Leitsatz (amtlich)

Als Gebühr nach § 118 BRAGO ist in der Praxis im Normalfall der Mittelwert der einschlägigen Rahmengebühr, also 7,5/10, anzusetzen, während der Mindestwert nur bei einem mindestbemittelten Auftraggeber und nur dann in Betracht kommt, wenn die Sache gleichzeitig einfach liegt und keine Schwierigkeiten bereitet (Hartmann, Kostengesetze, 33. Aufl., § 12 BRAGO Rz. 13, 17).

 

Verfahrensgang

AG Germersheim (Beschluss vom 15.07.2002; Aktenzeichen 1 F 477/01)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde wird der angefochtene Beschluss geändert:

Die den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung wird gem. § 123 BRAGO auf 498,20 Euro festgesetzt.

II. Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

III. Das Verfahren über die Beschwerde ist gerichtsgebührenfrei.

Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die Beschwerdeführer wurden der Antragsgegnerin durch Beschluss des AG – FamG – Germersheim vom 21.1.2002 für das Verfahren erster Instanz, welches die Antragsteller mit Schriftsatz vom 14.11.2001 eingeleitet hatten, beigeordnet. Das Verfahren ist in der mündlichen Verhandlung vom 3.12.2001 durch eine Umgangsvereinbarung, welche vom FamG bestätigt wurde, beendet worden. Über einen Antrag der Antragsteller vom 14.11.2001 auf Erlass einer vorläufigen Anordnung wurde nicht entschieden. Der Gegenstandswert wurde durch Beschluss des FamG vom 3.12.2001 auf 5.000 DM für die Hauptsache und 1.000 DM für das Verfahren der vorläufigen Anordnung festgesetzt.

Mit Antrag vom 14.2.2002 haben die Beschwerdeführer die Festsetzung ihrer Vergütung i.H.v. 583,31 Euro begehrt. Der Urkundsbeamte hat mit Beschluss vom 5.3.2002, welcher auf Erinnerung der Beschwerdeführer vom FamG mit Beschluss vom 15.7.2002 bestätigt worden ist, die Vergütung auf 403,31 Euro, entsprechend je einer 5/10-Prozess- und -Verhandlungsgebühr und einer 10/10-Vergleichsgebühr aus einem Streitwert von 5.000 DM nach altem Gebührenrecht zzgl. 400 DM Auslagenpauschale und 16 % Mehrwertsteuer, festgesetzt.

Hiergegen wenden sich die Beschwerdeführer mit ihrem Rechtsmittel, mit dem sie Festsetzung entsprechend ihrem ursprünglichen Antrag erstreben.

I. Das Rechtsmittel ist gem. § 128 Abs. 4 S. 1 BRAGO statthaft. Auf das Beschwerdeverfahren finden gem. den §§ 128 Abs. 1 S. 2, 10 Abs. 3 S. 4 BRAGO die für die Beschwerde in der Hauptsache geltenden Verfahrensvorschriften Anwendung.

Die Hauptsache ist vorliegend ein selbständiges Verfahren zur Änderung einer Regelung des Umgangsrechts bzw. zur Regelung des Umgangsrechts gem. § 621 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, für welches gem. § 621a Abs. 1 S. 1 ZPO die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) anzuwenden sind. Über die Beschwerde hat das OLG gem. § 64 Abs. 3 S. 1 FGG zu entscheiden. Eine Verweisung auf § 568 ZPO, dass das Beschwerdegericht durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter zu entscheiden habe, besteht nicht.

II. Das Rechtsmittel führt in der Sache teilweise zum Erfolg. Den Beschwerdeführern steht gem. § 123 BRAGO eine aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung i.H.v. … Euro zu.

1. Auszugehen ist von dem vom FamG auf 5.000 DM festgesetzten Streitwert. Ein Streitwert für die vorläufige Anordnung ist nicht anzusetzen. Bis zum 1.1.2002 handelte es sich bei einer vorläufigen Anordnung innerhalb einer isolierten Familiensache gebührenrechtlich um einen unselbständigen Zwischenstreit i.S.d. § 37 Nr. 7 BRAGO, für den keine Gebühren anfallen. Vielmehr ist die Tätigkeit insoweit mit den Gebühren in der Hauptsache abgegolten (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 22.8.2001 – 6 WF 35/01, OLGReport Zweibrücken 2002, 104).

2. Die Höhe der Gebühr ergibt sich aus § 118 BRAGO, nicht § 31 BRAGO. Danach stehen dem Rechtsanwalt 5/10 bis 10/10 der vollen Gebühr zu für das Betreiben des Geschäfts (Verfahrensgebühr) und die Mitwirkung bei der mündlichen Verhandlung (Verhandlungs-/Erörterungsgebühr), wobei sich gem. § 12 BRAGO die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, insb. der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen des Anwalts richtet.

Dabei ist in der Praxis im Normalfall von dem Mittelwert der einschlägigen Rahmengebühr, also 7,5/10, auszugehen, während der Mindestwert nur bei einem mindestbemittelten Auftraggeber und nur dann in Betracht kommt, wenn die Sache gleichzeitig einfach liegt und keine Schwierigkeiten bereitet (Hartmann, Kostengesetze, 28. Aufl., § 12 BRAGO Rz. 13, 17). In Anbetracht des Umstandes, dass vorliegend die Antragsgegnerin sich gegen die Geltendmachung des Umgangsrechts durch den Vater des Kindes und die Großeltern des Kindes zu verteidigen hatte und die rechtliche Wertung, ob alleine durch die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung des Epilepsiezentrums K. vom 13.3.2001 die Voraussetzungen für eine Änderung der mit dem Vater bereits früher getroffenen Umgangsrechtsvereinbarung vorgelegen haben, ersc...

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