVBl 09, 619, Berlin VO v 14.8.12 GVBl 12, 261, Brandenburg VO v 8.2.11 GVBl II/11, 1, Bremen VO v 21.4.10 GBl 10, 339, Hamburg VO v 6.4.10 GVBl 10, 254, Hessen VO v 10.6.10 GVBl 10, 172, Mecklenburg-Vorpommern VO v 6.10.10 GVBl 10, 603, Niedersachsen VO v 11.4.13 GVBl 13, 109, Nordrhein-Westfalen VO v 22.9.09 GVBl 09, 508, Rheinland-Pfalz VO v 26.6.10 GVBl 10, 198, Saarland VO v 17.1.11 ABl 11, 16, Sachsen VO v 14.3.10 GVBl 10, 94, Sachsen-Anhalt VO v 3.2.10 GVBl 10, 36, Schleswig-Holstein VO v 17.10.12 GVOBl 12, 706 und Thüringen VO v 22.9.10 GVBl 10, 323). Unter der Projektleitung von Nordrhein-Westfalen beteiligen sich alle Länder an der gemeinsamen Versteigerungsplattform ›Justiz-Auktion‹. Zum Ablauf der Versteigerung s § 817 Rn 2–9.

I. Zuständigkeit.

 

Rn 5

Zuständig ist der GV, der die Sache gepfändet hat, bei mehrfacher Pfändung der Erstpfändende, wenn nicht das Vollstreckungsgericht etwas anderes anordnet (§ 827). Der GV nimmt die Verwertung ohne weiteren Auftrag des Gläubigers vor (§ 91 II 1 GVGA). Er wird dabei hoheitlich und nicht als Beauftragter oder Stellvertreter des Gläubigers oder des Schuldners tätig (MüKoZPO/Gruber Rz 8; Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 4). Weisungen des Gläubigers, die nicht dem Gesetz oder der GVGA widersprechen, hat der GV jedoch zu befolgen (AG Verden DGVZ 15, 128, 129; MüKoZPO/Gruber Rz 8; Zö/Herget Rz 3; Musielak/Voit/Flockenhaus...

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