Gesetzestext

 

(1) Die Zustimmung zur Scheidung und zur Rücknahme des Scheidungsantrags kann zur Niederschrift der Geschäftsstelle oder in der mündlichen Verhandlung zur Niederschrift des Gerichts erklärt werden.

(2) Die Zustimmung zur Scheidung kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die über die Scheidung der Ehe entschieden wird, widerrufen werden. Der Widerruf kann zur Niederschrift der Geschäftsstelle oder in der mündlichen Verhandlung zur Niederschrift des Gerichts erklärt werden.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Gem § 114 I besteht in allen Ehesachen Anwaltszwang; bereits nach § 630 II 2 ZPO aF konnte aber die Zustimmung zum Scheidungsantrag und der Widerruf zu Protokoll der Geschäftsstelle oder in der mündlichen Verhandlung zur Niederschrift des Gerichts erklärt werden. Diese Regelung ist nun in § 134 I, 1. Alt, Abs 2 enthalten. Gem § 114 IV Nr 3, 6 besteht für den Antragsgegner insoweit kein Anwaltszwang. Darüber hinaus ermöglicht § 134 I, Alt 2 nun auch die Zustimmung des Antragsgegners zu einer Antragsrücknahme des ASt nach § 269 II 1 ZPO. Auch wenn er nicht anwaltlich vertreten ist, kann der Antragsgegner – noch nach Beginn der mündlichen Verhandlung – der Antragsrücknahme zustimmen. Damit wird den Ehegatten eine Möglichkeit gegeben, die mit einer Scheidung verbundenen Verfahrenskosten zu reduzieren (BTDrs 16/6308, 228).

B. Die Regelung im Einzelnen.

I. Zustimmung zur Scheidung und Widerruf der Zustimmung, Abs 1 Alt 1, Abs 2.

 

Rn 2

Sowohl die Zustimmung zur Scheidung als auch ihr Widerruf sind nach hM zugleich materiell-rechtliche Willenserklärung und Verfahrenshandlung (Prütting/Helms/Helms § 134 Rz 4; MüKoFamFG/Heiter § 134 Rz 8; Sternal/Weber § 134 Rz 2; ThoPu/Hüßtege § 134 Rz 2; Staud/Rauscher § 1566 Rn 32; BGH FamRZ 95, 229; Oldbg FamRZ 19, 926; Karlsr FamRZ 98, 1606; BayOblG FamRZ 96, 760). Allerdings liegt der Schwerpunkt auf der verfahrensrechtlichen Ebene; die Zustimmung zur Scheidung gestaltet nicht den materiell-rechtlichen Scheidungsanspruch, da sie nicht Tatbestandsmerkmal eines Scheidungstatbestands ist, sondern gem § 1566 I (ua) Nachweiselement des Tatbestandsmerkmals des Scheiterns der Ehe iSv § 1565 I BGB (Staud/Rauscher § 1566 Rz 31a). Auch die weitergehenden erbrechtlichen Auswirkungen der Zustimmung zur Ehescheidung (§§ 1933, 2077 I BGB) sind nicht unmittelbar auf die Zustimmung zurückzuführen, sondern beruhen auf der Begründetheit des Scheidungsantrags (vgl hierzu auch Köln FamRZ 13, 1762). Gleichermaßen hat auch der Widerruf der Zustimmung Auswirkungen nur insoweit, als der antragstellende Ehegatte nunmehr Umstände für das Scheitern der Ehe iSv § 1565 I konkret vortragen muss, da er sich nicht mehr auf die in § 1566 I enthaltene unwiderlegbare Vermutung für das Scheitern der Ehe berufen kann. Waren die Ehegatten bereits gem § 128 I angehört worden, bedarf es nicht zwingend einer erneuten Anhörung, wenn ein Ehegatte von seiner zuvor erklärten Zustimmung zur Scheidung abrückt (BGH FamRZ 16, 617).

 

Rn 3

Gem § 134 I, 1. Alt, II 2 reicht es aus, dass sowohl die Zustimmung zum Scheidungsantrag als auch deren Widerruf zu Protokoll der Geschäftsstelle des Gerichts der Scheidungssache oder gem § 113 I 2 iVm § 129a I ZPO jedes anderen AG (MüKoFamFG/Heiter § 134 Rz 9) oder in der mündlichen Verhandlung zur Niederschrift des Gerichts erfolgen. § 134 ist jedoch nicht abschließend, sodass auch die Zustimmung in einem eigenen Schriftsatz des Antragsgegners abgegeben werden kann (Köln FamRZ 13, 1762). Dies schließt auch nicht die Abgabe in Anwaltsschriftsätzen aus (MüKoFamFG/Heiter § 134 Rz 11; Prütting/Helms/Helms § 134 Rz 4; ThoPu/Hüßtege § 134 Rz 2; Köln FamRZ 13, 1762 mwN; BayObLG NJW-RR 96, 650, 651; OLG Frankfurt OLGZ 90, 215). Voraussetzung ist aber in jedem Fall, dass die Erklärung eindeutig ist (Keidel/Weber § 134 Rz 3; Zö/Lorenz § 134 Rz 1; Oldbg FamRZ 19, 926; Zweibr FamRZ 13, 652).

II. Zustimmung zur Rücknahme des Scheidungsantrags, Abs 1 Alt 2.

 

Rn 4

Gem § 134 I Alt 2 kann auch die Zustimmung zur Rücknahme des Scheidungsantrags zu Protokoll der Geschäftsstelle oder in der mündlichen Verhandlung erklärt werden; einer anwaltlichen Vertretung bedarf es auch insoweit nicht. Es gelten die dargestellten Grundsätze. Die Rücknahme des Scheidungsantrags bedarf allerdings gem § 113 I 2 iVm § 269 I ZPO nur dann der Zustimmung des Antragsgegners, wenn in der Hauptsache mündlich verhandelt worden ist, was die anwaltliche Vertretung des ASt voraussetzt. War dieser nicht anwaltlich vertreten, konnte er nicht zur Hauptsache verhandeln mit der Folge, dass seine Zustimmung zur Rücknahme nicht erforderlich ist (BGH FamRZ 04, 1364; Köln NJW-RR 11, 509). § 134 I Alt 2 ist deshalb nur dann relevant, wenn der Antragsgegner ausnahmsweise nach mündlicher Verhandlung nicht mehr anwaltlich vertreten ist (Prütting/Helms/Helms § 134 Rz 1; MüKoFamFG/Heiter § 134 Rz 22; Dutta/Jacoby/Schwab/Lies-Benachib § 134 Rz 7).

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