Rn 18

Als streitgenössische Drittwiderklage wird die Widerklage bezeichnet, die der Bekl (Widerkl) gegen den Kl (Widerbekl) und gegen eine bislang nicht am Rechtsstreit beteiligte Partei (Drittwiderbekl, der auch Streithelfer sein kann; vgl BGHZ 131, 76, 78) als Streitgenossen iSd §§ 59, 60 erhebt (Zö/Schultzky Rz 24). Die streitgenössische Drittwiderklage ist heute weitgehend anerkannt (vgl BGHZ 40, 185, 189 f; NJW 75, 1228; BGHZ 69, 37, 44; BGHZ 131, 76 ff; Zö/Schultzky Rz 24 ff; Musielak/Voit/Heinrich Rz 21 ff; St/J/Roth Rz 41). Ihre besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen (neben den allg und besonderen Voraussetzungen einer Widerklage; s dazu Rn 4 ff) sind aber in Rspr und Lit umstr. Die nachfolgende Darstellung legt die Rspr des BGH zugrunde. Da es sich um eine Parteierweiterung handelt, wird der Eintritt der neuen Person nach der Rspr des BGH als Klageänderung angesehen, und zwar ohne Unterschied, ob die neu verklagte Person an die Stelle des bisherigen Bekl oder neben diesen tritt (BGHZ 40, 185, 189; BGHZ 131, 76, 79; 187, 112 Tz 6). Die Zulässigkeit beurteilt sich deshalb nach den entsprechend anwendbaren Vorschriften über die Klageänderung iSd § 263 (BGHZ 131, 76, 79; BGHZ 187, 112 Tz 6). Die nicht selbst klagenden Widerbekl müssen danach entweder in die Klage einwilligen oder das Gericht muss die Widerklage für sachdienlich erachten (BGHZ 65, 264, 267 f; 131, 76, 79; ebenso Musielak/Voit/Heinrich Rz 21; St/Jonas/Roth Rz 42; aA MüKoZPO/Patzina Rz 29, 31; Zö/Schultzky Rz 25; ThoPu/Hüßtege Rz 12). Den Schwierigkeiten, die durch die Parteierweiterung für den einbezogenen Dritten in dessen Verteidigung entstehen können, insb im Hinblick auf die von ihm nicht beeinflussten Beweiserhebungen, löst der BGH mit den bei der Parteierweiterung anerkannten Methoden, etwa mit dem Anspruch auf Ergänzung oder Wiederholung der Beweisaufnahme (so noch einmal BGHZ 131, 76, 79f). Diese Grundsätze gelten jedenfalls für die 1. Instanz (BGHZ 131, 76, 79; zur Widerklage in der 2. Instanz s § 533 Rn 27 ff). Durch die Widerklage gegen den Kl und gegen den Dritten wird zwischen diesen eine Streitgenossenschaft begründet. Der BGH prüft daher folgerichtig auch die Voraussetzungen der §§ 59, 60 iRd Zulässigkeit der streitgenössischen Drittwiderklage (BGH NJW 75, 1228 [BGH 21.02.1975 - V ZR 148/73]; ebenso Zö/Schultzky Rz 25; Musielak/Voit/Heinrich Rz 21; ThoPu/Hüßtege Rz 12; St/J/Roth Rz 42). Liegen diese Voraussetzungen vor (zulässige Parteierweiterung und Streitgenossenschaft), stellt sich die Frage, ob die Regelung des § 33 auch einen eigenen Gerichtsstand für den Drittwiderbekl begründen kann. Nach der bisherigen Rspr des BGH ist das nicht der Fall. Der BGH hat insoweit betont, dass der Gerichtsstand der Widerklage für die Widerklage gegen den bisher am Verfahren nicht beteiligten Widerbekl nicht gelte (BGH NJW-RR 08, 1516 f; NJW 00, 1871; ebenso bereits BGH NJW 91, 2838; BAG 18.11.96 – 5 AS 8/96; aA noch BGH NJW 66, 1028). Danach ist das Gericht der Klage für eine Widerklage, die gegen den Drittwiderbekl erhoben wird, örtlich nur zuständig, wenn ein allg oder besonderer Gerichtsstand bei dem Gericht der Drittwiderklage besteht, der Drittwiderbekl die mangelnde örtliche Zuständigkeit nicht rügt und keine ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts besteht oder das übergeordnete Gericht den Gerichtsstand nach § 36 I Nr 3 bestimmt (BGH NJW 93, 2120 [BGH 06.05.1993 - VII ZR 7/93]; NJW-RR 08, 1516, 1517; aA Dresd OLG-NL 03, 65 f; Vollkommer/Vollkommer WRP 00, 1062, 1064 ff; zur Gerichtsstandsbestimmung in diesen Fällen vgl BGH NJW 91, 2838 f; NJW 00, 1871; NJW-RR 08, 1516 [BGH 24.06.2008 - X ARZ 69/08]). Die Überprüfung dieser örtlichen Zuständigkeit ist nicht Gegenstand der Sachdienlichkeitsprüfung durch das Gericht (BGH NJW 91, 2838 [BGH 28.02.1991 - I ARZ 711/90]). Allerdings steht diese Rspr des BGH auf dem Prüfstand. In Anknüpfung an eine neuere Entscheidung des BGH, in dem dieser bei einem Fall der zulässigen isolierten Drittwiderklage die entsprechende Anwendbarkeit des § 33 bejaht hat (s näher Rn 19 aE), befürwortet eine im Vordringen befindliche Meinung die (analoge) Anwendung des § 33 in den Fällen der streitgenössischen Drittwiderklage (vgl BayObLG 12.3.19 – 1 AR 10/19; Frankf 17.11.22 – 11 SV 39/22; Dresd 3.11.10 – 3 AR 73/10; Zö/Schultzky Rz 28; Beck WRP 11, 414 ff; differenzierend Vossler NJW 11, 462 f [BGH 30.09.2010 - Xa ARZ 191/10]; aA Musielak/Voit/Heinrich Rz 22 ff). Angesichts der bereits erfolgten Ausweitung des Anwendungsbereichs des § 33 durch den BGH iRd der isolierten Drittwiderklage erscheint die Erstreckung der dort geltenden Grundsätze auf die Fälle der streitgenössischen Drittwiderklage naheliegend. Zwingende Gründe, die die derzeit bestehende Differenzierung zwischen isolierten und streitgenössischen Drittwiderklagen rechtfertigen könnten, drängen sich bei den gegebenen vergleichbaren Interessenlagen nicht auf. Zur Hilfswiderklage s Rn 23.

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