Gesetzestext

 

Ist ein Abänderungsantrag auf Herabsetzung anhängig oder hierfür ein Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe eingereicht, gilt § 769 der Zivilprozessordnung entsprechend. Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Enthält eine Entscheidung des Familiengerichts eine Verpflichtung zur Leistung von Unterhalt, soll in der Endentscheidung nicht nur die sofortige Wirksamkeit nach § 116 III 3 angeordnet werden, sondern es kann zugleich auf Antrag des Verpflichteten die Zwangsvollstreckung gem § 120 II 2 eingestellt oder beschränkt werden. In der Beschwerdeinstanz kann nach § 120 II 3 iVm §§ 707 I und 719 I ZPO eine Einstellung oder Beschränkung der Vollstreckung erfolgen. Die Vorschrift des § 242 ordnet ausdr die entsprechende Anwendung des § 769 ZPO an, sobald ein auf Herabsetzung der Unterhaltspflicht gerichteter Abänderungsantrag nach §§ 238–240 anhängig ist; dies eröffnet die Möglichkeit einer einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem abzuändernden Titel auf Antrag des Unterhaltsverpflichteten. Dies entspricht der Rspr zur analogen Anwendung des § 769 auf Abänderungsklagen nach § 323 ZPO aF (BGH FamRZ 86, 793). Die Verweisung auf § 769 erfasst nicht ein Rechtsmittel gegen die Einstellungsentscheidung; § 242 S 2 enthält eine (autonome) Regelung (ausdr KG FamRZ 11, 583) über die Unanfechtbarkeit der Entscheidung.

B. Die Vorschrift im Einzelnen.

I. Zulässigkeitsvoraussetzungen (S 1).

 

Rn 2

Die entsprechende Anwendung des § 769 ZPO setzt die Anhängigkeit eines Abänderungsantrags auf Herabsetzung der Unterhaltspflicht voraus; der Antrag muss noch nicht zugestellt worden sein. Deshalb kann dem Antragsgegner (Unterhaltsberechtigter) VKH bereits bewilligt werden, bevor der Abänderungsantrag in der Hauptsache rechtshängig ist; dies gilt allerdings nicht für die Rechtsverteidigung gegenüber dem Abänderungsbegehrten in der Hauptsache (Hamm FamRZ 11, 1317). Ausreichend ist auch, dass ein entsprechender Antrag auf Bewilligung von VKH gestellt worden ist.

 

Rn 3

Wurde der Unterhalt im einstweiligen Anordnungsverfahren tituliert, kann der Unterhaltsschuldner die Einstellung der Zwangsvollstreckung während eines Aufhebungs- oder Abänderungsverfahrens gem § 55 beantragen. Die Vorschrift des § 242 ist nicht anwendbar. Geht der Unterhaltsschuldner demgegenüber mit einem negativen Feststellungsantrag gegen eine im einstweiligen Anordnungsverfahren ergangene Entscheidung über laufende Unterhaltsleistungen vor, kann er in diesem Verfahren zugleich einen Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 242 stellen, wenngleich der Wortlaut des § 242 den negativen Feststellungsantrag ausdr nicht erfasst (vgl Prütting/Helms/Bömelburg § 242 Rz 6; Sternal/Weber § 242 Rz 17; Dutta/Jacoby/Schwab/Langheim § 242 Rz 2; Bahrenfuss/Schwedhelm § 242 Rz 5).

 

Rn 4

Ein Rechtsschutzinteresse für eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung besteht, sobald der Unterhaltsgläubiger im Besitz eines vollstreckbaren Unterhaltstitels ist; die Zwangsvollstreckung muss noch nicht begonnen haben; diese darf jedoch nicht beendet sein.

 

Rn 5

Der Unterhaltsschuldner muss einen Einstellungsantrag nach § 769 I 1 ZPO stellen und die das Abänderungsbegehren begründenden Tatsachen vortragen und glaubhaft machen (§ 769 I 3 ZPO iVm § 294 ZPO).

II. Zuständigkeit.

 

Rn 6

Zuständig für den Erlass einer Einstellungsanordnung ist das Verfahrensgericht der ersten Instanz (bzw das Rechtsmittelgericht), bei dem der Abänderungsantrag nach §§ 238–240 anhängig ist bzw ein entsprechender VKH-Antrag gestellt worden ist. Bei dieser Zuständigkeit verbleibt es auch dann, wenn die Sache wegen einer sofortigen Beschwerde gegen die Entscheidung über den VKH-Antrag in die Beschwerdeinstanz gelangt ist (Hamm FamFR 11, 90).

 

Rn 7

§ 769 Abs 2 ZPO sieht eine Notzuständigkeit des Vollstreckungsgerichts (zuständig ist der Rechtspfleger, § 769 II ZPO iVm § 20 Nr 17 RPflG) vor, das ›in dringenden Fällen‹, dieselben Entscheidungen treffen kann wie das für die Hauptsache zuständige Gericht; ein solcher Fall könnte vorliegen, wenn der Gläubiger mit der Vollstreckung vor Antragstellung begonnen hat (vgl § 769 ZPO Rn 15; Zö/Herget § 769 Rz 12). Der Rechtspfleger hat eine Frist zu setzen, innerhalb derer eine Entscheidung des Familiengerichts beizubringen ist. Bei fruchtlosem Fristablauf hat er seine Entscheidung aufzuheben.

III. Verfahren, Entscheidung.

 

Rn 8

Das Gericht entscheidet über den Antrag nach Gewährung rechtlichen Gehörs nach billigem Ermessen, das maßgeblich durch die Erfolgsaussicht des Abänderungsbegehrens bestimmt wird (Prütting/Helms/Bömelburg § 242 Rz 13 mwN; Sternal/Weber § 242 Rz 7 mwN; Zö/Lorenz § 242 Rz 4). Eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung kommt nicht in Betracht, wenn die Erfolgsaussichten des Abänderungsbegehrens vollständig fehlen; ansonsten sind die Schutzbedürfnisse von Unterhaltsgläubiger und -schuldner gegeneinander abzuwägen (Zweibr FamRZ 02, 556). Aufgrund des Versorgungscharakters von Unterhaltsleistungen reicht es für sich genommen nicht aus, dass die Gefahr besteht, dass der Unterhaltsgläubiger das Geld für sich verbraucht (Hamm STREIT 15, 79).

 

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