Gesetzestext

 

(1) Gerichte und Staatsanwaltschaften dürfen personenbezogene Daten zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Empfängers liegenden Aufgaben übermitteln, wenn

1. eine besondere Rechtsvorschrift dies vorsieht oder zwingend voraussetzt,
2. die betroffene Person eingewilligt hat,
3. offensichtlich ist, dass die Übermittlung im Interesse der betroffenen Person liegt, und kein Grund zu der Annahme besteht, dass sie in Kenntnis dieses Zwecks ihre Einwilligung verweigern würde,
4. die Daten auf Grund einer Rechtsvorschrift von Amts wegen öffentlich bekannt zu machen sind oder in ein von einem Gericht geführtes, für jedermann unbeschränkt einsehbares öffentliches Register einzutragen sind oder es sich um die Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse handelt oder
5.

auf Grund einer Entscheidung

a) bestimmte Rechtsfolgen eingetreten sind, insbesondere der Verlust der Rechtsstellung aus einem öffentlich-rechtlichen Amts- oder Dienstverhältnis, der Ausschluss vom Wehr- oder Zivildienst, der Verlust des Wahlrechts oder der Wählbarkeit oder der Wegfall von Leistungen aus öffentlichen Kassen, und
b) die Kenntnis der Daten aus der Sicht der übermittelnden Stelle für die Verwirklichung der Rechtsfolgen erforderlich ist;

dies gilt auch, wenn auf Grund der Entscheidung der Erlass eines Verwaltungsaktes vorgeschrieben ist, ein Verwaltungsakt nicht erlassen werden darf oder wenn die betroffene Person ihr durch Verwaltungsakt gewährte Rechte auch nur vorläufig nicht wahrnehmen darf.

(2) 1In anderen als in den in Absatz 1 genannten Fällen dürfen Gerichte und Staatsanwaltschaften personenbezogene Daten zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Empfängers liegenden Aufgaben einschließlich der Wahrnehmung personalrechtlicher Befugnisse übermitteln, wenn eine Übermittlung nach den §§ 14 bis 17 zulässig ist und soweit nicht für die übermittelnde Stelle offensichtlich ist, dass schutzwürdige Interessen der betroffenen Person an dem Ausschluss der Übermittlung überwiegen. 2Übermittelte Daten dürfen auch für die Wahrnehmung der Aufgaben nach dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz oder einem entsprechenden Landesgesetz verarbeitet werden.

A. Systematik.

 

Rn 1

Der Abs 1 Nr 1 legt die Subsidiarität der Regelungen des zweiten Abschnitts ggü bereichsspezifischen Vorschriften fest.

In Abs 1 Nr 2–5 sind Fälle geregelt, in denen die Übermittlung zulässig ist, wenn die dort genannten Voraussetzungen vorliegen.

Ist die Übermittlung nicht bereits auf Grund des Abs 1 zulässig, kann sie dennoch gestattet sein, wenn der Auffangtatbestand des Abs 2 eingreift.

B. Abs 1.

 

Rn 2

Bundes- und landesrechtliche Regelungen über die Übermittlung personenbezogener Daten genießen nach der Nr 1 Vorrang ggü den Bestimmungen des zweiten Abschnitts des EGGVG.

 

Rn 3

In der MiZi (s § 12 Rn 4) sind die meisten im Zivilrecht zu beachtenden Mitteilungsfälle geregelt und die bundesrechtlichen Rechtsgrundlagen für die Datenübermittlung genannt. Von besonderer Bedeutung sind die Mitteilungen an die Kommunalbehörden über Klagen auf Räumung von Wohnraum bei Zahlungsverzug des Mieters (2. Abschnitt IV), Mitteilungen an die Verwaltungsbehörden über Aufhebungsanträge und Feststellungsklagen in Ehesachen, Mitteilungen an die Jugendämter über Scheidungssachen, wenn gemeinsame minderjährige Kinder vorhanden sind, Mitteilungen an die Standesämter über Urteile, durch die eine Ehe geschieden, aufgehoben oder das Nichtbestehen einer Ehe festgestellt wird (2. Abschnitt VII), sowie Mitteilungen an die Rechtsanwaltskammern, Notarkammern und Patentanwaltskammern, wenn Zivilklagen gegen Angehörige rechtsberatender Berufe eingehen (2. Abschnitt III).

Die Einwilligung der betroffenen Person (Nr 2) spielt in der Praxis keine Rolle.

 

Rn 4

Die in Nr 3 genannte Zulässigkeitsvoraussetzung entspricht der Regelung des § 14 II Nr 3 BDSG. Im Interesse der betroffenen Person sind zB Mitteilungen an die Standesämter, wenn in einem gerichtlichen Vergleich Regelungen getroffen werden, die Einfluss auf die Erbfolge haben (vgl MiZi 2. Abschnitt III). Das Familiengericht ist berechtigt, das Jugendamt zu informieren, wenn Zweifel an der Geeignetheit einer Tagesmutter bestehen (JAmt 10, 179).

 

Rn 5

Auch die gesonderte Übermittlung öffentlich bekannt gemachter oder in öffentlich zugänglichen Registern eingetragenen Daten ist grundrechtsrelevant (BVerfGE 78, 77 [BVerfG 09.03.1988 - 1 BvL 49/86]), aber nach Nr 4 zulässig. So finden die in der MiZi im 4. Abschnitt I und II geregelten Mitteilungen in Handels-, Partnerschafts-, Genossenschafts-,Vereinsregister- und Schiffsregistersachen an die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, Landwirtschaftskammern, Verwaltungsbehörden, Finanzämter usw im Abs 1 Nr 4 ihre Rechtsgrundlage.

 

Rn 6

Nr 5 erlaubt die Übermittlung in Fällen, in denen eine Vorschrift an eine ergangene Entscheidung Rechtsfolgen knüpft, die von der empfangenden Stelle beachtet oder umgesetzt werden müssen. Dies gilt insb, wenn die Entscheidung den Verlust der Rechtsstellung aus einem öffentlich-rechtlichen Am...

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