Rn 17

Auch das Gutachten oder seine Erläuterung im Prozess kann den Verdacht der Parteilichkeit erwecken. Dies kann sich ergeben etwa aus sprachlichen Entgleisungen und unsachlichen Reaktionen (BGH NJW 81, 2009; Frankf MedR 22, 750 [OLG Frankfurt am Main 20.08.2021 - 17 W 16/21] m Anm Frahm: Unterstellung ›unmoralischen‹ Verhaltens; Hamm MDR 15, 1320 [BGH 07.07.2015 - X ZR 64/13]: Beweisantrag als ›Prozesshanselei‹; Celle MDR 12, 1309 mwN: ua ›überheblich und ignorant‹; Hamm MedR 10, 640, 641: Unterstellung von ›Ignoranz, Inkompetenz oder Vorsatz‹; Kobl NJW-RR 09, 1653, 1654 [OLG Koblenz 19.05.2009 - 4 W 150/09]: Unterstellung einer ›willentlichen Täuschung des Gutachters‹; München VersR 05, 1709, 1710: ›Leidensweg der Patientin‹; Köln MDR 02, 53: Einwendungen gegen Gutachten seien ›rüpelhaft‹ und ›flegelhaft‹; Schlesw OLGR 02, 463: Parteivortrag sei ›Märchenstunde‹; Nürnbg VersR 01, 301: ›mangelnde Einsicht‹ und ›Unfähigkeit zur selbstkritischen Kooperation‹; Zweibr NJW 98, 912: unbesehene Abqualifizierung eines angekündigten Privatgutachtens als Gefälligkeitsgutachten; zweifelnd Hamm FamRZ 10, 1265, 1266: keine Ablehnung bei Äußerung, Partei habe sich ›in aggressiver Weise‹ rechtlich durchgesetzt; differenziert auch Rostock MDR 20, 1503 zur untechnischen Bezeichnung als ›Pfusch am Bau‹). Neben dem Gutachten(vortrag) können diese auch in der Stellungnahme zum Ablehnungsantrag enthalten sein und Befangenheit bedeuten (s Braunschw NJW-Spez 20, 686; Brandbg MDR 09, 288; KG VersR 09, 566: ›Unverschämtheit‹). Abzugrenzen sind aber berechtigte Kritik und Mitteilungen des SV, dass er sich beleidigt fühlt und verärgert ist (Frankf BauR 08, 1499), solange ihre Art und Weise einen Ablehnungsantrag nicht provoziert (Hamm MedR 10, 640: Angemessenheit als Kriterium; Ddorf MDR 08, 104: unsachliche und diskreditierende Kritik; Frankf OLGR 09, 574; Stuttg VersR 14, 521: keine Befangenheit bei scharfer Reaktion des SV auf persönliche Angriffe einer Partei, ›Kampf um das Recht‹; s.a. Frankf GesR 18, 52; Dresd BauR 20, 1522). Der SV ist durchaus berechtigt, einen aus seiner Sicht unzutreffenden, fernliegenden Parteivortrag auch als solchen zu kennzeichnen (Frankf FamRZ 15, 1414: ›Unsinn‹; die entspr Bezeichnung der berechtigten Nachfrage einer Partei hingegen als Ablehnungsgrund auffassend Stuttg NJW-RR 17, 1088 [BGH 04.07.2017 - VIII ZB 85/16]). Trotz Ablehnung kann das zuvor erstattete Gutachten verwertbar bleiben (BGH MDR 07, 1213). Auch einseitige Sachverhaltswürdigung zeugt von Parteilichkeit (Karlsr IBR 08, 639; Kobl MDR 08, 1298; Saarbr OLGR 08, 527; Saarbr MedR 07, 484, 485; Nürnbg VersR 01, 391; München NJW 92, 1569; s.a. Oldbg MDR 18, 1495: einseitige Auswertung und ausweichende Äußerung; Kobl BauR 21, 732: Unterstellung unlauterer Vorgehensweise). Dies schließt die Äußerung von Zweifeln am Parteivortrag nicht grds aus (München OLGR 01, 352), genauso wenig eine deutliche und für den Laien verständliche Beantwortung der Beweisfrage (vgl Frankf MDR 16, 1332; Saarbr MDR 05, 648: ›kein seriöser Wirbelsäulenchirurg‹; LG Erfurt BauR 99, 1331: Bezeichnung der Bauausführungen als ›Schande, die jeglicher Beschreibung spottet‹ usw, wenn mit exakten Messungen und Feststellungen entspr begründet). Zu Fehlern bei den zugrunde zu legenden Anknüpfungstatsachen s.u. inhaltliche Fehler. Der SV darf in Bezug auf einen bereits feststehenden Sachverhalt Auskünfte einholen und Unterlagen anfordern (s Rn 16 und § 404a Rn 5–7; Bambg VersR 09, 1427; Celle BauR 08, 1187). Auch eine Abweichung vom Gutachtenauftrag kann (je nach Einzelfall, BGH NJW-RR 13, 851) eine Ablehnung rechtfertigen (zB Frankf NJW-RR 22, 863; Ddorf FamRZ 20, 523, 524; LG Schweinfurt GesR 17, 180; Karlsr FamRZ 16, 651; Frankf NJW-RR 16, 710: Wahrnehmung dem Gericht vorbehaltener Aufgaben; Naumbg NJW-Spez 14, 268: Anregung der Beweiserhebung über eine bislang nicht vorgetragene Tatsachenbehauptung; Celle NJW-RR 03, 135: Überschreitung des Begutachtungsauftrags ohne Bemühung um Ergänzung der Beweisfrage; München VersR 08, 944: Hinweis des SV im Zahnarzthaftungsprozess auf Aufklärungs- und Einwilligungsmängel ohne entspr Gutachtenauftrag; ähnl Naumbg MDR 12, 802 [OLG Naumburg 30.12.2011 - 10 W 69/11 (Abl)]; Bambg MedR 93, 351, 352: Umformulierung des Beweisthemas bei Übergehung von Parteivortrag; Köln NJW-RR 87, 1198 [OLG Köln 30.12.1986 - 20 W 65/86]: SV prüft Schlüssigkeit und Erheblichkeit des Parteivortrags mit dem Ergebnis, auf die Beweisfrage komme es nicht an), muss aber nicht (zB Oldbg NJW 20, 348; Bambg MDR 18, 487: unzureichende Anleitung durch das Gericht; MedR 17, 714, 715 f; Stuttg MDR 16, 1225: keine Befangenheit wegen Überschreitung des Gutachtenauftrags zur Gefahrenabwehr; Bremen BauR 15, 300: vertretbare Interpretation des Beweisbeschlusses; Karlsr VersR 14, 768: keine Befangenheit wegen Überschreitung des Gutachtenauftrags aufgrund Missverständnisses; Dresd MedR 10, 314: über Behandlungsfehler hinaus auch Aufklärungsmängel untersucht; Frankf OLGR 08, 440;...

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