Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich: Anfechtbarkeit einer gerichtlichen Anordnung zur Mitwirkung bei Klärung von Lücken im Versicherungsverlauf

 

Leitsatz (amtlich)

Die mit einem Hinweis auf die Folgen der Zuwiderhandlung verbundene gerichtliche Anordnung zur Mitwirkung im Verfahren über den Versorgungsausgleich ist nicht mit Rechtsmitteln anfechtbar.

 

Normenkette

FamFG §§ 220, 58 Abs. 1, § 35 Abs. 2, 5; ZPO §§ 567 ff.

 

Verfahrensgang

AG Bad Dürkheim (Beschluss vom 07.09.2010; Aktenzeichen 2 F 84/10)

 

Tenor

I. Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Wert des Beschwerdegegenstands wird auf 300 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit Beschluss vom 7.9.2010 hat das AG - Familiengericht - Bad Dürkheim der Antragstellerin gem. § 220 FamFG auferlegt, innerhalb von 2 Wochen ab Zustellung dieser Anordnung dem Gericht gegenüber die Lücken in ihrem Versicherungsverlauf entsprechend dem Schreiben ihres Versorgungsträgers vom 2.9.2010 aufzuklären und die notwendigen Unterlagen vorzulegen.

Der Beschluss enthielt gem. § 35 Abs. 2 FamFG den Hinweis, dass im Fall der Nichtbefolgung der gerichtlichen Anordnung ein Zwangsgeld bis zu 25.000 EUR, ersatzweise Zwangshaft von bis zu 6 Monaten verhängt werden könne.

In der Rechtsbehelfsbelehrung wies das Familiengericht darauf hin, dass gegen diese Entscheidung das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gemäß den §§ 567 ff. ZPO stattfinde.

Mit ihrem Rechtsmittel macht die Antragstellerin geltend, ihr sei das Schreiben ihres Versorgungsträgers vom 2.9.2010 nicht übersandt worden.

II. Die Beschwerde ist - entgegen dem Inhalt der erstinstanzlichen Rechtsbehelfsbelehrung - schon nicht statthaft.

Bei gerichtlichen Anordnungen und Ersuchen nach § 220 FamFG, die unmittelbar an einen Beteiligten gerichtet sind, handelt es sich um nicht selbständig anfechtbare Zwischenentscheidungen. Nach den Regelungen des FamFG sind Zwischen- und Nebenentscheidungen grundsätzlich nicht selbständig anfechtbar, es sei denn, die selbständige Anfechtbarkeit ist ausdrücklich im Gesetz vorgesehen (vgl. BT-Drucksache 16/6308 S. 203). Eine solche selbständige Anfechtbarkeit, die in mehreren Vorschriften des FamFG durch die Formulierung - Der Beschluss ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 - 572 ZPO anfechtbar- vorgesehen ist, findet sich in der Bestimmung des § 220 FamFG nicht. Auch wenn der Beschluss einen Hinweis auf die Möglichkeit der Verhängung von Zwangsmitteln bei Zuwiderhandlung enthält (früher: Androhung der Zwangsmittel), ist er im Gegensatz zum früheren Recht mangels einer entsprechenden ausdrücklichen Regelung in § 35 FamFG nicht selbständig anfechtbar (vgl. Stein in MüKo. zum FamFG Rz. 68 zu § 220 FamFG; vgl. auch Kemper in Horndasch/Viefhues in Kommentar zum FamFG 2. Aufl. Rz. 25 zu § 220 FamFG).

Auch die systematische Auslegung der Bestimmung des § 35 FamFG lässt auf einen entsprechenden Willen des Gesetzgebers schließen. In dessen Abs. 2 ist nämlich ausdrücklich geregelt, dass die gerichtliche Anordnung - Verpflichtung zur Vornahme oder Unterlassung einer Handlung - den Hinweis auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen die Entscheidung zu enthalten hat; gleichwohl eröffnet dessen Abs. 5 den Beschwerderechtszug ausdrücklich nur für die Anordnung der Zwangsmaßnahme selbst. Daraus ist ohne weiteres zu folgern, dass eine isolierte Überprüfung der Rechtmäßigkeit der sog. Grundentscheidung im Beschwerderechtszug nicht stattfinden, dagegen erst im Rahmen der Vollstreckung derselben erfolgen sollte.

Damit ist zwar eine Schlechterstellung der Beteiligten im Vergleich zum bisherigen Recht verbunden (s. dazu Stein, a.a.O., Rz. 69 zu § 220 FamFG); dies ist jedoch im Hinblick auf den eindeutigen Willen des Gesetzgebers hinzunehmen.

Der gegenteiligen Auffassung von Zimmermann (s. hierzu Keidel FamFG 16. Aufl. Rz. 65 zu § 35 FamFG) vermag sich der Senat dagegen nicht anzuschließen.

Diese Auffassung gründet nämlich auf der rechtsmethodisch unrichtigen Annahme, die gerichtliche Anordnung über die Vornahme oder Unterlassung einer Handlung sei bereits eine Entscheidung i.S.v. § 58 Abs. 1 FamFG, die den Verfahrensgegenstand zumindest teilweise erledige.

Eine Endentscheidung i.S.v. § 58 Abs. 1 FamFG liegt nämlich nur dann vor, wenn der Verfahrensgegenstand selbst - hier die Regelung des Versorgungsausgleichs - im Instanzenzug zumindest teilweise erledigt wird (vgl. hierzu Meyer-Holz in Keidel, a.a.O., Rz. 4 zu § 58 FamFG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.

Den Wert des Beschwerdegegenstands hat der Senat in entsprechender Anwendung des § 3 ZPO festgesetzt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2612924

FamRZ 2011, 1089

FuR 2011, 358

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge