Entscheidungsstichwort (Thema)

Betreiber eines Tierheims als Tierhalter

 

Normenkette

BGB § 833 Sätze 1-2

 

Verfahrensgang

LG Kaiserslautern (Urteil vom 18.03.2004; Aktenzeichen 4 O 940/03)

 

Gründe

I. Der Beklagte wird darauf hingewiesen, dass seine Berufung gegen das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des LG Kaiserslautern vom 18.3.2004 keine Aussicht auf Erfolg hat. Der Senat beabsichtigt deshalb, das Rechtsmittel gem. § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO - dessen Voraussetzungen auch im Übrigen vorliegen - zurückzuweisen.

Der Beklagte ist der Klägerin zum Schadensersatz wegen der Beschädigung ihres Fahrzeuges verpflichtet, weil das Fahrzeug der Klägerin durch einen von dem Beklagten gehaltenen Schäferhund beschädigt wurde (§ 833 S. 1, § 249 BGB).

Das LG hat den Beklagten wegen der von dem Hund ausgehenden Tiergefahr aufgrund einer Haftungsverteilung von 80 : 20 zu Lasten des Beklagten zum Schadensersatz verurteilt und dabei die Möglichkeit des Beklagten, sich wegen der Eigenschaft des Hundes als Nutztier zu entlasten (§ 833 S. 2 BGB), verneint. Hiergegen wendet sich die Berufung des Beklagten ohne Erfolg.

1. Bei der Beurteilung des streitgegenständlichen Sachverhaltes hat der Senat von den entscheidungserheblichen Feststellungen des LG auszugehen (vgl. § 529 Abs. 1 Ziff. 1 Halbs. 1 ZPO). Konkrete und entscheidungserhebliche Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Feststellungen begründen könnten und deshalb erneute Feststellungen gebieten würden, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich (vgl. § 529 Abs. 1 Ziff. 1 Halbs. 2, Abs. 2 S. 1 ZPO).

2. Der vom LG festgestellte Sachverhalt rechtfertigt keine andere Entscheidung (vgl. § 513 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO).

a) Die Auffassung des LG, der Beklagte sei Halter des bei dem Unfall vom 19.7.2003 tödlich verletzten Hundes i.S.d. § 833 S. 1 BGB, ist nicht von Rechtsfehlern beeinflusst.

Tierhalter ist, wem die Bestimmungsmacht über das Tier zusteht und wer aus eigenem Interesse für die Kosten des Tieres aufkommt und das wirtschaftliche Risiko seines Verlustes trägt (BGH v. 19.1.1988 - VI ZR 188/87, MDR 1988, 571 = NJW-RR 1988, 655 [656]). Das Merkmal der Haltereigenschaft dient der Zuordnung der Gefahrenquelle zum Gefahrenverantwortlichen, also zu derjenigen Person, die das Tier im eigenen Interesse nutzt und über seine Verwendung und Existenz entscheidet. Deshalb liegt die Haltereigenschaft regelmäßig beim Eigentümer oder der Person, die sich wie ein Eigentümer verhält (Lorenz, Gefährdungshaftung des Tierhalters, S. 328).

Dies zugrunde gelegt, kann die Haltereigenschaft des Beklagten keinen Zweifeln unterliegen. Die früheren Eigentümer des Tieres haben das Tier in dem vom Beklagten betriebenen Tierheim abgegeben und sich damit auch ihrer Bestimmungsbefugnis über das Tier entledigt. Nach dem unstreitigen Sachvortrag der Parteien entscheidet nunmehr allein der Beklagte, ob und an wen das Tier, ggf. zu welchen Bedingungen, abgegeben wird. Zwar führt ein vorübergehender Besitzverlust nicht zum Verlust der Haltereigenschaft (BGH VersR 1978, 515) mit der Folge, dass die Haltereigenschaft eines Tierheimes nicht begründet wird, wenn ein Tierheim dem Eigentümer entlaufene Tiere vorübergehend aufnimmt, um das Tier seinem Besitzer zurückzugeben. Eine solche Fallkonstellation lag hier aber ersichtlich nicht vor.

b) Zu Recht hat das LG die Möglichkeit der Entlastung nach § 833 S. 2 BGB verneint. Bei dem entlaufenen Schäferhund handelt es sich nicht um ein Nutztier im Sinne dieser Vorschrift.

Die Gefährdungshaftung greift nur bei solchen Haustieren nicht ein, die dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters, also einem kommerziellen Zweck zu dienen bestimmt sind (Wagner in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 833 Rz. 36). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der beklagte Verein hat keinen kommerziellen Zweck, der durch den Verkauf des Hundes gefördert werden könnte. Dies ergibt sich aus der Satzung des beklagten Vereines, der sich eine gemeinnützige Zweckbestimmung (§ 2 der Satzung des Beklagten vom 20.10.2001) gegeben hat. Zwar beabsichtigte der Beklagte, den Hund gegen Zahlung eines Geldbetrages abzugeben. Hieraus folgt jedoch keine Gewinnerzielungsabsicht, wie sie mit einem Handeltreiben einhergeht. Die in dieser Form erzielten Einnahmen des Vereins dienen der Aufrechterhaltung des mit Kosten verbundenen Betriebes des Tierheimes. Wegen dieser Einnahmen hat der Beklagte das Tier nicht angeschafft. Ihm kommt deshalb die Eigenschaft eines Nutztieres nicht zu. In der Folge kommt es auf die vom beklagten Verein aufgestellte Behauptung, der vorhandene Zaun biete im Allgemeinen ausreichenden Schutz vor dem Entlaufen der aufgenommenen Hunde, nicht an.

c) Die vom Erstrichter vorgenommene - im Hinblick auf die dem Erstrichter überlassene tatrichterliche Würdigung nur eingeschränkt im Berufungsverfahren überprüfbare - Abwägung der Verursachungsbeiträge (OLG Hamm v. 13.5.2003 - 9 U 13/03, OLGReport Hamm 2003, 356 = MDR 2003, 1249) unterliegt ebenfalls keinen durchgre...

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