Gesetzestext

 

(1) Der Kläger leitet das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen ein, indem er das in Anhang I vorgegebene Klageformblatt A ausgefüllt direkt beim zuständigen Gericht einreicht oder diesem auf dem Postweg übersendet oder auf anderem Wege übermittelt, der in dem Mitgliedstaat, in dem das Verfahren eingeleitet wird, zulässig ist, beispielsweise per Fax oder E-Mail. Das Klageformblatt muss eine Beschreibung der Beweise zur Begründung der Forderung enthalten; ggf können ihm als Beweismittel geeignete Unterlagen beigefügt werden.

(2) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission mit, welche Übermittlungsarten sie zulassen. Diese Mitteilung wird von der Kommission bekannt gemacht.

(3) Fällt die erhobene Klage nicht in den Anwendungsbereich dieser Verordnung, so unterrichtet das Gericht den Kläger darüber. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin nicht zurück, so verfährt das Gericht mit ihr nach Maßgabe des Verfahrensrechts des Mitgliedstaats, in dem das Verfahren durchgeführt wird.

(4) Sind die Angaben des Klägers nach Ansicht des Gerichts unzureichend oder nicht klar genug, oder ist das Klageformblatt nicht ordnungsgemäß ausgefüllt und ist die Klage nicht offensichtlich unbegründet oder nicht offensichtlich unzulässig, so gibt das Gericht dem Kläger Gelegenheit, das Klageformblatt zu vervollständigen oder zu berichtigen oder ergänzende Angaben zu machen oder Unterlagen vorzulegen oder die Klage zurückzunehmen, und setzt hierfür eine Frist fest. Das Gericht verwendet dafür das in Anhang II vorgegebene Formblatt B.

Ist die Klage offensichtlich unbegründet oder offensichtlich unzulässig oder versäumt es der Kläger, das Klageformblatt fristgerecht zu vervollständigen oder zu berichtigen, so wird die Klage zurück- bzw. abgewiesen. Das Gericht setzt den Kläger von der Zurück- bzw. Abweisung in Kenntnis und teilt ihm mit, ob ein Rechtsmittel gegen die Zurück- bzw. Abweisung zur Verfügung steht.

(5) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass das Klageformblatt A bei allen Gerichten, in denen das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen eingeleitet werden kann, erhältlich und über die einschlägigen nationalen Internetseiten zugänglich ist.

 

Rn 1

Das Klageformblatt A ist zwingend zu benutzen. Dieses kann auch per Telefax oder als elektronisches Dokument iSd § 130a auf den dort genannten Übermittlungswegen eingereicht werden (§ 1097 I).

 

Rn 2

Das Gericht hat vor Zustellung der Klageschrift zunächst zu prüfen, ob die in Deutschland erhobene Klage in den Anwendungsbereich der EuGFVO fällt. Ist dies nicht der Fall und nimmt der Kläger diese nach Hinweis (Abs 3) nicht zurück, so wird stattdessen ein normaler Zivilprozess eingeleitet (§ 1097 II). Gegen die Ablehnung, das Verfahren nach den Vorschriften der EuGFVO durchzuführen, ist gem § 567 I Nr 2 die sofortige Beschwerde statthaft (aA Geimer/Schütze/Peiffer Rz 40: unanfechtbar).

 

Rn 2a

Fällt die Klage in den Anwendungsbereich der EuGFVO, hat das Gericht zu prüfen, ob die Angaben vollständig und verständlich sind, ob das Formblatt vollständig ausgefüllt ist und ob die Klage offensichtlich unbegründet ist. Ggf ist der Kläger zur Ergänzung oder Klarstellung aufzufordern. Kommt der Kläger dem nicht oder nicht ausreichend nach, ist die Klage gem Abs 4 S 3 – dem deutschen Prozessrecht unbekannt – ohne Zustellung an den Beklagten abzuweisen (AG Geldern 9.2.11 – 4 C 4/11). Die Entscheidung ergeht durch Urteil und ist dem Beklagten zusammen mit der unzulässigen Klage zu übersenden. Dieses außerhalb eines Prozessrechtsverhältnisses ergangene Urteil erwächst nicht in materielle Rechtskraft (Gebauer/Wiedmann/Sujecki Rz 15) und ist mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar (Rauscher/Varga Rz 16 aA Geimer/Schütze/Peiffer Rz 57: Berufung).

 

Rn 3

Da die Verordnung keine Zuständigkeitsregeln enthält, gelten für die internationale und örtliche Zuständigkeit die Regeln der Brüssel-Ia-VO, sofern diese anwendbar ist; ersatzweise gilt das autonome Zuständigkeitsrecht der lex fori (Kropholler/v Hein Rz 1 ff). Für die sachliche Zuständigkeit gilt das Recht des Forumstaates (Hess/Bittmann IPRax 08, 305, 311).

 

Rn 4

Für Klagen im EuGFVO-Verfahren fällt nach KV-GKG Ziff 1210 eine 3,0-Gerichtsgebühr an, unter den in Ziff 1211 genannten Voraussetzungen ermäßigt sich diese auf eine 1,0-Gebühr. Eine Vorschusspflicht besteht für Verfahren nach der EuGFVO gem § 12 Abs 2 Nr 2 GKG nicht; der Vorschuss wird aber fällig, wenn das Gericht in den Normalprozess übergeht (BeckOKZPO/Wolber Rz 26).

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