Rn 1

Voraussetzungen der formellen Beweiskraft einer Urkunde sind die Unversehrtheit (§ 419) und die Echtheit der Urkunde. Eine Urkunde ist echt, wenn sie von demjenigen ausgestellt ist, von dem sie nach der Behauptung des Beweisführers ausgestellt sein soll (MüKoZPO/Schreiber § 437 Rz 1; St/J/Berger § 437 Rz 1; R/S/G § 120 Rz 11). Die §§ 439, 440 betreffen die Echtheit von Privaturkunden (Begriff: § 416 Rn 1), für die es keine gesetzliche Vermutung gibt (anders: inländische öffentliche Urkunden, § 437). Nach einer Formel des Bundesgerichtshofs ist eine Privaturkunde echt, wenn die Unterschrift dem Namensträger zuzuordnen ist und die über der Unterschrift stehende Schrift vom Aussteller stammt oder mit dessen Willen dort steht (BGHZ 104, 172, 176; NJW-RR 15, 819, 921). Privaturkunden sind auch öffentlich beglaubigte Urkunden (Begriff: § 415 Rn 18).

 

Rn 2

Im Gegensatz zur Echtheit öffentlicher Urkunden unterliegt die Echtheit der Privaturkunde der Parteidisposition (MüKoZPO/Schreiber § 439 Rz 1). Der Beweisgegner kann die Echtheit anerkennen oder zugestehen, womit die Urkunde im Prozess als echt anzusehen ist (vgl § 439 III; Einschränkung: § 113 IV Nr 7 FamFG). Der Beweisführer behauptet mit der Vorlage der Privaturkunde deren Echtheit. § 439 I legt dem Beweisgegner auf, sich nach § 138 – wie über andere Tatsachen auch – zur Echtheit der Urkunde zu erklären. Hierauf hat das Gericht nach § 139 hinzuweisen (im amtsgerichtlichen Verfahren § 510). Auf die Beweislastverteilung kommt es insoweit nicht an (MüKoZPO/Schreiber § 439 Rz 1; Wieczorek/Schütze/Ahrens § 439 Rz 3). Bestreitet der Beweisgegner in seiner Erklärung die Echtheit der Urkunde, was grds auch mit Nichtwissen (§ 138 IV) möglich ist, wenn der Beweisgegner nicht an der Errichtung der Urkunde mitgewirkt hat (BGH MDR 13, 486 [BGH 16.11.2012 - V ZR 179/11]; Beschl v 17.9.20 – V ZR 305/19), muss die Echtheit nach § 440 I bewiesen werden. Ein Nachweis ist nicht erforderlich, wenn es sich um eine namentlich unterzeichnete Urkunde handelt und die Echtheit der Namensunterschrift feststeht. Das ist insb der Fall, wenn es sich um eine öffentlich beglaubigte oder mit einem notariell beglaubigten Handzeichen unterzeichnete Urkunde handelt (s § 440 Rn 5). Bei öffentlich beglaubigten Urkunden oder Urkunden, die mit einem notariell beglaubigten Handzeichen versehen sind, ist deshalb keine Echtheitsfeststellung und damit auch keine Echtheitserklärung nach § 439 erforderlich.

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