Rn 60

Auf Hinweise des Gerichts, die offensichtlich nicht mit der Rechtslage in Einklang stehen (Aufforderung, den Zulassungsbegründungsantrag – entgegen § 124a IV 5 VwGO beim Berufungsgericht einzureichen, vgl BVerfG NJW 04, 2887 [BVerfG 04.05.2004 - 1 BvR 1892/03]), darf sich der Anwalt aber idR nicht verlassen. Bei einer Häufung von Verfahrensfehlern kann der Grundsatz des fairen Verfahrens jedoch die Bewilligung der Wiedereinsetzung rechtfertigen. (BVerfG aaO, hat im Hinblick auf eine schwer nachvollziehbare Gesetzeslage und bei unzutreffendem Hinweis durch zwei Gerichte Wiedereinsetzung bewilligt).

 

Rn 61

Ebenfalls kein die Wiedereinsetzung begründendes gerichtliches Mitverschulden, wenn sich aus der Mitteilung des Gerichts offensichtlich kein Vertrauenstatbestand ableitet, etwa wenn der Beamte lediglich erklärt, es sei mit einer Fristverlängerung durch den zuständigen Richter zu rechnen. Ebenso begründet die Mitteilung der Geschäftsstelle, ein fehladressierter Verlängerungsantrag werde weitergeleitet, kein Vertrauen auf den rechtzeitigen Eingang beim zuständigen Gericht. Bei einer nur teilweisen Bewilligung eines Verlängerungsantrags ohne ausdrückliche Teilablehnung kann ein Vertrauenstatbestand dann gegeben sein, wenn die Verlängerung bis zu einem konkret bezeichneten Tag erfolgt (BGH MDR 08, 40). Kein gerichtliches Mitverschulden liegt bei Nichtannahme einer unterfrankierten Sendung vor (BGH WM 07, 1049). Geht am Abend des vorletzten Tages der Rechtsmittelbegründungsfrist bei dem Rechtsmittelgericht ein unvollständig per Telefax übermittelter Schriftsatz ein, bei dem ua die letzte Seite mit der Unterschrift des Prozessbevollmächtigten fehlt, gebietet es die gerichtliche Fürsorgepflicht grds nicht, den Prozessbevollmächtigten am Folgetag auf die von der Geschäftsstelle erkannte Unvollständigkeit des Schriftsatzes hinzuweisen (BGH MDR 17, 595).

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