Gesetzestext

 

(1) 1Das Protokoll ist von dem Vorsitzenden und von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben. 2Ist der Inhalt des Protokolls ganz oder teilweise mit einem Tonaufnahmegerät vorläufig aufgezeichnet worden, so hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Richtigkeit der Übertragung zu prüfen und durch seine Unterschrift zu bestätigen; dies gilt auch dann, wenn der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle zur Sitzung nicht zugezogen war.

(2) 1Ist der Vorsitzende verhindert, so unterschreibt für ihn der älteste beisitzende Richter; war nur ein Richter tätig und ist dieser verhindert, so genügt die Unterschrift des zur Protokollführung zugezogenen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle. 2Ist dieser verhindert, so genügt die Unterschrift des Richters. 3Der Grund der Verhinderung soll im Protokoll vermerkt werden.

A. Unterschriftsleistung.

 

Rn 1

Das Protokoll wird im Regelfall vom Vorsitzenden und dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle unterzeichnet. Der Urkundsbeamte fertigt die Reinschrift des Protokolls. Er bestätigt mit seiner Unterschrift die Richtigkeit der Protokollausfertigung. Das gilt auch dann, wenn er nicht zur Sitzung hinzugezogen wurde. Bei stenographischer Aufzeichnung muss der Urkundsbeamte jedenfalls dann über den Gesetzeswortlaut hinaus nach Abs 1 S 2 verfahren, wenn er zur Verhandlung hinzugezogen wurde. Hat hingegen der Richter die stenographischen Aufzeichnungen gefertigt, ist Prüfung und Unterschriftsleistung des Urkundsbeamten zumindest dann erforderlich, wenn ihm zugleich die Reinschrift des Protokolls übertragen wurde (aA St/J/Roth Rz 5; Zö/Schultzky Rz 3). Auch die vorläufige Protokollaufzeichnung auf Datenträgern wird im Wortlaut der Vorschrift nicht geregelt: Die Richtigkeit des endgültigen Protokolls ist in gleicher Weise zu bestätigen, wie dies im Fall der Tonaufzeichnung geschieht (aA Zö/Schultzky Rz 3; St/J/Roth Rz 5; Wieczorek/Schütze/Smid Rz 7). Die Unterschrift ist handschriftlich zu leisten; eine paraphierte Unterschrift genügt regelmäßig nicht (BGH MDR 17, 417 [BGH 25.01.2017 - XII ZB 504/15]). Falls die Reinschrift des Protokolls gem § 160a IV als elektronisches Dokument erstellt wird, fügen Richter und Urkundsbeamter am Ende des Dokuments ihren Namen hinzu und versehen das elektronische Dokument mit ihrer qualifizierten elektronischen Unterschrift (§ 130b). Im Geschäftsgang leistet der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Unterschrift im Regelfall vor dem Richter. Erst danach wird die Protokollausfertigung dem Richter vorgelegt, der die Richtigkeit der Protokollierung – im Regelfall aus dem Gedächtnis – eigenständig überprüft. Können Meinungsverschiedenheiten über das richtige Verständnis der Tonaufnahmen nicht ausgeräumt werden, müssen die divergierenden Auffassungen im Protokoll kenntlich gemacht werden (St/J/Roth Rz 4).

B. Verhinderung.

 

Rn 2

Eine Verhinderung iSd Abs 2 liegt vor, wenn Richter oder Urkundsbeamter nicht nur vorübergehend zur Unterschriftsleistung außerstande sind. Hierbei führt ein Ausscheiden aus dem Richterdienst oder – den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle betreffend – aus dem öffentlichen Dienstverhältnis eine Verhinderung im vorgenannten Sinn herbei. Wechselt der Richter lediglich geschäftsplanmäßig, so steht dies einer Unterzeichnung nicht entgegen. Selbst nach einer Versetzung an ein anderes Gericht kann der Richter die erforderliche Unterschrift noch leisten (Zö/Schultzky Rz 5). Auch Erkrankungen auf unabsehbare Zeit oder ein längerer Urlaub stellen Verhinderungsgründe dar (Musielak/Voit/Stadler Rz 4).

I. Reihenfolge im Verhinderungsfall.

 

Rn 3

Im Falle der Verhinderung des Vorsitzenden unterschreibt für ihn der dienstälteste beisitzende Richter. Ist auch der dienstälteste Beisitzer verhindert (dieser Fall ist nicht geregelt), so leistet der verbleibende Beisitzer die Unterschrift (St/J/Roth Rz 8; Musielak/Voit/Stadler Rz 4). Erst wenn die gesamte Richterbank verhindert ist, genügt die Unterschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, sofern dieser zur Sitzung hinzugezogen wurde. Im Fall der Verhinderung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle genügt die Unterschriftsleistung des Vorsitzenden, an deren Stelle in der soeben dargestellten Reihenfolge die Unterschriften der Beisitzer treten.

II. Fehlerhafte oder fehlende Unterschrift.

 

Rn 4

Wird die dargestellte Reihenfolge im Verhinderungsfall nicht eingehalten oder kann die erforderliche Unterschrift nicht geleistet werden (weil die Unterschriftspersonen aus dem Dienst ausgeschieden sind oder der verhinderte Einzelrichter keinen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zur Verhandlung hinzugezogen hat), so erfüllt das Protokoll nicht die Voraussetzungen einer öffentlichen Urkunde und kann keine Beweiskraft nach § 165 entfalten. Eine fehlende Unterschrift kann noch in der Rechtsmittelinstanz nachgeholt werden (BGH NJW 58, 1237; Musielak/Voit/Stadler Rz 3). Verkündungsprotokolle müssen spätestens 5 Monate (§§ 517, 548) nach der Verkündung unterschrieben oder mit einer elektronischen Signatur (§ 130b) versehen sein (BGH MDR 11, 681 [BGH 13.04.2011 - XII ZR 131/09]). Wurde die Frist versäumt, ist die Sache im Rechtsmittelverfahren...

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