Gesetzestext

 

(1) Für die Klagen ist ausschließlich zuständig: das Gericht, das im ersten Rechtszug erkannt hat; wenn das angefochtene Urteil oder auch nur eines von mehreren angefochtenen Urteilen von dem Berufungsgericht erlassen wurde oder wenn ein in der Revisionsinstanz erlassenes Urteil auf Grund des § 580 Nr. 1 bis 3, 6, 7 angefochten wird, das Berufungsgericht; wenn ein in der Revisionsinstanz erlassenes Urteil auf Grund der §§ 579, 580 Nr. 4, 5 angefochten wird, das Revisionsgericht.

(2) Sind die Klagen gegen einen Vollstreckungsbescheid gerichtet, so gehören sie ausschließlich vor das Gericht, das für eine Entscheidung im Streitverfahren zuständig gewesen wäre.

A. Normzweck und dogmatische Einordnung.

 

Rn 1

Durch die Regelung soll erreicht werden, dass immer dasjenige Gericht über die Wiederaufnahmeklage entscheidet, gegen dessen Urt sie sich richtet. Bei Entscheidung nur einer Instanz ist dies immer das erstinstanzliche Gericht. Hat das frühere Verfahren mehrere Instanzen umfasst, wird durch § 584 bei richtiger Auslegung und Anwendung erreicht, dass über die Wiederaufnahmeklage immer diejenige Instanz entscheidet, die das erstinstanzliche Sachurteil ersetzt hat, und dabei eigene tatsächliche Feststellungen getroffen hat. Zur gleichzeitigen Verhandlung von Wiederaufnahmeklagen in mehreren Instanzen soll es nicht kommen.

 

Rn 2

Es handelt sich um eine ausschließliche (§§ 38, 39, 40 II 1 Nr 2, S 2) Zuständigkeitsregelung im Hinblick auf die örtliche und die sachliche Zuständigkeit. Für die Rechtswegzuständigkeit führt § 584 darüber hinaus dazu, dass trotz einer den Rechtsweg betreffenden gesetzlichen Zuständigkeitsänderung zwischen früherem Verfahren und Wiederaufnahmeklage der ursprüngliche Rechtsweg auch für die Wiederaufnahme einzuschlagen ist (BVerwG v 21.6.06 – 5 B 54/06 – nv). Das gilt entsprechend auch für sonstige Zuständigkeitsänderungen, so dass es immer auf die zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Urteils geltende Regelung ankommt. Obwohl die Norm den Begriff Urt verwendet, regelt sie die Zuständigkeit auch bei sonstigen mit der Wiederaufnahmeklage angreifbaren Entscheidungen (dazu § 578 Rn 4).

In Abstammungssachen gilt § 185 III FamFG.

B. Die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen.

I. Zuständigkeiten bei Urteilen (Abs 1).

1. Erste Instanz.

 

Rn 3

Das erstinstanzliche Gericht entscheidet über Wiederaufnahmeklagen gegen seine Urteile. Hat nur eine Instanz entschieden, ist diese also für die Wiederaufnahmeklage immer zuständig (vgl BFH/NV 11, 445 [BFH 08.12.2010 - IX R 12/10]). Bei einem Verfahren über mehrere Instanzen gilt folgende Unterscheidung:

2. Berufungsinstanz.

 

Rn 4

Das Berufungsgericht entscheidet, wenn das angefochtene Urt von dem Berufungsgericht erlassen wurde. Wird die Berufung aber als unzulässig verworfen, wird die erstinstanzliche Entscheidung gerade nicht ersetzt, so dass über die Wiederaufnahmeklage gegen das Sachurteil dem allgemeinen Grundsatz (Rn 1) entsprechend vom erstinstanzlichen Gericht zu entscheiden ist (vgl BSG v 24.3.88 – 5/5b RJ 92/86 – nv; Bay LSG v 18.3.15 – L 11 AS 91/15 WA – nv). Richtet sich allerdings die Wiederaufnahmeklage gegen die verwerfende Entscheidung selbst, ist das Berufungsgericht zuständig (ThoPu/Seiler § 584 Rz 2). Wenn beide Entscheidungen, also das Sachurteil erster Instanz und die verwerfende Entscheidung 2. Instanz, angegriffen werden, können zwei parallele Wiederaufnahmeklagen eingereicht werden (R/S/G § 162 Rz 5). Hat das erstinstanzliche Gericht nur über einen von mehreren Klagegründen entschieden, das Berufungsgericht aber über die Klage insgesamt, ist für die Wiederaufnahmeklage dennoch das Berufungsgericht insgesamt zuständig, wenn mit der Wiederaufnahmeklage ein beide Urteile betreffender Restitutionsgrund geltend gemacht wird (BGH NJW 59, 1918).

 

Rn 5

Das Berufungsgericht entscheidet außerdem über die Wiederaufnahme gegen Urteile, die in der Revisionsinstanz erlassen wurden, wenn die Restitutionsgründe des § 580 Nr 1–3, 6, 7 geltend gemacht werden. Seinen Grund findet diese Einbeziehung von Revisionsurteilen in die Zuständigkeit des Berufungsgerichts darin, dass diese Restitutionsgründe sich auf tatsächliche Feststellungen (s Rn 1) beziehen. Aus dieser teleologischen Erwägung ist das Berufungsgericht entgegen dem Wortlaut auch zuständig, falls ein Restitutionsgrund nach § 584 Nr 4 oder 5 geltend gemacht wird, soweit mit einer solchen Wiederaufnahmeklage tatsächliche Feststellungen des Berufungsgerichts angegriffen werden (BGHZ 61, 95). Werden mehrere unterschiedliche Restitutionsgründe geltend gemacht, von denen sich nur einige auf tatsächliche Feststellungen beziehen, ist insgesamt das Berufungsgericht zuständig (Musielak/Voit/Musielak § 584 Rz 7).

3. Revisionsinstanz.

 

Rn 6

Das Revisionsgericht entscheidet über Wiederaufnahmeklagen gegen sonstige Urteile in der Revisionsinstanz, also über diejenigen, gegen die ein Nichtigkeitsgrund nach § 579 oder ein Restitutionsgrund nach § 580 Nr 4 oder 5 geltend gemacht wird. Damit wird gewährleistet, dass das Revisionsgericht über die seiner eigenen Entscheidung anhaftenden Wiederaufnahmegründe entscheidet (vgl BVerwG BayVBL 17, 713). Die Zuständigkeit des Revisionsgerichts gilt aber auch dann,...

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