Leitsatz

Getrennt lebende Eheleute stritten sich um den von dem Ehemann zu zahlenden Kindesunterhalt für eine gemeinsame minderjährige Tochter sowie den Ehegattenunterhalt. Es ging primär um die Frage, in welcher Höhe dem in Anspruch genommenen Ehemann für die Nutzung des im Miteigentum der Parteien stehenden Hauses ein Wohnwert zuzurechnen ist und ob und in welcher Höhe eine Erhöhung seines Selbstbehalts in Betracht kommt.

 

Sachverhalt

Die Parteien waren verheiratet und lebten seit November 2006 getrennt. Aus ihrer Ehe waren zwei in den Jahren 1994 und 1990 geborene Töchter hervorgegangen. Der Ehemann war bei einem Transportunternehmen beschäftigt, die Ehefrau war in den letzten Jahren des Zusammenlebens der Parteien aus psychischen Gründen einer Erwerbstätigkeit nicht nachgegangen.

Im November 2006 erfolgte die Trennung auf Initiative der Ehefrau, die aus dem im Miteigentum der Parteien stehenden Haus auszog, in dem der Ehemann seither allein lebte. Er trug die monatlichen Belastungen aus den drei von den Parteien zusammen aufgenommenen Darlehen allein.

Die Parteien stritten sich über die Ansprüche der Ehefrau auf Trennungsunterhalt und Kindesunterhalt für die minderjährige Tochter ab Februar 2007.

Das erstinstanzliche Gericht hat den Ehemann verurteilt, an die Klägerin Trennungsunterhalt i.H.v. monatlich 237,00 EUR sowie an die Klägerin für die gemeinsame Tochter ab Mai 2007 Kindesunterhalt i.H.v. 74,00 EUR monatlich zu zahlen. Ferner wurde der Beklagte zur Zahlung rückständigen Ehegattenunterhalts für den Zeitraum von Februar bis April 2007 i.H.v. 711,00 EUR verurteilt. Die darüber hinausgehende Klage wurde abgewiesen.

Gegen das erstinstanzliche Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt, die hinsichtlich des Ehegattenunterhalts in vollem Umfang und hinsichtlich des Kindesunterhalts teilweise Erfolg hatte.

 

Entscheidung

Das OLG hielt den Ehemann hinsichtlich des begehrten Ehegattenunterhalts für nicht und hinsichtlich des Kindesunterhalts nur für eingeschränkt leistungsfähig.

Das AG habe dem Beklagten für die Nutzung des im Miteigentum der Parteien stehenden Hauses einen Wohnwert von 400,00 EUR als Einkommen zugerechnet. Hierbei sei unberücksichtigt geblieben, dass dem Nutzer einer Immobilie während der Trennung bis zum Zeitpunkt der Scheidung nach der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich nicht der "volle Mietwert", sondern nur die Miete zugerechnet werden könne, die er für eine dem ehelichen Lebensstandard entsprechende kleinere Wohnung bezahlen müsste. Der Grund für diese nur eingeschränkte Berücksichtigung der selbst genutzten Wohnung liege darin, dass es dem unterhaltsverpflichteten - sowie auch dem Unterhaltsberechtigten - Ehegatten in der Trennungszeit in der Regel noch nicht möglich und/oder zumutbar sei, das Objekt zu vermieten oder auch zu veräußern und damit den vollen Mietwert zu realisieren.

Im Rahmen der Prüfung der Leistungsfähigkeit anhand eines dem Unterhaltspflichtigen zu belassenden Selbstbehalts sei weiter zu berücksichtigen, dass dieser Selbstbehalt zu einem Teil der Abdeckung des Wohnbedarfs diene und der übrige Teil zur Bestreitung der sonstigen Grundbedürfnisse in bar zur Verfügung stehen solle. Dies werde auch dadurch deutlich, dass bei einer nicht vermeidbaren Überschreitung der in den jeweiligen Selbstbehaltssätzen enthaltenen Wohnkosten eine Erhöhung des Selbstbehalts in Betracht komme, um dem Unterhaltsschuldner die im Selbstbehalt vorgesehenen Barmittel zur Bestreitung seiner sonstigen Bedürfnisse zu belassen.

Das Ziel könne im Rahmen der Prüfung der Leistungsfähigkeit eines eine eigene Immobilie nutzenden Unterhaltspflichtigen nur so verwirklicht werden, dass der Mietwert nur in Höhe des in dem jeweiligen Selbstbehalts enthaltenen Anteils für Kaltmiete angesetzt bzw., was rechnerisch auf dasselbe hinauslaufe, der Selbstbehalt um den darin enthaltenen Kaltmietanteil gekürzt werde.

Gegenüber der Klägerin sei dem Beklagten bei der Prüfung des Ehegattenunterhalts auch schon während der Trennung ein über dem Notwendigen liegender Selbstbehalt zu belassen, der regelmäßig und auch im vorliegenden Fall mit 1.000,00 EUR angesetzt werde.

Zu berücksichtigen sei - anders als vom erstinstanzlichen Gericht vorgenommen - auch der von dem Beklagten unstreitig auf einen von den Parteien abgeschlossenen Bausparvertrag geleistete monatliche Beitrag von 77,00 EUR. Wegen der Einbindung in die Finanzierung des gemeinsamen Hauses hielt das OLG es für gerechtfertigt, im Verhältnis zur Klägerin jedenfalls bis zu einer Scheidung auch diese Zahlung in einer Höhe zu berücksichtigen, die die bislang errechnete Leistungsfähigkeit von noch 3,00 EUR monatlich übersteige. Klar sei jedenfalls, dass damit der Beklagte gegenüber der Klägerin nicht mehr leistungsfähig sei.

Eine Leistungsfähigkeit für den Ehegattenunterhalt ergebe sich auch nicht unter dem von der Klägerin geltend gemachten Aspekt eines begrenzten Realsplittings. Auch bei dessen Durchführung könne sich das Einkommen des Beklagten nicht in einer Weise erhöhen...

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