Gesetzestext

 

(1) Wird gemäß Artikel 5 Absatz 1a eine mündliche Verhandlung für erforderlich gehalten, so werden hierfür dem Gericht zur Verfügung stehende geeignete Mittel der Fernkommunikationstechnologie wie etwa die Video- oder Telekonferenz genutzt, es sei denn, deren Verwendung ist in Anbetracht der besonderen Umstände des Falles für den fairen Ablauf des Verfahrens nicht angemessen. Hat die anzuhörende Person ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat als dem Mitgliedstaat des angerufenen Gerichts, so wird die Teilnahme dieser Person an einer mündlichen Verhandlung per Videokonferenz, per Telekonferenz oder mithilfe anderer geeigneter Mittel der Fernkommunikationstechnologie in Anwendung der in der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vorgesehenen Verfahren veranlasst.

(2) Eine Partei, die geladen wurde, bei einer mündlichen Verhandlung persönlich anwesend zu sein, kann, sofern derartige Mittel dem Gericht zur Verfügung stehen, die Nutzung von Mitteln der Fernkommunikationstechnologie mit der Begründung beantragen, dass die für ihre persönliche Anwesenheit erforderlichen Vorkehrungen, insbesondere in Anbetracht der ihr dadurch möglicherweise entstehenden Kosten, in keinem angemessenen Verhältnis zu der Klage stehen würden.

(3) Eine Partei, die geladen wurde, unter Verwendung eines Mittels der Fernkommunikationstechnologie an einer mündlichen Verhandlung teilzunehmen, kann ihre persönliche Anwesenheit bei der Verhandlung beantragen. Mit Klageformblatt A und Antwortformblatt C, die nach dem Verfahren gemäß Artikel 27 Absatz 2 erstellt werden, werden die Parteien darüber unterrichtet, dass die Rückerstattung der Kosten, die einer Partei aufgrund der von ihr selbst beantragten persönlichen Anwesenheit bei der mündlichen Verhandlung entstehen, den Bedingungen des Artikels 16 unterliegt.

(4) Gegen die Entscheidung des Gerichts über einen Antrag gemäß den Absätzen 2 und 3 ist ohne Anfechtung des Urteils selbst kein gesondertes Rechtsmittel zulässig.

 

Rn 1

Die Regelung in Abs 1 schafft nicht lediglich die Möglichkeit einer grenzüberschreitenden Verhandlung im Wege der Bild- und Tonübertragung, sie setzt diese Möglichkeit vielmehr stillschweigend voraus und erklärt sie in Verfahren nach der EuGFVO sogar zum Regelfall. Parteien und ihren Prozessbevollmächtigten kann daher gem Abs 1 iVm §§ 1100 I, 128a I auch und gerade in Verfahren nach der EuGFVO gestattet werden, sich während der Verhandlung an einem anderen Ort im räumlichen Anwendungsbereich der VO aufzuhalten (s allg Windau jM 21, 178). Das in § 1100 I und § 128a I eingeräumte Ermessen ist angesichts der eindeutigen Regelung in Abs 1 idR dahin auszuüben, dass den Parteien und ihren Prozessbevollmächtigten gestattet wird, im Wege der Bild- und Tonübertragung teilzunehmen. Bei Parteianhörungen und Zeugenvernehmungen sind gem Abs 1 S 2 die Voraussetzungen der EuBVO zu beachten (s dazu Art 1 EuBVO Rn 3).

 

Rn 2

Für die Verhandlung gelten iÜ die allgemeinen Regelungen (vgl Art 19 EuGFVO), insb müssen die Voraussetzungen einer Bild- und Tonübertragung iSd § 128a (s dazu Windau NJW 20, 2573 [BAG 28.05.2020 - 8 AZR 169/19] Rz 4f) und die Öffentlichkeit der Verhandlung iSd § 169 I GVG gewährleistet sein. Es ist gem §§ 160 ff ein Protokoll zu führen.

 

Rn 3

Angesichts der geringen Bedeutung, die der mündlichen Verhandlung im EuGFVO-Verfahren beigemessen wird, spricht viel dafür, auch § 184 GVG für entbehrlich zu halten und es zuzulassen, die mündliche Verhandlung in einer anderen Sprache als der deutschen durchzuführen, wenn alle Beteiligten dieser Sprache mächtig und damit einverstanden sind (Rauscher/Varga Rz 3). Das Protokoll ist allerdings stets auf Deutsch zu führen.

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