Rn 1

Das Grundurteil des § 304 ist ausweislich der gesetzlichen Überschrift ein Zwischenurteil (zur Einführung Keller JA 07, 433). Anders als das Zwischenurteil des § 303 betrifft es nicht prozessuale (Vor-)Fragen, sondern die dem Rechtsstreit zugrunde liegenden materiellen Verhältnisse. Im Unterschied zum Teil- und Endurteil erfasst es aber nicht einen eigenständigen Streitgegenstand oder einen abgrenzbaren Teil desselben. Es kann aber mit einem Teilendurteil verbunden werden; in Fällen des § 301 I 2 ist dies obligatorisch (§ 301 Rn 17; unten Rn 21 aE). Das Grundurteil ist immer stattgebender Natur, da die Klage bei fehlendem Anspruchsgrund durch (Teil-)Endurteil abzuweisen ist. Anders als das Feststellungsurteil entfaltet das Grundurteil nur innerprozessuale Bindungswirkung (§ 318), keine materielle Rechtskraft. In Betreff der Rechtsmittel ist das Zwischenurteil dem Endurteil gleichgestellt.

 

Rn 2

Der Erlass eines Grundurteils eröffnet die Möglichkeit, den Prozessstoff durch Aufteilung in das Grund- und das Betragsverfahren abzuschichten und die zügige Verfahrenserledigung durch die damit verbundene Konzentration auf den jeweiligen Streitstoff zu fördern (BGH NJW 16, 3244 [BGH 28.06.2016 - VI ZR 559/14] Rz 26). Wenn das Betragsverfahren erst nach formeller Rechtskraft des Grundurteils fortgeführt wird (Rn 24), dann kann sich das über den Betrag entscheidende Gericht bei einer Aufhebung des Grundurteils uU aufwändige Beweisaufnahmen zur Anspruchshöhe ersparen. Das Grundurteil dient also primär der prozessökonomischen Verfahrenserledigung (BGH NZM 03, 372, 373 [BGH 12.02.2003 - XII ZR 324/98]). Die Anwendung des § 304 ist indes kein Selbstläufer. Stets sind die Voraussetzungen sorgfältig zu prüfen und das dem Gericht eingeräumte Ermessen (Rn 20) gewissenhaft auszuüben, um unnötige Kosten und zusätzlichen Prozessaufwand für die Parteien zu vermeiden, sachliche Zusammenhänge zwischen Grund und Betrag nicht zu zerreißen und zu verhindern, dass die endgültige Verfahrenserledigung eher verzögert denn beschleunigt wird (ausf Schilken ZZP 95, 47, 51, 57).

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