Gesetzestext

 

Das Gericht kann über eine streitige Tatsache auch die beweispflichtige Partei vernehmen, wenn eine Partei es beantragt und die andere damit einverstanden ist.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Die Vorschrift regelt die Vernehmung der beweisbelasteten Partei über deren eigene Behauptung. Dies ist abw von § 445 zulässig, wenn beide Parteien damit einverstanden sind. Es kann auch die Vernehmung des Beweispflichtigen zum Zwecke des Gegenbeweises beantragt werden. Liegt ein Einverständnis nach § 447 vor, kommt es auf die Beweislast nicht an.

B. Voraussetzungen.

 

Rn 2

Erforderlich sind ein Antrag einer Partei und das Einverständnis der anderen.

I. Antrag.

 

Rn 3

Den Antrag kann der Beweisführer im Einverständnis mit dem Gegner oder der Gegner im Einverständnis mit der beweispflichtigen Partei stellen; ebenso ist ein gemeinsamer Antrag beider Parteien möglich.

II. Einverständnis.

 

Rn 4

Das Einverständnis des Gegners muss ausdrücklich erklärt werden; bloßes Schweigen enthält im Allgemeinen keine Zustimmung (BeckOKZPO/Bechteler Rz 2) Kein Einverständnis ist in einem in Verkennung der Beweislast gestellten Antrag auf Vernehmung des Gegners nach § 445 zu sehen (MüKoZPO/Schreiber Rz 2; Born JZ 81, 775; aA Anders/Gehle/Gehle ZPO Rz 5). Die Erklärung stellt eine Prozesshandlung dar (also Anwaltszwang, § 78 I), die gem §§ 160 III Nr 3, 510a zu protokollieren ist. Das Einverständnis gilt für die Instanz und ist mit einmaliger Vernehmung der Partei verbraucht (Zö/Greger Rz 2).

III. Bindung an Erklärungen.

 

Rn 5

Der Antragsteller kann bis zur Beweisaufnahme seinen Antrag zurücknehmen (aA St/J/Berger Rz 5), nach Beginn der Vernehmung jedoch nicht mehr, wenn der Gegner auf der Fortsetzung beharrt (§ 399 entspr). Das Einverständnis des Gegners ist als Prozesshandlung unwiderruflich (Zö/Greger Rz 3; Wieczorek/Schütze/Völzmann-Stickelbrock Rz 6; Anders/Gehle/Gehle ZPO Rz 5; aA MüKoZPO/Schreiber Rz 2). Erfolgt gleichwohl ein Widerruf, so entscheidet das Gericht entspr § 446.

C. Gerichtliches Ermessen.

 

Rn 6

Trotz des Antrags der einen Partei und des Einverständnisses der anderen mit einer Vernehmung nach § 447 ist das Gericht dazu nicht verpflichtet. Die Beweiserhebung steht vielmehr in seinem pflichtgemäßen Ermessen. IdR wird kein Anlass für das Gericht bestehen, sich einem übereinstimmenden Wunsch der Parteien zu widersetzen. In der Würdigung der Aussage oder ihrer Verweigerung ist das Gericht ebenso frei wie im Fall des § 445. Die Weigerung der nicht beweisbelasteten Partei hat für diese keine nachteiligen Folgen.

D. Hinweise zur Prozesssituation.

 

Rn 7

Die Forderung nach einer ›umfänglichen Belehrung über die Beweislast‹ (so MüKoZPO/Schreiber Rz 2) erscheint zu weitgehend. Im Hinblick auf den möglichen Verlust einer günstigen prozessualen Lage kann im Einzelfall ein Hinweis nach § 139 angebracht sein. Wird eine Partei trotz fehlenden Einverständnisses vernommen, ist für die Verwertbarkeit zunächst zu prüfen, ob die Vernehmung nach § 448 statthaft gewesen wäre. Das Fehlen des Einverständnisses darf allerdings nicht durch eine sachwidrige Anwendung des § 448 unterlaufen werden. Eine Heilung des Verfahrensfehlers nach § 295 I ist möglich (Zö/Greger Rz 4; Anders/Gehle/Gehle ZPO Rz 9).

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