Rn 10

Die Prozessart/besondere Verfahrensart des Vorprozesses gilt jedenfalls bei der Neuverhandlung der Hauptsache im dritten Abschnitt. Für die ersten beiden Abschnitte des Wiederaufnahmeverfahrens ist zu differenzieren: War der Vorprozess eine Familiensache, gelten die Besonderheiten dieses Verfahrens für alle drei Verfahrensabschnitte (BGH NJW 82, 2449 [BGH 05.05.1982 - IVb ZR 707/80]). War der Vorprozess ein Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess, gelten deren Verfahrensregeln im Wiederaufnahmeverfahren nicht, sondern erst wieder in der Neuverhandlung nach erfolgreicher Wiederaufnahme (Musielak/Voit/Musielak § 585 Rz 4 mwN; s.a. § 590 Rn 5).

 

Rn 11

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Vorprozess wirkt nicht für das Wiederaufnahmeverfahren fort. Sie muss also für die Wiederaufnahmeklage selbstständig beantragt und bewilligt werden. Allerdings erstreckt sich die Beurteilung der Erfolgsaussichten iSd § 114 nicht nur auf das Wiederaufnahmeverfahren, sondern auch auf die Hauptsache (Zö/Greger § 585 Rz 2).

 

Rn 12

Das Einverständnis mit der Entscheidung durch den Einzelrichter im ursprünglichen Verfahren wirkt im Wiederaufnahmeverfahren (erster und zweiter Abschnitt) nicht fort, so dass dort mit der Regelbesetzung entschieden wird (BFHE 188, 1; Sächs LSG v 15.1.13 – L 3 AS 1215/12 B ER WA – nv).

 

Rn 13

Bei der Wiederaufnahme gegen Beschlüsse und beim Widerruf von Prozesshandlungen wegen eines Wiederaufnahmegrundes (s § 578 Rn 4) ist streitig, ob die Wiederaufnahme im Klagewege geltend zu machen ist. Richtigerweise ist wie folgt zu differenzieren: Bei Wiederaufnahme gegen die das Verfahren beendenden urteilsersetzenden unanfechtbaren Beschlüsse sind als allgemeine Vorschriften diejenigen über das Erwirken eines Beschlusses heranzuziehen und nicht diejenigen des Klageverfahrens vorzusehen. Nach wohl herrschender Ansicht ist hier deshalb das Wiederaufnahmeverfahren durch Antrag einzuleiten, der im Falle des Erfolgs zu einem neuen Beschlussverfahren führt (R/S/G § 160 Rz 13; Zimmermann § 578 Rz 9; vgl auch BGH ZIP 06, 1316; WM 07, 229; LG Göttingen ZInsO 07, 47; LSG München v 19.5.10 – L 8 SO 38/10 – nv). Bei den im Verlauf des Urteilsverfahrens erlassenen Beschlüssen gilt ohnehin, dass sie nicht selbstständig mit einem Wiederaufnahmeantrag angegriffen werden können, sondern wegen § 583 iRd Wiederaufnahmeklage gegen das Urt überprüft werden. Für den Widerruf von Prozesshandlungen einer Partei aufgrund eines Wiederaufnahmegrundes gilt, dass grds ebenfalls keine Klage notwendig ist, sondern der Widerruf sich an das Gericht richtet, demgegenüber die Prozesshandlung vorgenommen wurde. Restitutionsgründe müssen nämlich wegen § 582 möglichst im laufenden Verfahren vorgebracht werden. Anderes gilt aber – entgegen der wohl hM –, wenn das Verfahren, in dem die Prozesshandlung stattgefunden hat, rechtskräftig abgeschlossen wurde, was insb bei einer mit einem Wiederaufnahmegrund behafteten Rechtsmittelrücknahme in Betracht kommt (Gaul ZZP 74, 49 mwN; aA R/S/G § 65 Rz 48 mwN; Zö/Greger vor § 578 Rz 15 mwN; OVG NRW v 6.1.09 – 14 A 3040/08 – nv). Die Wiederaufnahmeklage richtet sich dann gegen das rechtskräftige Urt. Zu beachten ist, dass sowohl die Frist des § 586 als auch – im Falle eines Restitutionsgrundes nach § 580 Nrn 1–5 – die Erfordernisse des § 581 vorliegen müssen, damit der Widerruf der Prozesshandlung Erfolg hat.

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