Rn 18

Gemäß § 63 III 1 Nr 1 und 2 GKG (§ 55 III Nr. 1 und 2 FamGKG) kann die Wertfestsetzung vom Ausgangsgericht oder vom Rechtsmittelgericht – ggf. auch vom BGH – für die Vorinstanz vAw geändert werden, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung zulässig in der Rechtsmittelinstanz anhängig ist. Daneben ist beim Rechtsmittelgericht aus praktischen Gründen auch die erstmalige Wertfestsetzung für die Vorinstanz zulässig, weil eine spätere Abweichung des Ausgangsgerichts von der Wertfestsetzung der höheren Instanz ohnehin kaum vorkommen und idR zu einer Beschwerde führen wird (aA Zö/Herget § 3 Rz 16.1 Abänderung). Nach hM bezieht sich die ›kann‹-Regelung nur auf die Zuständigkeit des abändernden Gerichts. Das Gericht ist bei Abweichung der bestehenden Wertfestsetzung von der wahren Sach- und Rechtslage jedenfalls im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens zur Abänderung verpflichtet (BGH NJW-RR 1989, 1278; BSG MedR 07, 502 Rz 5; Köln VersR 92, 1028; Hartmann/Toussaint/Toussaint § 63 GKG Rz 38 ff, vgl auch Rn 26). Diese Pflicht trifft das Rechtsmittelgericht auch bei Beschwerde gegen die Wertfestsetzung des Berufungsgerichts selbst (OLGR Celle 09, 834). Die Abänderung kann dort in der Zeitgrenze des § 63 III 2 GKG (§ 55 III 2 FamGKG) vorgenommen werden (OLGR Rostock 09, 28), nicht aber, wenn das Gericht den Wert als Beschwerdegericht schon einmal festgesetzt hat (Ddorf JurBüro 10, 426): die sechsmonatige Frist gilt für die Gegenvorstellung entsprechend (BGH NJW 17, 739). Das Rechtsmittel muss zulässig sein (München JurBüro 83, 890) und die Hauptsache betreffen; ein Teilrechtsmittel reicht für umfassende Wertänderung aus (VGH Kassel AnwBl 88, 178). Ebenso kann im Beschl nach § 522 II eine Wertänderung ausgesprochen werden (LG München ZMR 11, 59).

Bei unzulässiger Beschwerde ist die Korrektur vAw nicht zulässig (aA OLGR Celle 09, 974; OLGR Oldbg 97, 187; vgl auch Rn 26). Vertrauensschutz besteht generell nicht (BVerwG JurBüro 93, 738). Das Rechtsmittelgericht muss darauf achten, dass der Streitwert nach Instanzen unter Berücksichtigung der dort jeweils gegebenen Besonderheiten getrennt festzusetzen ist (BGH RPfleger 87, 37 aE; Frankf MDR 01, 776). Die Abänderung ist auch dann noch zulässig, wenn die Hauptsache zwar abgeschlossen, die Kostenfestsetzung aber noch offen ist (Rostock JurBüro 09, 88); sie ist durch § 63 III 2 GKG (§ 55 III 2 FamGKG) auf sechs Monate befristet. Die Frist beginnt bei Geltendmachung im Verfahren der einstweiligen Verfügung und im Hauptsacheverfahren erst nach dessen rechtskräftigem Abschluss (Hambg MDR 11, 258; Zweibr MDR 11, 562).

Über den Zeitpunkt der Anhängigkeit hinaus kann das Rechtsmittelgericht nicht mehr abändern; das Abänderungsrecht des BGH lebt auch dann nicht wieder auf, wenn das Berufungsgericht seiner Wertfestsetzung nicht folgt (BGH NJW-RR 89, 1278; 17.3.2015 – II ZR 391/13).

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