Gesetzestext

 

Die Restitutionsklage ist nur zulässig, wenn die Partei ohne ihr Verschulden außerstande war, den Restitutionsgrund in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Einspruch oder Berufung oder mittels Anschließung an eine Berufung, geltend zu machen.

A. Normzweck und dogmatische Einordnung.

 

Rn 1

Soweit Restitutionsgründe bei entsprechender Sorgfalt schon im anhängigen Verfahren geltend gemacht werden können, obliegt es der jeweiligen Partei, sie dort auch geltend zu machen. Auch wenn § 582 nur für die Restitutionsklage gilt, teilt sie diesen Grundsatz mit der Nichtigkeitsklage, wo § 579 II eine entsprechende Hilfsnatur zumindest für diejenigen Nichtigkeitsgründe anordnet, bei denen die Gefahr, sie erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist zu erkennen, typischerweise nicht besteht (s § 579 Rn 12).

B. Die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen.

I. Zulässigkeit und Begründetheit der Restitutionsklage.

 

Rn 2

Ob iRd dreistufigen Prüfung im Wiederaufnahmeverfahren (s vor §§ 578 ff Rn 3) die Voraussetzungen des § 582 bei der Zulässigkeit (so etwa BGH LM Nr 1 zu § 582; BGH WM 75, 736; RGZ 75, 53, 57) oder der Begründetheit (etwa Zö/Greger § 582 Rz 2) zu prüfen sind, ist umstr. Die Auswirkungen des Meinungsstreits sind aber gering: Bei beiden Einordnungen ist nämlich die schuldlose Unmöglichkeit früheren Geltendmachens vAw zu prüfen (s § 56 und § 585 Rn 7). Zudem können bei einer Klageabweisung wegen Unbegründetheit (Restitutionsgrund liegt nicht vor!) die Voraussetzungen des § 582 nach hM auch offengelassen werden (Kobl NJW-RR 89, 827; München OLGR 07, 603; s.a. BVerwG 28.7.05 – 9 B 14/05 – nv, sub 3b cc). Nur für die Frage, ob bei Fehlen (lediglich!) der Voraussetzungen des § 582 die Klage als unzulässig oder als unbegründet abzuweisen ist, kommt es insofern auf die Einordnung an. Der Wortlaut der Norm, der jedenfalls von Zulässigkeit redet, und die systematische Ähnlichkeit mit § 579 II sprechen dann dafür, auch bei § 582 von einer Voraussetzung für die Zulässigkeit auszugehen. Damit wird auch der in der Tat bestehende inhaltliche Zusammenhang zwischen dem Restitutionsgrund und dessen schuldloser Nichtgeltendmachung nicht aufgelöst, was die Gegenansicht zu Gunsten der Einordnung in die Begründetheit vorbringen mag. Ebenso wie nämlich die Zulässigkeit einen schlüssigen Vortrag zum Restitutionsgrund erfordert (s § 580 Rn 2), ist bei Einordnung des § 582 als Zulässigkeitsvoraussetzung ein entsprechender schlüssiger Vortrag zur unverschuldeten Unmöglichkeit notwendig. In der Begründetheit ist dies ggf zu beweisen, wobei der Restitutionskläger die Beweislast für mangelndes Verschulden trägt (BGH NJW 74, 557). Für den Restitutionsgrund nach § 580 Nr 7a gilt § 582 nicht (s § 580 Rn 13).

II. Geltendmachen in dem früheren Verfahren durch Einspruch oä.

 

Rn 3

Neben dem genannten Einspruch, der Berufung oder der Anschlussberufung ist hiermit etwa auch das Nachverfahren oder Betragsverfahren gemeint (Zö/Greger § 582 Rz 4; BGH JZ 63, 450), letztlich das gesamte frühere Verfahren, soweit dort Tatsachen vorgetragen werden können. Entscheidender Zeitpunkt ist damit idR der Ablauf der Einspruchs- (§ 339) bzw Berufungsfrist (§ 517) oder aber die letzte mündliche Verhandlung in der Berufungsinstanz (vgl BGHZ 30, 60). Das Revisionsverfahren ist nicht gemeint (aA wohl R/S/G § 161 Rz 9), da es keine Tatsacheninstanz ist. Auch wenn das Revisionsgericht die Tatsachen zum Restitutionsgrund hätte berücksichtigen können (s § 580 Rn 19), gereicht es der Partei deshalb nicht zum Verschulden iSv § 582, wenn sie dieses Vorbringen im Revisionsverfahren unterlassen hat (BGH NJW 98, 2972 mwN; BVerwG DVBl 03, 868; LAG Hamm 25.9.08 – 8 Sa 963/08 – nv; anders BGH GRUR 17, 428 im Hinblick auf Patentnichtigkeit s § 580 Rn 10). Auch die Möglichkeit der Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 gehört nicht zum früheren Verfahren, da sie im Ermessen des Gerichts steht (BGHZ 30, 60; Gaul FamRZ 60, 321).

III. Verschulden.

 

Rn 4

Der Restitutionskläger war schuldlos außerstande, den Restitutionsgrund im früheren Verfahren geltend zu machen, wenn er ihn seinerzeit nicht kannte oder hätte kennen müssen, oder, wenn er zwar bekannt oder erkennbar war, ein Geltendmachen aber keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte. Sind etwa Rechtsmittel- oder Einspruchsfrist schon abgelaufen, als der Restitutionsgrund erkennbar zu Tage trat, ist ein Verschulden ausgeschlossen. Ist eine Nichtzulassungsbeschwerde erkennbar aussichtslos, braucht sie nicht eingelegt zu werden (LAG Hamm 25.9.08 – 8 Sa 963/08 – nv). An das Verschulden werden ansonsten durchaus strenge Anforderungen gestellt, da auch nur leichte Fahrlässigkeit hinreichend ist (BGH WM 74, 264). Ein Verschulden von gesetzlichen Vertretern (§ 51 II), Prozessbevollmächtigen (§ 85 II) und Betreuern (§ 278 BGB) wird zugerechnet (zuletzt Köln r+s 19, 533; Hamm FamRZ 14, 1935 mwN).

Problematisch sind insb folgende Konstellationen:

1. Restitutionsgründe nach § 580 Nr 1–5.

 

Rn 5

Umstritten ist hier, ob zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 582 (fehlendes Verschulden) die Straftat als solche schon im früheren Verfahren geltend gemacht werden muss, wenn noch keine Verurteilung erfolgt ist. Die wohl überwiegende Ansicht bejaht dies (etwa Zö/Greger § 582 Rz 4; Musielak/Voit/Musielak § 582 Rz 2; B...

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