Leitsatz (amtlich)

Ordnet das VormG trotz Vorliegens einer wirksamen Generalvollmacht für den Vollmachtgeber die Bestellung eines Betreuers an, steht dem dadurch übergangenen Bevollmächtigten – auch wenn dieser nicht dem Personenkreis des § 69g Abs. 1 FGG angehört – ein eigenes Beschwerderecht zu.

 

Normenkette

FGG § 20 Abs. 1, § 69g Abs. 1; BGB § 1896

 

Verfahrensgang

LG Landau (Pfalz) (Aktenzeichen 3 T 163/02)

AG Landau (Pfalz) (Aktenzeichen 1 XVII 276/01)

 

Tenor

1. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben, soweit darin unter Ziff. 2) die weiter gehende (Erst-)Beschwerde als unzulässig verworfen und unter Ziff. 3) eine Auslagenerstattung abgelehnt wird; das Verfahren wird insoweit zur erneuten Sachbehandlung und Entscheidung – auch über eine Kostenerstattung im Rechtsbeschwerdeverfahren – an das LG Landau in der Pfalz zurückverwiesen.

2. Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Das VormG hat für den Betroffenen eine Betreuung mit den Aufgabenkreisen „Aufenthaltsbestimmung (inkl. Entscheidung über die Unterbringung), Gesundheitsfürsorge, Vermögensverwaltung, Postkontrolle und Widerruf der Generalvollmacht vom 2.1.1998” angeordnet und den Beteiligten zu 2) als Mitarbeiter eines Betreuungsvereins zum Betreuer bestellt. Gleichzeitig hat es die Beteiligte zu 1) als zuvor im Wege einstweiliger Anordnung bestellte vorläufige Betreuerin mit den Aufgabenkreisen Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung und Postkontrolle entlassen, da sie ungeeignet sei, die Angelegenheiten des Betroffenen zu regeln. Die Beteiligte zu 1) stellt Letzteres in Abrede. Sie weist auf eine ihr vom Betroffenen am 2.1.1998 erteilte „Generalvollmacht” hin, wonach sie befugt sei, den Betroffenen in allen Rechtsgeschäften zu vertreten. Wörtlich heißt es u.a.: „Die Vollmacht beinhaltet, mich in allen persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten, soweit dies gesetzlich zulässig ist, gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten.”

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) hat das LG die Entlassungsentscheidung als verfahrensrechtlich überholt aufgehoben, i.Ü. jedoch das Rechtsmittel als unzulässig verworfen. Nach Ansicht der Kammer ist die Beteiligte zu 1), die die Beschwerde ausdrücklich nur eigenen Namens eingelegt habe, hinsichtlich der Betreuerbestellung nicht beschwerdeberechtigt. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen und der Beteiligten zu 1), mit der sie gemeinsam die weiter gehende Aufhebung der Beschlüsse des A- und LG erstreben.

II. 1. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist statthaft und auch i.Ü. verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden (§§ 27 Abs. 1, 29 Abs. 1 und 4 FGG). Die Beschwerdeberechtigung der Betreuerin folgt bereits aus dem Umstand, dass ihre Erstbeschwerde ohne Erfolg geblieben ist. Dabei ist es für die Zulässigkeit der weiteren Beschwerde unerheblich, ob die Erstbeschwerde statthaft war. Denn es entspricht einem allgemeinen Grundsatz des Verfahrensrechts der streitigen und der freiwilligen Gerichtsbarkeit, dass ein weiteres Rechtsmittel ohne Rücksicht hierauf immer dann eröffnet ist, wenn das erste Rechtsmittel als unzulässig verworfen wurde (vgl. etwa zum WEG-Verfahren BGH v. 17.9.1992 – V ZB 21/92, MDR 1992, 1177 = NJW 1992, 3305; allgemein Keidel/Kuntze/Winkler/Kahl, 14. Aufl., § 27 FG Rz. 7 m.w.N.).

2. Auch die weitere Beschwerde des Betroffenen selbst ist statthaft und verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden (§§ 27 Abs. 1, 29 Abs. 1 und 4 FGG). Zwar unterliegt es insoweit keiner Beanstandung, dass die Kammer lediglich von einer Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) ausgegangen ist. Hinsichtlich verfahrensrechtlicher Erklärungen gilt, dass das Gericht nach Möglichkeit den Willen des Erklärenden zu erforschen hat. Dabei kann aber nur der Wille in Betracht kommen, der in der Erklärung verkörpert ist (vgl. Keidel/Kayser, FG, 14. Aufl., § 11 Rz. 435). Dazu hat das LG nach dem Inhalt der Beschwerdeschreiben zutreffend erkannt, dass sich eine Beschwerdeeinlegung im Namen des Betroffenen aus den eingereichten Schreiben und Schriftsätzen nicht ansatzweise herleiten lässt. Ist das Rechtsmittel aber – wie hier – nicht fristgebunden, kann die weitere Beschwerde auch von einem Beteiligten eingelegt werden, der von seinem Recht zur Erstbeschwerde keinen Gebrauch gemacht hat (vgl. Keidel/Kahl, 14. Aufl., § 27 FG Rz. 11). Die Generalvollmacht, von deren Wirksamkeit für das Rechtsbeschwerdeverfahren auszugehen ist, ermächtigt die Beteiligte zu 1) auch zur gerichtlichen Vertretung des Betroffenen.

3. In der Sache führt die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu einem vorläufigen Erfolg. Der angefochtene Beschluss beruht auf einer Verletzung des Rechts (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).

a) Nachdem bereits das LG die vom VormG ausgesprochene Entlassung der Beteiligten zu 1) als (vorläufige) Betreuerin aufgehoben hat, ist Gegenstand des Verfahrens noch die Anfechtung der Bestellung und Auswahl des Betreuers umfassenden Einheitsentscheidung n...

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