Leitsatz (amtlich)

Zur Unzulässigkeit einer Berufung wegen bloß "formaler" Unterzeichnung der Berufungsbegründungsschrift durch den anwaltlichen Prozessbevollmächtigten des Rechtsmittelführers.

 

Normenkette

ZPO § 520

 

Verfahrensgang

LG Frankenthal (Pfalz) (Urteil vom 22.04.2009; Aktenzeichen 3 O 424/08)

 

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Teilurteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des LG Frankenthal (Pfalz) vom 22.4.2009 wird als unzulässig verworfen.

II. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger ist Zwangsverwalter eines verpachteten Grundstücks. Er verlangt von dem verklagten Pächter des Objekts im Wege der Stufenklage Auskunft über die Bedingungen des Pachtvertrages, Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben an Eides Statt sowie die Zahlung von Pacht in einer nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe.

Das LG hat durch das angefochtene Teilurteil dem Klagebegehren auf der ersten Stufe entsprochen und den Beklagten zur Erteilung der verlangten Auskunft sowie zur Vorlage des Pachtvertrages samt sämtlicher Nachträge und Zusatzvereinbarungen verurteilt.

Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung.

II. Das Rechtsmittel ist aus unterschiedlichen Gründen unzulässig und deshalb nach § 522 Abs. 1 ZPO im Beschlusswege zu verwerfen.

Zum einen ist die Berufung entgegen § 520 ZPO nicht ordnungsgemäß begründet (dazu nachfolgend 1.). Zum anderen erreicht die Beschwer des Beklagten durch das erstinstanzliche Urteil, welches keinen Ausspruch über die Zulassung der Berufung enthält, nicht die in § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO normierte Erwachsenheitssumme von mehr als 600 EUR (dazu nachfolgend 2.).

1. Das Berufungsverfahren ist als Anwaltsprozess zu führen (§ 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Es ist anerkannten Rechts, dass der anwaltliche Unterzeichner einer Berufungsbegründung die uneingeschränkte Verantwortung für den Inhalt derselben übernehmen und dies auch zum Ausdruck kommen muss. Mit den Regelungen über den Anwaltszwang und über den notwendigen Inhalt einer Berufungsbegründung (§ 520 Abs. 3 ZPO) soll erreicht werden, dass ein mit dem Verfahren vertrauter Rechtsanwalt dem Gericht und dem Gegner den Sachverhalt unter bestimmter Bezeichnung der im Einzelnen auszuführenden Anfechtungsgründe nach persönlicher Durcharbeitung des Prozessstoffs vorträgt. Die Berufungsbegründung muss deshalb Ergebnis der geistigen Arbeit des Berufungsanwalts sein; es muss feststehen, dass der unterzeichnende Anwalt auf Grund selbständiger Prüfung die volle Verantwortung für den Schriftsatz übernimmt (vgl. BGH NJW 2008, 1311, 1312 m.w.N. = MDR 2008, 644 = FamRZ 2008, 876).

Zwar begnügt sich das Gesetz hinsichtlich dieser Anforderung grundsätzlich mit dem äußeren Umstand der Unterschrift und hat im Streitfall der Prozessbevollmächtigte des Beklagten den berufungsbegründenden Schriftsatz vom 4.8.2009 mit seiner Unterschrift versehen.

Eine bloß "formale" Unterschrift des Rechtsanwalts genügt aber dann nicht, wenn auf Grund von als distanzierend zu wertenden Formulierungen anzunehmen ist, dass der anwaltliche Vertreter die in der Rechtsmittelbegründung erhobenen Rügen nicht als eigenverantwortete Berufungsangriffe vortragen will.

So liegen die Dinge hier.

Die Berufungsbegründung verhält sich mit keinem Wort zu den tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen, aus denen das LG dem Auskunftsverlangen des Klägers in der Sache entsprochen hat. Stattdessen wird in der Rechtsmittelbegründung (Bl. 106, 107 d.A.) in allgemeinen Wendungen, die zu dem erstinstanzlichen Urteil keinen Bezug haben, u.a. mitgeteilt, der Berufungsführer (und nicht etwa der unterzeichnende Rechtsanwalt) "(melde) für das gesamte Verfahren grundsätzliche rechtsstaatliche Bedenken an ...", er (der Mandant) lasse Bezug nehmen auf eigene ausführliche Stellungnahmen ggü. dem AG Ludwigshafen am Rhein im Zwangsverwaltungsverfahren und werfe zudem die grundsätzliche Frage auf, "ob im derzeitigen Rechtssystem bundesrepublikanischer Prägung überhaupt der gesetzliche Richter nach Art. 101 GG vorzufinden ist". "In diesem Sinne", heißt es abschließend,"(wolle) der (Rechtsmittelkläger) seine Berufungsziele verstanden wissen."

Wegen der nach dem gesamten Inhalt und der Diktion der Berufungsbegründung deshalb entstandenen Zweifel an der Übernahme der Verantwortung dafür durch den Prozessbevollmächtigten des Beklagten ist diesem mit Verfügung vom 23.9.2009 Gelegenheit zur entsprechenden Äußerung gegeben worden. Auf dieses Befragen durch das Gericht hat der Prozessbevollmächtigte nicht reagiert. Deshalb steht hier zur Überzeugung des Senats fest, dass sich der Rechtsanwalt trotz "formeller Unterschrift" den offensichtlich von der Partei selbst herrührenden Inhalt der Rechtsmittelbegründung gerade nicht in eigener Verantwortung zu Eigen machen wollte.

2. Unabhängig von dem Vorstehenden ist die Berufung auch deshalb unzulässig, weil der Wert des Beschwerdegegensta...

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