Gesetzestext

 

(1) Enthält eine in der Hauptsache ergangene Endentscheidung des Gerichts eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen, kann jeder Teil die Abänderung beantragen. Der Antrag ist zulässig, sofern der Antragsteller Tatsachen vorträgt, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergibt.

(2) Der Antrag kann nur auf Gründe gestützt werden, die nach Schluss der Tatsachenverhandlung des vorausgegangenen Verfahrens entstanden sind und deren Geltendmachung durch Einspruch nicht möglich ist oder war.

(3) Die Abänderung ist zulässig für die Zeit ab Rechtshängigkeit des Antrags. Ist der Antrag auf Erhöhung des Unterhalts gerichtet, ist er auch zulässig für die Zeit, für die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts Unterhalt für die Vergangenheit verlangt werden kann. Ist der Antrag auf Herabsetzung des Unterhalts gerichtet, ist er auch zulässig für die Zeit ab dem Ersten des auf ein entsprechendes Auskunfts- oder Verzichtsverlangen des Antragstellers folgenden Monats. Für eine mehr als ein Jahr vor Rechtshängigkeit liegende Zeit kann eine Herabsetzung nicht verlangt werden.

(4) Liegt eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse vor, ist die Entscheidung unter Wahrung ihrer Grundlagen anzupassen.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Die Vorschrift ist eine Spezialregelung für die Abänderung gerichtlicher Entscheidungen in Unterhaltssachen iSv § 231 I, für die bis zum 31.8.09 einheitlich auf die bis dahin geltende Fassung des § 323 I–IV ZPO zurückgegriffen werden musste. Nunmehr ist in Unterhaltssachen weder § 323 ZPO noch (wegen § 113 I 1) § 48 anzuwenden. Aus Gründen der Übersichtlichkeit finden sich nunmehr die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die Abänderung verschiedener Unterhaltstitel, für die jeweils unterschiedliche Regeln gelten in § 238 (Abänderung gerichtlicher Entscheidungen), § 239 (Abänderung gerichtlicher Vergleiche und Urkunden), § 240 (Abänderung von Entscheidungen nach § 237 und § 253).

 

Rn 2

Losgelöst von den in § 238 normierten Voraussetzungen sind die Beteiligten des Unterhaltsverhältnisses aus Rechtsgründen nicht daran gehindert, im Einvernehmen einen bestehenden (gerichtlichen oder urkundlichen) Unterhaltstitel durch einen neuen Unterhaltstitel zu ersetzen (BGH FamRZ 17, 370).

B. Abänderung – Rechtsnatur und Abgrenzungsfragen.

 

Rn 3

Die Möglichkeit der Abänderung eines Unterhaltstitels ermöglicht eine Durchbrechung der materiellen Rechtskraft, die geboten ist, wenn sich die Prognose der Umstände, auf denen die Verpflichtung zur Zahlung künftig fällig werdender wiederkehrender Leistungen beruht, nachträglich als unzutreffend erweist. Aus der Zielsetzung des Abänderungsverfahrens, nur unvorhergesehene Veränderungen der maßgebenden tatsächlichen Verhältnisse nachträglich berücksichtigen zu können, ergeben sich zugleich die Grenzen für die Durchbrechung der Rechtskraft; die sich hieraus ergebende Bindungswirkung der Ausgangsentscheidung darf nur insoweit beseitigt werden, als die Entscheidung auf Verhältnissen beruht, die sich nachträglich geändert haben (BGH FamRZ 10, 1150; noch zu § 323 ZPO).

 

Rn 4

Der Abänderungsantrag ist zwar verfahrensrechtlich ein Gestaltungsantrag, umfasst im Falle einer begehrten Erhöhung des Ursprungstitels aber zugleich einen Leistungsantrag (BGH FamRZ 01, 1140; Schlesw FamRZ 12, 990; Wendl/Dose/Schmitz § 10 Rz 138; MüKoFamFG/Pasche § 238 Rz 4; ThoPu/Hüßtege § 238 Rz 3). Es ergeben sich Abgrenzungsprobleme.

I. Abgrenzung zum Leistungsantrag.

 

Rn 5

Ein Leistungsantrag auf Unterhalt ist nur dann zulässig, wenn kein Abänderungsantrag zu erheben ist (BGH MDR 15, 223 [BGH 19.11.2014 - XII ZB 478/13]). Es ist zu differenzieren. Wurde mit der vorangegangenen Entscheidung ein geltend gemachter Unterhaltsanspruch wegen Fehlens der Voraussetzungen in vollem Umfang abgewiesen, enthält die Ausgangsentscheidung keine in die Zukunft reichende Rechtskraftwirkung; wäre aufgrund nachfolgend veränderter Verhältnisse ein Unterhaltsanspruch begründet, kann der Berechtigte einen neuen Leistungsantrag stellen; dies gilt demgegenüber nicht, wenn dem Antrag nur teilweise stattgegeben worden ist (BGH FamRZ 05, 101; vgl auch Graba NZFam 19, 13, 18). Ein Leistungsantrag ist auch zu stellen, wenn ein neuer Unterhaltsanspruch geltend gemacht wird (nachehelicher Unterhalt anstelle von Trennungsunterhalt). Hat die abzuändernde Entscheidung eine vorhergehende, dem Unterhaltsbegehren stattgebende, Entscheidung abgeändert, ersetzt sie die vorhergehende Prognoseentscheidung. Möchte der Unterhaltsberechtigte erneut Unterhalt geltend machen, ist dies unter den Voraussetzungen des § 238 möglich (BGH FamRZ 13, 853; 07, 983; 05, 101; Wendl/Dose/Schmitz § 10 Rz 149). Wurde ein Abänderungsantrag abgewiesen, entfaltete diese Entscheidung ebenfalls eine Prognosewirkung für die Zukunft (BGH FamRZ 12, 288; 07, 983; 05, 101); in einem erneuten Abänderungsverfahren ist ggf die den Unterhalt zusprechende Entscheidung abzuändern. Für Bindungswirkung und Präklusion (Abs 2) ist demgegenüber die letz...

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