Rn 6

Mit dem ZPO-Reformgesetz 2002 führte der Gesetzgeber in § 544 ZPO das Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht ein. Nr 8 macht die Zulässigkeit dieses Rechtsbehelfs davon abhängig, dass der Beschwerdewert 20.000 EUR übersteigt. Die Regelung verletzt das Rechtsstaatsprinzip nicht (BGH Beschl v 14.10.14 – VIII ZR 240/14). Der Anwendungszeitraum der Vorschrift wurde durch Gesetz vom 21.6.18 (BGBl I S 863) erneut verlängert und bis zum 31.12.19 ausgedehnt. Mit Wirkung zum 1.1.20 wurde die Beschwerdegrenze als dauerhafte Regelung in § 544 Abs 2 Nr 1 ZPO (BTDrs. 19/13828) übernommen. Die Vorschrift soll einer Überlastung des BGH vorbeugen (BTDrs 14/4722, 126). Nr 8 ist auch auf Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision in erstinstanzlichen Urteilen der Oberlandesgerichte über Klagen auf Entschädigung wegen unangemessener Dauer von Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (§§ 198 ff GVG) anwendbar (BGH NJW 13, 2762; FamRZ 13, 1733).

Für die Bestimmung des Mindestwertes gelten die §§ 3 ff ZPO (vgl BGH NJW 19, 1531 [BGH 05.02.2019 - VIII ZR 277/17]; BGH Beschl v 10.7.14 – V ZR 322/13 – juris, BGH ZfBR 10, 64 [BGH 27.08.2009 - VII ZR 161/08]; BGH NJW-RR 06, 1097, 1098). Der Wert ist glaubhaft zu machen (BGH Beschl v 10.4.14 – V ZR 174/13 – juris). Es ist auf den Wert der Abänderung des angefochtenen Urt abzustellen, die mit dem beabsichtigten Rechtsmittelantrag erstrebt wird (BGH, Beschl v 8.8.19 – VII ZR 296/17, BeckRS 19, 20834; BGH, Beschl v 6.6.19 – I ZR 159/18; BGH IX. Beschl v 21.3.19 – IX ZR 29/18, BeckRS 19, 5573; BGH Beschl v 25.1.18 – V ZR 135/17, BeckRS 18, 1594; BGH; VersR 09, 562; NJW-RR 06, 1097, 1098; AfP 03, 261, 262; BGH BeckRS 21, 19341). Maßgebend für die Bewertung der Beschwer ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht, so dass neue Tatsachen, die erst nach Erlass des Berufungsurteils zu einer Wertminderung führen, keine Berücksichtigung finden (BGH, Beschl v 21.8.19 – VII ZR 2/19, BeckRS 19; 21197; BGH Beschl v 18.1.18 – III ZR 537/16, BeckRS 18, 620; BGH Beschl v 3.8.17 – III ZR 445/16, BeckRS 17, 121625; BGH Beschl v 5.9.16 – IX ZR 143/16). Geht es um die Verurteilung, eine Willenserklärung abzugeben, entspricht der Beschwerdewert dem wirtschaftlichen Interesse, das die Partei daran hat, dass die mit der Erklärung verbundene Folge nicht eintritt (BGH Beschl v 17.1.17 – II ZR 223/15 – BeckRS 2017, 103044; BGH Beschl v 10.11.11 – V ZR 247/10, Rz 3 – juris). Der Wert der Beschwer des Unterlassungsschuldners richtet sich nach dem unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bemessenden Interesse des Unterlassungsschuldners an der Beseitigung der Verpflichtung. Der so zu bemessende Wert entspricht regelmäßig dem nach dem Interesse der klagenden Partei an einer Verurteilung zu bemessende Streitwert (BGH Beschl v 29.3.18 – I ZR 11/18, GRUR 18, 655). Im Falle eines Gesamtschuldverhältnisses entspricht der Beschwerdewert höchstens dem einfachen Verurteilungsbetrag (BGH NJW-RR 04, 638, 639). Anders im Fall der einfachen Streitgenossenschaft nach §§ 59, 60 ZPO, hier ist die Beschwer mehrerer Beschwerdeführer grundsätzlich zu addieren (BGH Beschl v 23.7.15 – XI ZR 263/14 – juris). Bei einer negativen Feststellungsklage bemisst sich der Beschwerdewert nach dem Wert des geleugneten Anspruchs (BGH Beschlv 27.2.18 – II ZR 81/17, BeckRS 18, 3464; BGH Beschl v 14.11.13 – V ZR 28/13 – juris). Wird die positive Feststellung begehrt, ist von dem zugrunde liegenden Anspruch ein Abschlag in Höhe von 20 % vorzunehmen (BGH Beschl v 18.1.18 – III ZR 537/16, BeckRS 18, 620; BGH Beschl v 28.9.17 – III ZR 580/16 – BeckRS 2017, 128871; s.a. BGH Beschl v 13.9.17 – IV ZR 523/15 – BeckRS 17, 126435). Wird neben einer Leistungsverpflichtung die Feststellung des Annahmeverzugs begehrt, ist die Frage des Annahmeverzugs nur ein rechtlich unselbständiges Element der umstrittenen Leistungsverpflichtung und mit dieser wirtschaftlich identisch (vgl BGH Beschl v 2.6.14 – II ZR 61/14 – juris). Nebenforderungen einer eingeklagten Hauptforderung erhöhen den Streitwert nicht (BGH Beschl v 18.1.18 – III ZR 537/16, BeckRS 18, 620; BGH Beschl v 2.6.14 – II ZR 61/4 – juris).

Das Revisionsgericht wird durch eine Festsetzung des Revisionswertes durch das Berufungsgericht nicht gebunden (BGH Beschl v 10.7.18 – VI ZR 4227/16, BeckRS 18, 17026; BGH Beschl v 28.9.17 – III ZR 580/16 – BeckRS 17, 128871; BGH MDR 13, 740). Wenn bei einer Revision, mit welcher ein 20.000 EUR übersteigender Wert der Beschwer geltend gemacht werden soll, ein Zulassungsgrund nur für einen Teil des Streitstoffs gegeben ist, ist die Revision hierauf beschränkt zuzulassen, auch wenn der verbleibende Wert der Beschwer unter 20.000 EUR liegt (BGH NJW-RR 06, 717; BGH NJW 09, 1423, 1424 [BGH 29.01.2009 - VII ZR 187/08]). Für die Bestimmung des Beschwerdewerts sind allerdings solche Teile des Streitstoffs außer Acht zu lassen, die abtrennbar sind und f...

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