Gesetzestext

 

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten die §§ 41 bis 49 der Zivilprozessordnung entsprechend. Ausgeschlossen ist auch, wer bei einem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(2) Der Beschluss, durch den das Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt wird, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572 der Zivilprozessordnung anfechtbar.

A. Zweck der Vorschrift.

 

Rn 1

Jedes gerichtliche Verfahren muss fair und durch Neutralität, Unvoreingenommenheit und Distanz der Entscheidungsträger gegenüber den Verfahrensbeteiligten gekennzeichnet sein (Prütting/Helms/Prütting § 6 Rz 1), weil bereits dem Anschein von Interessenkollisionen durch Einsetzung eines anderen Entscheidungsträgers zu begegnen ist. § 6 dient diesem Zweck (Holzer ZNotP 18, 94).

B. Geltungsbereich.

 

Rn 2

§ 6 ist in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit und in Familiensachen anwendbar, sofern keine Sonderregelungen vorgehen (zB §§ 11, 81 Abs 2 GBO, § 89 Abs 2 SchRegO, Holzer ZNotP 18, 94, 95). In Ehe- und Familienstreitsachen gilt die Vorschrift nach § 113 Abs 1 S 1 nicht.

C. Erfasster Personenkreis.

 

Rn 3

Nach Abs 1 S 1 ist die Vorschrift auf die Tätigkeit des Richters und aller anderen ›Gerichtspersonen‹ anwendbar, dh ehrenamtliche Richter, Rechtspfleger und Urkundsbeamten der Geschäftsstelle sowie Notare, soweit ihnen gerichtliche Aufgaben übertragen wurden (etwa nach §§ 363 ff FamFG, dazu Holzer ZEV 13, 656, 657). Für Verfahrensbeistände gilt die Vorschrift nicht (Büchner NZFam 20, 234 mwN).

D. Ausschließung von Gerichtspersonen.

I. Ausschließungsgründe.

1. Ausschluss nach § 41 Nr 1 ZPO.

 

Rn 4

Ein Ausschluss nach § 41 Nr 1 ZPO erfolgt, wenn die Gerichtsperson an einem Verfahren selbst beteiligt ist oder zu einem Beteiligten in dem Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regresspflichtigen steht (zB der den Erbschein erteilende Entscheidungsträger ist selbst Erbe).

2. Ausschluss nach § 41 Nr 2 und 2a ZPO.

 

Rn 5

Eine Gerichtsperson ist dann der Ausübung ihres Amtes ausgeschlossen, wenn sie Sachen des Ehegatten bzw Lebenspartners entscheiden soll (Prütting/Helms/Prütting § 6 Rz 10).

3. Ausschluss nach § 41 Nr 3 ZPO.

 

Rn 6

Nicht mitwirken darf die Gerichtsperson auch in Sachen einer mit ihr in gerader Linie verwandten (§ 1589 BGB), verschwägerten (zB Schwiegereltern) oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandten (Bruder, Tante, Nichte) bzw bis zum zweiten Grad verschwägerten Person (Geschwister des Ehegatten; Holzer ZNotP 18, 94, 95).

4. Ausschluss nach § 41 Nr 4 ZPO.

 

Rn 7

Nach dieser Vorschrift sind Gerichtspersonen von der Mitwirkung ausgeschlossen, die von einem Beteiligten zum bevollmächtigten Vertreter bestellt sind oder als Beistand (§ 12 FamFG, § 90 ZPO) bzw gesetzlicher Vertreter eines Beteiligten auftreten können.

5. Ausschluss nach § 41 Nr 5 ZPO.

 

Rn 8

Eine Gerichtsperson darf in Verfahren nicht mitwirken, in der sie als Zeuge oder Sachverständiger angehört oder vernommen wurde (Prütting/Helms/Prütting § 6 Rz 12). Die Benennung als Zeuge genügt nicht.

6. Ausschluss nach § 41 Nr 6 ZPO.

 

Rn 9

Gerichtspersonen sind in Sachen ausgeschlossen, in denen sie in einem früheren Rechtszug oder in einem Schiedsverfahren bei dem Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt haben. Ausgenommen ist die Tätigkeit als beauftragter oder ersuchter Richter (Holzer ZNotP 18, 94, 96).

7. Ausschluss nach § 41 Nr 7 ZPO.

 

Rn 10

Ein Ausschluss erfolgt auch in Verfahren wegen überlanger Gerichtsverfahren, wenn die Gerichtsperson in dem beanstandeten Verfahren mitgewirkt hat.

8. Ausschluss nach § 41 Nr 8 ZPO.

 

Rn 11

Die Gerichtsperson ist auch in Verfahren ausgeschlossen, bei denen sie an einer Mediation oder einem anderen Verfahren der außergerichtlichen Konfilktbeilegung tätig war.

9. Ausschluss nach § 6 Abs 1 S 2 FamFG.

 

Rn 12

Abs 1 S 2 FamFG schließt Gerichtspersonen von der Mitwirkung an Verfahren aus, wenn sie bereits bei einem vorangegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt haben (zB der Präsident des LG als Leiter der Dienstaufsicht über Notare als Richter in Notarkostenverfahren, BayObLG NJW 86, 1622).

II. Beachtung des Ausschlusses vAw.

 

Rn 13

Der Ausschluss ist von jeder betroffenen Gerichtsperson zu beachten, die sich nach Erkennen des Ausschlussgrunds sofort jeder Tätigkeit zu enthalten hat. Zweifel an dem Vorliegen eines Ausschlussgrunds muss die Gerichtsperson gem § 48 ZPO anzeigen.

III. Wirkungen des Ausschlusses.

 

Rn 14

Die Mitwirkung einer nach Abs 1 FamFG ausgeschlossenen Gerichtsperson führt nicht zur Nichtigkeit der Entscheidung. Eine ausdrückliche Regelung fehlt wegen eines redaktionellen Versehens des Gesetzgebers, das korrigiert werden sollte (Holzer ZNotP 18, 94, 96).

E. Ablehnung wegen Befangenheit.

I. Ablehnungsgründe.

 

Rn 15

Eine Gerichtsperson kann nach Abs 1 iVm § 41 ZPO von der Ausübung ihres Amtes ausgeschlossen sein bzw kann die Besorgnis ihrer Befangenheit bestehen. Enthält sie sich nicht der weiteren Tätigkeit, können sie die Beteiligten ablehnen.

II. Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit.

 

Rn 16

Nach § 42 Abs 2 ZPO besteht die Besorgnis der Befangenheit dann, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der Gerichtsperson zu rechtfertigen. Erforderlich sind objektive Gründe, die vom Standpunkt des Ablehnenden bei ruhiger und vernünftiger Betrachtung (BGH FGPrax 22, 94; NJW-RR 15, 444, 445; 14, 1469; BGH FamRZ 04, 176) die Befürchtung wecken können, die Gerichtsperson stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (zB sachwidrige Einschränkung der Mitwirkungsrechte von Beteiligten, Hamm FF 20, 319f). R...

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