Leitsatz

Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Vertretung durch einen Rechtsanwalt in einem Umgangsregelungsverfahren erforderlich ist.

 

Sachverhalt

Nicht miteinander verheiratete Eltern stritten um eine Umgangsregelung mit ihrem gemeinsamen 10-jährigen Sohn. Im Jahr 2000 hatten die Eltern eine Sorgeerklärung abgegeben. Der Antragsteller war griechischer Staatsangehöriger und lebte seit 1996 in Deutschland. Gleichwohl sprach er nur wenig deutsch.

Die Kindesmutter war russische Staatsangehörige. Bis 2008 hatten die Eltern zusammen mit ihrem Sohn in einem Haushalt gelebt. Der Kindesvater hatte mit seinem Sohn überwiegend griechisch gesprochen, die Kindesmutter vorwiegend russisch.

Nach der Trennung blieb der Sohn bei der Mutter. Ein Umgang mit dem Kindesvater fand unregelmäßig statt.

Der Vater hatte sich in der Folgezeit aus Sorge um seinen Sohn an das Jugendamt gewandt und dort kundgetan, die Kindesmutter trinke manchmal oder öfter Alkohol. Konkrete Beeinträchtigungen des Kindes verneinte er. Eine Reaktion des Jugendamtes erfolgte nicht.

Der Vater beantragte sodann eine Umgangsregelung beim FamG. Er stellte nicht in Abrede, zu seinem Sohn Kontakt zu haben, der jedoch von der jeweiligen Stimmungslage der Kindesmutter abhänge. Er habe vergeblich versucht, mit ihr das Beratungsangebot des Jugendamtes in Anspruch zu nehmen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung beim FamG haben die Eltern sich geeinigt und eine Umgangsregelung getroffen, die der in den Wochen vor dem Gerichtstermin praktizierten Regelung entsprach.

Das FamG hat den Kindesvater Prozesskostenhilfe bewilligt, die Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten jedoch unter Hinweis auf § 78 Abs. 2 FamFG abgelehnt.

Die hiergegen von dem Kindesvater eingelegte Beschwerde war erfolgreich.

 

Entscheidung

Das OLG wies darauf hin, dass in Umgangsregelungsverfahren die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben sei, dies ergebe sich aus §§ 114, 111 und 112 FamFG. Gemäß § 78 Abs. 2 FamFG sei deshalb den Beteiligten ein Rechtsanwalt nur beizuordnen, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheine. Diese Voraussetzungen waren nach Auffassung des erkennenden Senats im vorliegenden Fall gegeben.

Das OLG vertrat die Auffassung, die Frage, ob eine Sach- und Rechtslage schwierig sei, sei konkret aus der Sicht des antragstellenden Beteiligten zu beurteilen. Es erscheine willkürlich, auf einen objektiven Empfängerhorizont abzustellen, der im konkreten Fall nicht gegeben sei. Es komme deshalb allein darauf an, ob die Sach- und Rechtslage für den jeweiligen Antragsteller schwierig sei und ob es anhand der objektiven und subjektiven Gegebenheiten im konkreten Fall notwendig erscheine, dem Beteiligten einen Rechtsanwalt beizuordnen (s. BGH, Beschl. v. 18.2.2009 - XII ZB 137/08).

Bei Anlegung dieses Maßstabs sei vorliegend dem Antrag auf Beiordnung der bevollmächtigten Rechtsanwältin stattzugeben. Der Kindesvater sei zunächst beim Jugendamt vorstellig geworden, habe dort aber nicht die erhoffte Unterstützung bekommen. Er habe zwar Umgang mit dem Sohn gehabt, diesen aber nur von Fall zu Fall mit der Kindesmutter regeln können. Aus ihrem Abweisungsantrag ergebe sich, dass sie zu einer generellen Regelung nicht bereit gewesen sei. Der Kindesvater habe nicht gewusst, ob er als nichtehelicher Vater Ansprüche nicht nur auf Umgang, sondern auf eine verlässliche Regelung habe und sich deshalb damit zufrieden geben müsse, seinen Sohn von Fall zu Fall zu sehen.

Aus seiner Sicht sei es bei dieser Sachlage notwendig gewesen, sich in dem Verfahren von einer Rechtsanwältin vertreten zu lassen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Hamburg, Beschluss vom 23.03.2010, 10 WF 91/09

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