Rn 6

Die positive Seite der Bindung besteht darin, dass das Gericht die Entscheidung im weiteren Verlauf des Verfahrens in der Instanz zugrunde legen muss und nicht von ihr abweichen darf. Dieses Abweichungsverbot betrifft praktisch va die nicht instanzabschließenden und den Streitstoff nicht umfassend erledigenden Entscheidungen, dh Teil-, Vorbehaltsurteil (Rn 11) und Zwischen(grund-)urteil. Ob das Gericht zwischenzeitlich zu der Auffassung gelangt ist, seine frühere Entscheidung sei fehlerhaft, ist unerheblich. Eine Aufteilung der durch Zwischenurteil bestimmten Sicherheitsleistung auf die einzelnen Klageansprüche ist unzulässig (Frankf OLGZ 70, 172, 173). Weiteres Vorbringen zu dem Gegenstand der Entscheidung ist unzulässig und für das weitere Verfahren unbeachtlich (§ 303 Rn 8, § 304 Rn 22). Von dem Grundsatz, dass die Bindung nicht die Urteilsbegründung erfasst, ist auch dann keine Ausnahme zu machen, wenn sich aus den Gründen des Urteils ergibt, dass das Gericht in seinem Teilurteil nur wegen des Vorbehalts der Aufrechnung einen weiteren nach seiner Auffassung begründeten Anspruch nicht zuerkannt hatte (BGH NJW 67, 1231, 1232 [BGH 22.02.1967 - VIII ZR 255/64]).

Keine Bindung besteht, wenn das vorangegangene Urt aus prozessualen Gründen nicht ergehen durfte. Ein Zwischenurteil, das nach § 303 nicht zulässig ist, bindet das Gericht daher nicht (BGHZ 8, 383, 385). Die Bindung an ein zulässiges Zwischenurteil bleibt aber bestehen, wenn das Endurteil aufgehoben und das Verfahren an die untere Instanz zurückverwiesen wird, ohne das Zwischenurteil aufzuheben (RGZ 35, 407, 408). Bei einer Stufenklage erfasst die Bindung einer Verurteilung zur Auskunft oder zur eidesstattlichen Versicherung nicht den Rechtsgrund des Hauptanspruchs (BGHZ 107, 236, 242 = NJW 89, 2821). Stellt sich nachträglich heraus, dass kein Hauptanspruch besteht und deshalb auch kein Auskunftsanspruch gegeben war, so weist das Gericht die Klage gleichwohl ohne Aufhebung der Urteile auf erster und zweiter Stufe ab. Darüber hinaus kann die Bindung nicht solche Entscheidungsgegenstände betreffen, die ihrer Natur nach nur zu einem gegebenen Zeitpunkt beurteilt werden können, zB bei Feststellung der Prozessfähigkeit.

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