Rn 15

Der Beweis des Gegenteils wird in § 292 S 1 erwähnt. Er dient va der Widerlegung gesetzlicher Vermutungen (§ 292 Rn 4), von Beweisregeln (§ 286 Rn 18) und von öffentlichen Urkunden (§§ 415 ff). Anders als beim Gegenbeweis genügt es für die erfolgreiche Beweisführung nicht, dass das Gericht in seiner Überzeugung unsicher geworden ist; vielmehr muss dem Gericht die volle Überzeugung von der Unwahrheit des vermuteten Tatbestandsmerkmals verschafft werden (BGHZ 212, 224, 246 Rz 60 = NJW 17, 1093, 1099). Der Beweis des Gegenteils ist ferner dann zu führen, wenn die Rspr – wie etwa bei der Arzthaftung wegen eines groben Behandlungsfehlers (jetzt für den vertraglichen Bereich normiert in § 630h VI BGB) – im Wege der Rechtsfortbildung eine Umkehr der objektiven Beweislast annimmt. So muss ein Arzt, dem ein grober Behandlungsfehler unterlaufen ist, den vollen Beweis erbringen, dass seine Pflichtverletzung den Schaden nicht verursacht hat (s dazu ausf Baumgärtel/Katzenmeier Bd 3 § 823 Anh II Rz 12 ff sowie unten § 286 Rn 75). Der Sache nach ist der Beweis des Gegenteils keine dritte Art des Beweises, sondern eine Form des Hauptbeweises (BAG ZIP 98, 1809, 1810; St/J/Thole Rz 5; aA Jäckel Rz 203: je nach Verteilung der Beweislast könne der Beweis des Gegenteils Haupt- oder Gegenbeweis sein). Der Beweis des Gegenteils kann mit allen Beweismitteln geführt werden; im Einzelfall sogar durch eine Parteianhörung (Dresd GesR 18, 28 – Widerlegung der Vermutung des § 630h III BGB). Beruht die richterliche Entscheidung auf einem erfolgreich geführten Beweis des Gegenteils, liegt dem Urteil – wie bei einem erfolgreichen Hauptbeweis – ein festgestellter Sachverhalt zugrunde.

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