Rn 1

Die Vorschrift stellt in Abs 1 S 1 zunächst klar, dass der Musterentscheid eine innerprozessuale Bindungswirkung entfaltet, weil das Musterverfahren Teil eines einheitlichen Prozesses zwischen Musterkläger und Musterbeklagten ist (KK-KapMuG/Hess Rz 4). Daneben wird in Abs 2 dem Musterentscheid die Fähigkeit der Rechtskraft zuerkannt; dazu passt die insoweit aber nur deklaratorische Vorschrift des § 325a ZPO. Herzstück der Vorschrift ist die Bindungswirkung des Musterentscheids für und gegen die Beigeladenen, die hier wie bei § 14 KapMuG in bewusster Anlehnung an die Figur der Nebenintervention und deren in § 68 ZPO geregelte Wirkung konzipiert und formuliert wurde (BTDrs 15/5091, 31). In der Literatur wird tw eine abweichende Einordnung dieser Bindungswirkung im Sinne einer Rechtskrafterstreckung vorgeschlagen (Gebauer ZZP 119, 159, 174 f; Lüke ZZP 119, 131, 155; ausf Leser Die Bindungswirkung des Musterentscheids nach dem KapMuG 195 ff). Allerdings erscheint der Begriff der Rechtskraft hier kaum sinnvoll (Vorwerk/Wolf Rz 3 ff). Er bezieht sich im sonstigen Prozessrecht auf ein konkretes Rechtsverhältnis, während der Musterentscheid ggf nur Tatsachenfestellungen oder gar die Klärung abstrakter Rechtsfragen enthält. Der Begriff der Rechtskraft ist vom Gesetzgeber augenscheinlich nur eingeführt worden, um die Anerkennung des Musterentscheids innerhalb der EU zu befördern (dazu unten Rn 4; vgl BTDrs 15/5091, 30). In der Literatur wird daher mit Recht kritisiert, dass der Charakter des Musterverfahrens als Vorlageverfahren nicht zum Begriff der Rechtskraft passt (Wolf/Lange NJW 3751, 3756).

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