Gesetzestext

 

(1) Leben die Ehegatten oder Lebenspartner in Gütergemeinschaft und verwaltet einer von ihnen das Gesamtgut allein, so ist zur Zwangsvollstreckung in das Gesamtgut ein Urteil gegen diesen Ehegatten erforderlich und genügend.

(2) Verwalten die Ehegatten oder Lebenspartner das Gesamtgut gemeinschaftlich, so ist die Zwangsvollstreckung in das Gesamtgut nur zulässig, wenn beide Ehegatten zur Leistung verurteilt sind.

A. Ratio.

 

Rn 1

§ 740 trägt dem Umstand Rechnung, dass das Gesamtgut nach §§ 1416, 1419 BGB, das Ehegatten oder Lebenspartner anlässlich der Begründung der Gütergemeinschaft als Sondervermögen gebildet haben, nach den Vorschriften des BGB unterschiedlich verwaltet werden kann und einer besonderen Haftungsordnung unterliegt: Verwaltet nur ein Partner aufgrund entsprechender Regelung im Ehevertrag nach § 1421 BGB allein (in diesem Fall hat er die ausschließliche Prozessführungsbefugnis nach § 1422 BGB), können sowohl die Gläubiger des verwaltenden als auch die des anderen Ehegatten oder Lebenspartners aus dem Gesamtgut Befriedigung verlangen, wobei jeweils der verwaltende Partner für die Gesamtgutverbindlichkeiten des anderen nach § 1437 BGB auch persönlich verantwortlich ist (Ausnahmen in §§ 14381440 BGB). Bei gemeinschaftlicher Verwaltung haftet sowohl das Gesamtgut für die Gesamtgutverbindlichkeiten (Ausnahmen in §§ 1461, 1462 BGB), als auch jeder Ehegatte oder Lebenspartner nach §§ 1459, 1460 BGB persönlich (Schuschke/Walker/Schuschke § 740 Rz 1). Die Vorschrift wählt bei der Bestimmung des Vollstreckungsschuldners eine für den Gläubiger äußerst praktikable Lösung. Bei Einzelverwaltung genügt ein Titel gegen den Verwalter, um in das Gesamtgut vollstrecken zu können (Abs 1, s Rn 3). Sonst kann das nur geschehen, wenn ein Leistungstitel gegen beide Ehegatten erstritten wurde (Abs 2).

B. Anwendungsbereich.

 

Rn 2

§ 740 gilt für jede Vollstreckungsart inkl der Wegnahmevollstreckung nach § 883 (aA Zö/Seibel § 740 Rz 2: stets Titel gegen den Gewahrsamsinhaber erforderlich) sowie des Arrests und der einstweiligen Verfügung nach §§ 928 ff, 936 (St/J/Münzberg § 740 Rz 3). Die Regelung gilt ferner für alle Titeltypen der ZPO (§ 704 I, §§ 795, 794). Sie kommt nur bei der Vollstreckung in das Gesamtgut nach §§ 1416, 1419 BGB zur Anwendung, während auf Sonder- und Vorbehaltsgut nach §§ 1417, 1418 BGB nicht auf der Grundlage des § 740, sondern nur nach den allgemeinen Vorschriften zugegriffen werden kann. Eine besondere Regelung enthält § 741 für die Zwangsvollstreckung in das Gesamtgut, wenn der verwaltende Ehegatte ein Erwerbsgeschäft betreibt.

C. (Formeller) Tatbestand.

I. Titel bei Alleinverwaltung (Abs 1).

 

Rn 3

Ein Leistungstitel gegen den allein verwaltenden Ehegatten oder Lebenspartner ist nach Abs 1 ausreichend. Ein Duldungstitel reicht nach der hM, die sich am Wortlaut des § 740 I orientiert, nicht aus (Musielak/Voit/Lackmann § 740 Rz 3 mwN; aA ThoPu/Seiler § 740 Rz 2), ebenso wenig ein Titel gegen den nicht verwaltenden Ehegatten, abgesehen vom Sonderfall des § 741. Aus ihm ist auch bei Notverwaltung nach § 1429 BGB (Kobl Rpfleger 56, 164, 165) und im Fall des § 1438 II BGB (Prozesskosten) nur die Vollstreckung in dessen Vorbehalts- und Sondergut gestattet.

II. Titel bei gemeinschaftlicher Verwaltung (Abs 2).

 

Rn 4

Verwalten die Eheleute oder Lebenspartner das Gesamtgut gemeinschaftlich (Abs 2), kann die Vollstreckung in das Gesamtgut nur aufgrund eines Leistungs- (nicht Duldungs–; LG Deggendorf FamRZ 64, 49; aA St/J/Münzberg § 740 Rz 6) Titels gegen beide Gesamthänder erfolgen (München NJW-RR 13, 527; Zweibr FamRZ 09, 1910; ebenso für die Errungenschaftsgemeinschaft italienischen Rechts Ddorf FamRZ 10, 1593), wobei dieser auch in gesonderten Verfahren erstritten worden sein kann (BGH FamRZ 75, 405, 406). Ein Titel gegen nur einen Ehegatten genügt nicht, weder bei der Notverwaltung nach § 1454 BGB (Zö/Seibel § 740 Rz 9) noch wegen der Verfahrensgebühren nach § 1460 II BGB (Stuttg OLGZ 87, 253 f = NJW-RR 87, 258). Dabei muss die Forderung nicht zwingend in einer einzigen Urkunde tituliert sein. Ausreichend ist, dass gegen beide Ehegatten oder Lebenspartner separate Titel ergangen sind, aus denen sich ergibt, dass der den Verpflichtungen zugrunde liegende Lebenssachverhalt derselbe ist (München FamRZ 13, 1403; Zweibr FGPrax 09, 107). Auch kann die Eintragung einer Zwangshypothek auf der Grundlage eines Titels, der nur gegen einen Ehegatten oder Lebenspartner lautet, nicht verlangt werden (BayObLG NJW-RR 96, 80, 81 [OLG Karlsruhe 06.07.1995 - 4 U 269/94]). Wird sie dennoch eingetragen, kommt ein Amtswiderspruch nach § 53 GBO nur in Frage, wenn der Titel gegen den anderen Ehegatten oder Lebenspartner bereits vorhanden ist. Soll der Titel erst beschafft werden, ist die Zwangshypothek vAw zu löschen (LG Heilbronn Rpfleger 91, 108). Schließlich kann der eine Ehegatte oder Lebenspartner nicht mit einem auf Ehegattenunterhalt lautenden Titel gegen den anderen in das Gesamtgut vollstrecken. Eine teleologische Reduktion des § 740 II für diesen Typ von Unterhaltstitel kommt nicht in Betracht (BGHZ 111, 248, 257 = NJW-RR 87, 258; aA Kleinle FamRZ 97, 1194, 1195f).

 

Rn ...

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