Leitsatz (amtlich)

Die Neuregelung des § 520 Abs. 2 ZPO über den Lauf der Berufungsbegründungsfrist gilt auch dann, wenn mit der Einlegung der Berufung bis zur Entscheidung über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe abgewartet wird. Den Belangen der mittellosen Partei kann insoweit durch die Gewährung der Wiedereinsetzung Rechnung getragen werden; diese setzt aber voraus, dass nach Zustellung der Entscheidung über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe innerhalb von zwei Wochen zumindest auch ein Antrag auf Verlängerung der Begründungsfrist gestellt wird.

 

Normenkette

ZPO §§ 114, 234, 236 Abs. 2 S. 2, § 520 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Ludwigshafen (Aktenzeichen 5d F 164/01)

 

Tenor

1. Der Klägerin wird die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung ihrer Berufung gegen das Urteil des AG – FamG – Ludwigshafen am Rhein vom 22.2.2002 versagt.

2. Die Berufung wird als unzulässig verworfen.

3. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

 

Gründe

1. Das AG – FamG – Ludwigshafen am Rhein hat durch das angefochtene Urteil vom 22.2.2002, das auf die mündliche Verhandlung vom 11.1.2002 ergangen ist, der auf Zahlung von Trennungs- und Kindesunterhalt gerichteten Klage nur teilweise stattgegeben und diese i.Ü. abgewiesen. Das Urteil wurde der Klägerin am 28.2.2002 zugestellt. Durch Antrag vom 28.3.2002, bei Gericht eingegangen am selben Tag und gestellt durch ihren nunmehrigen Prozessbevollmächtigten, hat die Klägerin Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Berufung beantragt, mit der sie ihre erstinstanzlich gestellten Anträge weiterverfolgen wolle. Durch Beschluss vom 6.5.2002, der Klägerin zugestellt am 14.5.2002, hat der Senat dem Prozesskostenhilfeantrag teilweise entsprochen und der Klägerin insoweit zur Wahrnehmung ihrer Rechte ihren nunmehrigen Prozessbevollmächtigten beigeordnet. Durch Schriftsatz vom und bei Gericht eingegangen am 28.5.2002 hat dieser für die Klägerin Berufung eingelegt und beantragt, ihr gegen die Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Auf Hinweis des Senatsvorsitzenden vom 11.6.2002, wonach die eingelegte Berufung mangels rechtzeitiger Begründung als unzulässig zu verwerfen sein könnte, hat die Klägerin durch Schriftsatz vom und bei Gericht eingegangen am 27.6.2002 die Berufung begründet und gleichzeitig einen vorsorglichen Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Begründungsfrist gestellt. Die Klägerin ist der Auffassung, bereits der Schriftsatz vom 28.5.2002 sei als Wiedereinsetzungsantrag auch hinsichtlich der Begründungsfrist auszulegen; es sei offensichtlich gewesen, dass die eingelegte Berufung auch begründet werden solle, da sonst die begehrte Wiedereinsetzung in die Einlegungsfrist sinnlos sei. In verfassungs- und prozesskonformer Auslegung des § 520 ZPO sei der Klägerin auf jeden Fall eine angemessene Frist zur Berufungsbegründung einzuräumen.

2. Die Berufung ist gem. § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil sie entgegen § 520 Abs. 2 ZPO nicht rechtzeitig – innerhalb von 2 Monaten nach Zustellung des Urteils – begründet worden ist. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in die Begründungsfrist kann nicht entsprochen werden, weil er entgegen § 234 ZPO nicht innerhalb von 2 Wochen nach Behebung des der Prozesshandlung zunächst entgegenstehenden Hindernisses gestellt und jedenfalls entgegen § 236 Abs. 2 S. 2 ZPO die versäumte Prozesshandlung nicht innerhalb der Frist nachgeholt worden ist.

Das in der Mittellosigkeit der Klägerin liegende Hindernis für eine ordnungsgemäße Durchführung der Berufung war mit Zustellung des Senatsbeschlusses vom 11.6.2002 über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe weggefallen. Gemäß § 234, 236 ZPO musste die Klägerin nunmehr innerhalb einer zweiwöchigen Frist die Wiedereinsetzung beantragen und die versäumten Prozesshandlungen nachholen.

Dieses Erfordernis galt auch hinsichtlich der Begründung der Berufung. Gemäß § 26 Nr. 5 EGZPO ist auf das Rechtsmittel der Klägerin die ZPO in der seit 1.1.2002 geltenden Fassung anzuwenden, weil die mündliche Verhandlung 1. Instanz nach diesem Zeitpunkt geschlossen worden ist. Nach Urteilszustellung am 28.2.2002 war die durch § 520 Abs. 2 n.F. ZPO bestimmte Begründungsfrist von 2 Monaten mit dem 29.4.2002 (Montag) abgelaufen, ohne dass sie durch Einreichung einer Begründungsschrift oder eines Antrags auf Verlängerung der Frist (§ 520 Abs. 2 S. 2 und 3 ZPO) gewahrt worden wäre.

Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes wurde dieser Fristablauf durch den von der Klägerin gestellten Antrag auf Prozesskostenhilfe nicht berührt. Zwar hat der Gesetzgeber die besondere Problematik derartiger, dem eigentlichen Berufungsverfahren vorausgehender Prozesskostenhilfe-Prüfungsverfahren bei der mit der Neufassung der ZPO getroffenen Regelung der Berufungsbegründungsfrist anscheinend nicht bedacht (vgl. BT-Drucks. 14/4733, 95 f.). Dies erfordert aber nicht die von der Klägerin verlangte, vom Wortlaut des Gesetzes absehende „v...

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