Das Wichtigste in Kürze:

1. Der Opferschutz im Strafverfahren ist durch die Einführung der sog. psychosozialen Prozessbegleitung in § 406g weiter ausgebaut worden.
2. Nach § 406g Abs. 1 hat jeder Verletzte einen Anspruch auf Beistand durch einen psychosozialen Prozessbegleiter. Der Begriff des "Verletzten" ist inzwischen in § 373b definiert.
3. In § 406g Abs. 3 ist die Möglichkeit vorgesehen, dem Verletzten in bestimmten Fällen einen psychosozialen Prozessbegleiter beizuordnen.
4. Die Grundsätze der psychosozialen Prozessbegleitung und die erforderlichen Qualifikationen für die Personen, die als psychosoziale Prozessbegleiter tätig sein wollen/sollen sind im PsychPbG geregelt.
5. Der psychosoziale Prozessbegleiter ist nicht-rechtlicher Beistand des Verletzten. Er hat kein Zeugnisverweigerungsrecht. Er hat das Recht bei Vernehmungen des Verletzten anwesend zu sein.
 

Rdn 2560

 

Literaturhinweise:

Felix, Beiordnung und Vergütung des psychosozialen Prozessbegleiters – Teil 1, JurBüro 2018, 283

­Ferber, Das 3. Opferrechtsreformgesetz, NJW 2016, 279

ders., Beiordnung und Vergütung des psychosozialen Prozessbegleiters – Teil 1, JurBüro 2018, 340

Helmken, Ein Recht des Tatopfers auf ein faires Strafverfahren? – Zum Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK, StV 2016, 456

Hetger, Neues zum Opferschutz im Strafverfahren

DRiZ 2016, 260

Hillenbrand, Die Neuregelungen zur psychosozialen Prozessbegleitung, StRR 2/2017, 4

ders., Psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren, ZAP F 22., S. 875

Lyndian, Opferzeuge und psychosoziale Prozessgeschichte, StraFo 2018, 6

Neuhaus, Die Psychosoziale Prozessbegleitung nach dem 3. ORRG: Ein verhängnisvoller Irrweg, StV 2017, 55

Pollähne, Zu viel geopfert? Eine Kritik der Viktimisierung von Kriminalpolitik und Strafjustiz. StV 2016, 671

H. Schneider, Die Vergütung nach dem PsychPbG, AGS 2016, 553

Volpert, Anwaltsvergütung und Gerichtskosten bei der psychosozialen Prozessbegleitung, RVGreport 2017, 202

s.a. die Hinw. bei → Nebenklage, Allgemeines, Teil N Rdn 2282, und bei → Zeuge, Vernehmung, Vernehmungsbeistand, Teil Z Rdn 4177.

 

Rdn 2561

1. a) In den letzten Jahrzehnten ist der Opferschutz im Strafverfahren immer weiter ausgebaut worden (vgl. den Überblick bei → Nebenklage, Allgemeines, Teil N Rdn 2282 f.). Dazu gehört auch der Ausbau der Begleitung und Betreuung des Opfers im Laufe des Verfahrens. Ein Instrument der Prozess-/Opferbegleitung war schon in der Vergangenheit die sog. psychosoziale Prozessbegleitung. Sie war bis zum 31.12.2016 in § 406h Abs. 1 Nr. 5 a.F. allerdings lediglich insoweit erwähnt, dass danach der Verletzte auf die Möglichkeit einer psychosozialen Prozessbegleitung hinzuweisen war.

 

Rdn 2562

Dies ist ab 1.1.2017 mit dem Inkrafttreten des zweiten Teils des 3. OpferRRG v. 21.12.2015 und dem dadurch neu gefassten § 406g und dem darin in dessen Art 4. enthaltenen "Gesetz über die psychosoziale Prozessbegleitung (PsychPbG)" grundlegend geändert worden (dazu Hillenbrand StRR 2/2017, 4; ders., ZAP F. 22, S. 875; Neuhaus StV 2017, 55 ff.; Lyndian StraFo 2018, 6 ff.; Felix JurBüro 2018, 283).

 

Rdn 2563

b) Das BMJV hatte die neuen Vorschriften als "Meilenstein des Opferschutzes" (Ferber NJW 2016, 279, 281) angesehen, der neben einer Verbesserung des Opferschutzes einen erheblichen Nutzen für die Justiz bringen soll, da die Aussagetüchtigkeit der Zeugen durch ihre Stabilisierung bei psychosozialer Prozessbegleitung erheblich steige (BT-Drucks. 18/4621, S. 30). Demgegenüber ist die Neuregelung in der strafverfahrensrechtlichen Lit. erheblich kritisiert und darauf hingewiesen worden, dass sie klar auf die Interessen des Verletzten abstelle (Hillenbrand StRR 2/2017, 4) und das Kräfteverhältnis im Strafverfahren weiter zu Ungunsten des Beschuldigten verschoben werde, wenn der (mutmaßlich) Geschädigte/Verletzte – unter den Voraussetzungen des § 406g Abs. 3 sogar kostenfrei – zusätzliche Unterstützung erhält. Zudem wird nicht zu Unrecht die Gefahr der unbewussten Einflussnahme auf das Aussageverhalten der begleiteten Opferzeugen gesehen (zu allem auch Neuhaus StV 2017, 55, der die Neuregelung als einen "verhängnisvollen Irrweg" bezeichnet; krit. ebenfalls Eisenberg, Rn 1327 ff.). Übersehen sollte man schließlich auch nicht, dass die Regelungen das Kostenrisiko des Angeklagten nicht unerheblich erhöhen (dazu Burhoff/Volpert/Volpert, RVG, Teil A Rn 1688 ff.; Volpert RVGreport 2017, 202; Felix JurBüro 2018, 340).

 

☆ Die Regelungen in § 406g und im PsychPbG haben für den Verteidiger/Rechtsanwalt allerdings nur mittelbar Auswirkungen , und zwar insofern, als er sich ggf. auf einen neuen/weiteren Verfahrensbeteiligten einstellen muss. Die nachfolgenden Ausführungen geben dazu einen Überblick, der u.a. auf den Ausführungen von Hillenbrand (a.a.O.) beruht.mittelbar Auswirkungen, und zwar insofern, als er sich ggf. auf einen neuen/weiteren Verfahrensbeteiligten einstellen muss. Die nachfolgenden Ausführungen geben dazu einen Überblick, der u.a. auf den Ausführungen von Hillenbrand (a.a.O.) beruht.

 

Rdn 2564

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