Leitsatz (amtlich)

Die großzügigen Maßstäbe, die hinsichtlich der Hinzufügung des bisherigen Familiennamens bei der Volljährigenadoption gelten, sind auch auf die Adoption eines Minderjährigen anzuwenden, der wenige Wochen nach dem Erlass des Annahmebeschlusses volljährig wird.

 

Normenkette

BGB § 1757 Abs. 4 S. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

AG Kandel (Beschluss vom 15.10.2015)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Angenommenen wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Kandel vom 15.10.2015 in seinen Nr. 2 und 3. geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Angenommene führt nunmehr den Geburtsnamen A.-B.

2. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Im Rahmen ihrer durch Beschluss das AG - Familiengericht - Kandel vom 15.10.2015 ausgesprochenen Annahme als Kind begehrt die Angenommene mit ihrer Beschwerde noch die Voranstellung ihres bisherigen Familiennamens A. zu dem durch die Adoption begründeten neuen Familiennamen B. und hat damit in der Sache Erfolg.

Die Beschwerde ist zulässig. Insbesondere war die mittlerweile volljährige Angenommene bereits zum Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde als beschränkt geschäftsfähige gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG verfahrensfähig (vgl. Keidel, FamFG 18. Aufl. § 9 Rn. 14, § 188 Rn. 10 f.) und damit auch zur Beschwerde berechtigt (Keidel a.a.O., Rn. 3).

Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Der Senat entscheidet dabei gemäß § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG ohne erneuten Anhörungstermin.

Gemäß § 1757 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 BGB kann das Familiengericht auf Antrag des Annehmenden und mit Einwilligung des Kindes mit dem Ausspruch der Annahme eine solche Voranstellung des bisherigen Familiennamens vornehmen, wenn dies aus schwerwiegenden Gründen zum Wohl des Kindes erforderlich ist.

Die formalen Voraussetzungen für diese Maßnahme sind erfüllt. Sie ist auch in der Sache berechtigt. Nach allgemeiner Auffassung liegen die erforderlichen schwerwiegenden Gründe bereits dann vor, wenn dem Wohl des Kindes mit der geänderten Namensführung erheblich besser gedient ist. Es ist dabei auch die allgemein gelockerte Auffassung von der Funktion des Namens zu berücksichtigen. Eine Hinzufügung des bisherigen Familienamens kommt dabei zwar bei kleineren Kindern kaum in Betracht, während bei älteren Kindern zu berücksichtigen ist, dass sie bereits unter ihrem alten Namen gesellschaftlich aufgetreten sind (zum Ganzen: MK-BGB, 6. Aufl. § 1757 Rn. 28; Staudinger, BGB 2007 § 1757 Rn. 21).

Bei der Volljährigenadoption sind die Voraussetzungen der Vorschrift großzügig auszulegen, weil der Angenommene bereits lange unter seinem bisherigen Namen gesellschaftlich aufgetreten ist; dem Wunsch des Angenommenen ist hier regelmäßig zu entsprechen (OLG Celle FamRZ 1997, 115, 116; LG Köln FamRZ 2012, 505; Staudinger aaO.).

Hier wurde die Adoption wenige Wochen vor dem 18. Geburtstag der Angenommenen ausgesprochen. Rechtlich gesehen liegt damit weiterhin eine Minderjährigenadoption vor, weil es auf den Stichtag des Erlasses des Annahmebeschlusses ankommt (vgl. MK-BGB a.a.O., § 1741 Rn. 9, § 1752 Rn. 42). In ihren tatsächlichen Auswirkungen kommt die Annahme als Kind hier aber einer Volljährigenadoption gleich, so dass die dafür geltenden großzügigeren Maßstäbe auch hier anzuwenden sind.

Die Angenommene hat ihren Wunsch nach der Hinzufügung des ursprünglichen Namens wie folgt begründet: Sie wolle - gerade auch für künftige Bewerbungen - die Zuordnung ihr früher erteilter Schulzeugnisse gewährleisten und auch an ihr bisheriges Auftreten an dem Gymnasium, das sie noch gut ein Jahr besuchen wird, in ihrem sonstigen Bekanntenkreis und in von ihr genutzten sozialen Netzwerken problemfrei anknüpfen.

Nach der Bewertung des Senats ist damit die erstrebte Führung des Doppelnamens gerechtfertigt. Die Gefahr eines künftigen Dreifach-Namens im Falle einer Eheschließung besteht nach der Regelung des § 1355 Abs. 4 BGB nicht (vgl. auch dazu OLG Celle FamRZ 1997, 115, 116).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 FamFG. Anlass zur Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 70 FamFG) besteht nicht. Der Verfahrenswert richtet sich nach § 42 FamGKG; der gegenüber der 1. Instanz eingeschränkte Verfahrensgegenstand ist berücksichtigt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 8999979

NJW 2016, 6

FamRZ 2016, 990

FuR 2016, 425

NJW-RR 2016, 262

NJ 2016, 5

StAZ 2016, 278

FamRB 2016, 191

ZKJ 2016, 109

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