Rn 3

Die Würdigung des Verhandlungsergebnisses und einer etwaigen Beweisaufnahme darf noch keine Überzeugung des Gerichts von der Richtigkeit der zu beweisenden Behauptung ergeben. Erforderlich ist aber, dass bereits eine gewisse, nicht notwendig hohe Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der Behauptung erbracht ist und das Gericht durch die Parteivernehmung die Ausräumung seiner restlichen Zweifel erwartet (BGH NJW 89, 3222 [BGH 05.07.1989 - VIII ZR 334/88]). Dies bedeutet im Einzelnen:

1. Anfangswahrscheinlichkeit.

 

Rn 4

Zum einen dürfen sich die streitigen Parteibehauptungen nicht völlig beweislos gegenüberstehen. Vielmehr muss sich die ›gewisse Wahrscheinlichkeit‹ – in der Beweislehre auch ›Anfangswahrscheinlichkeit‹, ›Anfangsbeweis‹ oder ›Anbeweis‹ genannt (Bender/Nack/Treuer Rz 417 ff) – aus dem Ergebnis der Verhandlung oder einer bereits durchgeführten Beweisaufnahme (hM, vgl BGH NJW 99, 363, 364) ergeben. Eine Wahrscheinlichkeit aufgrund einzelner Beweisanzeichen (BGHZ 110, 363, 364) oder sogar aufgrund Lebenserfahrung (BGH NJW-RR 94, 636; NJW-RR 91, 983, 984) kann genügen. Auch der Eindruck bei einer Parteianhörung nach § 141 (BGH NJW 17, 3367 [BGH 20.07.2017 - III ZR 296/15]; aA Naumbg IBR 14, 711 [OLG Naumburg 03.04.2014 - 1 U 23/13]), die urkundenbeweislich verwertbare Aussage der Partei in einem anderen Verfahren oder die in einem vorangegangenen Strafprozess getroffenen Feststellungen (BGH VersR 84, 665) können die erforderliche Wahrscheinlichkeit begründen (weit Bsp bei Anders/Gehle/Gehle ZPO Rz 6). Dass eine Partei schon vorprozessual einen bestimmten Vorgang behauptet hatte, genügt ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht (BGH NJW 89, 3222 [BGH 05.07.1989 - VIII ZR 334/88]). Entgegen dem irreführenden Wortlaut der Vorschrift reicht eine gewisse Wahrscheinlichkeit von der Unwahrheit der zu beweisenden Behauptung für die Anordnung einer Parteivernehmung nicht (Zö/Greger Rz 4). Zum Zwecke des Gegenbeweises ist die Parteivernehmung nach § 448 nicht vorgesehen. Dieser ist bereits geführt, wenn die Bildung einer Überzeugung beim Gericht verhindert wird, einer Verstärkung der Wahrscheinlichkeit zum Beweis der Unwahrheit bedarf es nicht.

2. Beweiswert.

 

Rn 5

Zum anderen muss das Gericht der beabsichtigten Parteivernehmung einen bestimmten Beweiswert (Überzeugungswert) zumessen; dh es muss annehmen, dass die Partei über die zu beweisende Tatsache etwas bekunden und ihrer Aussage Glauben geschenkt werden kann (BGH VersR 92, 867; MüKoZPO/Schreiber Rz 5; Wieczorek/Schütze/Völzmann-Stickelbrock Rz 16).

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