Leitsatz (amtlich)

Ein vertraglich vereinbarter Ausschluss der Minderung durch Einbehalt eines Teils der Miete ist auch dann wirksam und kommt auch dann zum Zuge, wenn sich der Vermieter in Vermögensverfall befindet und der Mieter Gefahr läuft, den ihm bereicherungsrechtlich zustehenden Anspruch bei isolierter Geltendmachung der Minderung nicht durchsetzen zu können. Der Mieter ist jedoch dadurch geschützt, dass er in Höhe des maximal denkbaren Minderungsbetrags nur zur Zahlung Zug um Zug gegen Sicherheitsleistung verpflichtet ist.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 536d, 812

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 20.03.2008; Aktenzeichen 14 O 424/07)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 14. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 20.3.2008 - 14 O 424/07 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt gefasst:

I.1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kreissparkasse W 63.020 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 4.330 EUR seit dem 5.6.2007, aus weiteren 6.330 EUR seit dem 5.7.2007, aus weiteren 14.280 EUR seit dem 2.8.2007 und aus jeweils weiteren 9.520 EUR seit dem 4.8.2007, dem 5.9.2007, dem 5.10.2007 und dem 6.11.2007 zu zahlen, wobei 23.900 EUR hiervon Zug um Zug gegen Bewirkung einer Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % dieses Betrages oder eines hiervon geforderten Teilbetrages zu zahlen sind.

Die Klägerin ist berechtigt, die Sicherheitsleistung gem. §§ 232 ff. BGB oder durch eine schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts zu bewirken.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die darüber hinausgehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Klägerin 19 %, die Beklagten als Gesamtschuldner 81 %.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beide Parteien können die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Klägerin begehrt von den Beklagten als Gesamtschuldner die Zahlung rückständiger Miete i.H.v. 63.020 EUR aus einem am 12.8.2006 geschlossenen Gewerberaummietvertrag an die Kreissparkasse W., an die die Mietzinsansprüche abgetreten wurden. Die Klägerin hat mit Mietvertrag vom 12.8.2006 das in ihrem Eigentum stehende 1., 2. und 3. Obergeschoss auf dem Grundstück F zum Zweck des Betriebs eines Fitnessstudios an die Beklagten vermietet.

Die Beklagten beabsichtigten im Frühjahr 2006, als Ergänzung zu der von dem Beklagten Ziff. 2 in Sch. betriebenen physiotherapeutischen Praxis, in der auch die Beklagte Ziff. 1 mitarbeitet, ein Fitnessstudio anzumieten, und zwar das Fitnessstudio K. in W., dessen Betreiber insolvent geworden war. Mit diesem Anliegen wandten sie sich an den Geschäftsführer der Klägerin, welcher ihnen auf privater Ebene bekannt war und der beruflich als Wirtschaftsberater tätig ist. Er wurde in der Folgezeit für die Beklagten beratend tätig. Zwischen den Parteien kam es weder zu konkreten Vereinbarungen zum Umfang der Beratungsleistungen des Geschäftsführers der Klägerin noch zu Provisions- oder Entgeltabsprachen. Der Geschäftsführer der Klägerin sollte lediglich eine Provision bei Abschluss des Geschäfts (Anmietung des Fitnessstudios) von den Beklagten erhalten.

Beabsichtigt war, die Übernahme des Fitnessstudios durch die Beklagten nahtlos im Anschluss an den Betrieb des Vorbetreibers ohne Einstellung des Fitnessbetriebs durchzuführen, um ein "Verlaufen" der Mitglieder zu vermeiden. Der Insolvenzverwalter gab insoweit die Frist zur Übernahme durch die Beklagten zum 1.8.2006 vor. Die früheren Mitarbeiter und das Inventar des Fitnessstudios sollten von den Beklagten übernommen werden und der Geschäftsführer der Klägerin war beauftragt, einen Investor zu finden, der die Immobilie kauft.

Vor Abschluss des Mietvertrages am 12.8.2006 entfaltete der Geschäftsführer der Klägerin u.a. folgende Tätigkeiten: Er verhandelte mit dem seit Anfang Mai 2006 eingesetzten Insolvenzverwalter (Anl. K 30 der beigezogenen Akte des LG Stuttgart 14 O 249/07 und des OLG Stuttgart 5 U 155/07; im Folgenden: "der beigezogenen Akten") über den Verkauf des Inventars und die Übernahme von Leasingverträgen im Hinblick auf die Fitnessgeräte. Er führte Personalgespräche mit den Mitarbeitern des Fitnessstudios und hielt im Beisein der Beklagten eine Betriebsversammlung ab. Er meldete das Gewerbe der Beklagten an und informierte den Energieversorger (Anl. K 49 der beigezogenen Akten). Darüber hinaus nahm er Kontakt zum früheren Betreiber des Fitnessstudios, dem Zeugen K., auf. Weiterhin vermittelte er für die Beklagten ein Geschäftskonto bei der Kreissparkasse W. mit einer Kreditlinie i.H.v. 50.000 EUR sowie ein Betriebsdarlehen...

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