Gesetzestext

 

(1) Soll ein Unterhaltstitel, der den Unterhalt nach § 1612a des Bürgerlichen Gesetzbuchs als Prozentsatz des Mindestunterhalts festsetzt, im Ausland vollstreckt werden, ist auf Antrag der geschuldete Unterhalt auf dem Titel zu beziffern.

(2) Für die Bezifferung sind die Gerichte, Behörden oder Notare zuständig, denen die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Titels obliegt.

(3) Auf die Anfechtung der Entscheidung über die Bezifferung sind die Vorschriften über die Anfechtung der Entscheidung über die Erteilung einer Vollstreckungsklausel entsprechend anzuwenden.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Die Vorschrift soll (verstärkt durch § 72 AUG) die Vollstreckung für dynamisierte Unterhaltstitel iSv § 1612a BGB, die die Höhe des Unterhalts nur nach dem Prozentsatz des Mindestunterhalts bestimmen, im Ausland ermöglichen. Nach Art 4 Nr 2 EuVollstrTitelVO muss ein Titel, der in Europa vollstreckt werden soll, auf eine bestimmte Geldsumme lauten. Die am 18.06.11 in Kraft getretene EuUnthVO ersetzt für die durch das HUP 2007 gebundenen Mitgliedsstaaten (Art 68 Abs. 2) die EuVollstrTitelVO. Die Bezifferung erfolgt in einem gem Art 20 Abs 1 lit b, c vorzulegenden Formblatt.

 

Rn 2

Die Vorschrift ist nur auf dynamisierte Unterhaltstitel nach § 1612a BGB anwendbar, wenn sie im Ausland vollstreckt werden sollen. Erfasst sind insb gerichtliche Entscheidungen und Vergleiche, Titel, die im vereinfachten Verfahren nach §§ 249 ff erwirkt wurden, Urkunden des Jugendamts nach §§ 59, 60 SGB VIII, konsularische oder notarielle Urkunden nach § 794 Abs 1 Nr 5 ZPO oder Anwaltsvergleiche gem § 796a ZPO. Erfasst werden nicht nur die Titel, für die die EG-Vollstreckungstitel-VO gilt, sondern sämtliche Unterhaltstitel, wenn sie im Ausland vollstreckt werden sollen (Prütting/Helms/Bömelburg § 245 Rz 4; vgl auch ThoPu/Hüßtege § 245 Rz 2 mwN, der eine Anwendbarkeit auch auf die dynamische Kindergeldanrechnung nach § 1612b BGB befürwortet).

 

Rn 3

Es muss sich um einen Titel handeln, die auf einen Prozentsatz des Mindestunterhalts lauten. Erfasst sind auch Alttitel aus der Zeit zwischen 1.7.98 und 31.12.07, die auf einen Prozentsatz des Regelbetrags lauten, auch nach dem 31.12.07 ohne Umschreibung fortgelten und nach § 36 Nr 3 S 3 EGZPO in einen Prozentsatz des Mindestunterhalts umgerechnet werden (vgl auch § 244 Rn 2).

B. Zuständigkeit, Entscheidung.

 

Rn 4

Die Bezifferung erfolgt nur auf Antrag des Unterhaltsgläubigers (Abs 1). Dieser muss den zu beziffernden und zu vollstreckenden Betrag in seinem Antrag nicht benennen (Prütting/Helms/Bömelburg § 245 Rz 6; MüKoFamFG/Pasche § 245 Rz 10; Keidel/Giers § 245 Rz 2 mwN; Zö/Lorenz § 245 Rz 5).

 

Rn 5

Gem § 245 II sind die Gerichte, Behörden oder Notare für die Bezifferung zuständig, denen die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Titels obliegt. Beim Familiengericht ist der Rechtspfleger gem § 724 II ZPO iVm § 25 Nr 2 lit b RPflG funktionell zuständig, bei vollstreckbaren Urkunden die Behörde, insb das Jugendamt (§ 60 S 3 Nr 1 SGB VIII) oder der Notar, der die Urkunde verwahrt (§ 797 II ZPO), bei konsularischen Urkunden das AG Berlin-Schöneberg (§ 10 III Nr 5 S 2 KonsG). Bei Anwaltsvergleichen ist nicht der Rechtspfleger, sondern das Gericht als Verfahrensgericht zuständig, das für die gerichtliche Geltendmachung des zu vollstreckenden Anspruchs zuständig wäre, §§ 796a, 796b ZPO. Nach § 796c ZPO kann auch die Zuständigkeit eines Notars für diese Vergleiche eröffnet sein (Prütting/Helms/Bömelburg § 245 Rz 5; MüKoFamFG/Pasche § 245 Rz 8; Dutta/Jacoby/Schwab/Langheim § 245 Rz 3; Sternal/Giers § 245 Rz 2).

 

Rn 6

Die Entscheidung ergeht durch das Gericht im Wege eines Beschlusses; die Behörde erlässt einen entsprechenden Verwaltungsakt; der Notar nimmt eine notarielle Amtshandlung vor (Prütting/Helms/Bömelburg § 245 Rz 7a; MüKoFamFG/Pasche § 245 Rz 11; ThoPu/Hüßtege § 245 Rz 6).

C. Rechtsmittel (Abs 3).

 

Rn 7

Die Anfechtung der Entscheidung richtet sich gem Abs 3 nach den Vorschriften über die Anfechtung der Entscheidung über die Erteilung einer Vollstreckungsklausel, die entspr anwendbar sind. Der Gläubiger kann bei Verweigerung bzw bei zu geringer Bezifferung durch Rechtspfleger des zuständigen Gerichts im ersten Rechtszug die sofortige Beschwerde (§§ 567 ff ZPO), § 11 I RPflG, iÜ die befristete Erinnerung, § 11 II 1 RPflG, einlegen. Gegen Entscheidung des Notars ist die Beschwerde zum LG möglich, § 54 BeurkG. Uneinheitlich wird beurteilt, welcher Rechtsbehelf bei einer Entscheidung des Jugendamts gegeben ist (vgl die Übersicht bei Prütting/Helms/Bömelburg § 245 Rz 8). Im Interesse einer Vereinheitlichung des Rechtsweges soll der Gläubiger die Möglichkeit haben, nach §§ 797 V, 731 ZPO vorzugehen (Prütting/Helms/Bömelburg § 245 Rz 8; Bork/Jacoby/Schwab/Hütter/Kodal (3. Aufl) § 245 Rz 4). Der Schuldner kann sich gegen eine antragsgemäße Bezifferung mit der Vollstreckungserinnerung nach § 732 ZPO, § 797 III ZPO gegen eine zu hohe Bezifferung zur Wehr setzen.

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