Leitsatz (amtlich)

Schadensereignis im Sinne der Betriebshaftpflicht ist die nicht vertragsgemäße Lieferung der bestellten Ware und nicht der Abschluss des später schlecht erfüllten Vertrages.

 

Verfahrensgang

LG Heilbronn (Urteil vom 26.11.2004; Aktenzeichen 4 O 143/04)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des LG Heilbronn vom 26.11.2004 - 4 O 143/04 abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin aus der Betriebshaftpflichtversicherung Nr. ... bedingungsgemäß Versicherungsschutz hinsichtlich der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen durch die S. GmbH, ..., ... gem. der Belastungsanzeige vom 16.12.2003 - mit Ausnahme der Position "Zinsaufwendungen ... 3.861,78 EUR" - zu gewähren.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 110 % der aufgrund des Urteils vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Streitwert der Berufung: 70.288,62 EUR.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt im Wege der Feststellungsklage Deckungsschutz für Produkthaftungsansprüche.

Die Klägerin schloss am 20.8.2002 - Versicherungsbeginn 1.9.2002 - eine Betriebshaftpflichtversicherung bei der Beklagten ab, die gem. Abschnitt III Ziff. 2 der vereinbarten Versicherungsbedingungen auch das Produkthaftpflichtrisiko hinsichtlich von der Klägerin hergestellter und gelieferter Hard- und Software umfasste.

Die vereinbarten Versicherungsbedingungen enthalten unter diesem Abschnitt u.a. folgenden Regelungen:

5. Zeitliche Begrenzung

5.1 Der Versicherungsschutz umfasst die Folgen aller während der Versicherungsdauer vorkommenden Schadensereignisse, die - unbeschadet sonstiger Anzeigepflichten - dem Versicherer nicht später als 3 Jahre nach Beendigung des Versicherungsvertrages gemeldet werden.

5.2 Für Schäden durch Erzeugnisse, die vor In-Kraft-Treten dieses Vertrages ausgeliefert wurden, besteht Versicherungsschutz nur im Falle besonderer Vereinbarung.

Die Klägerin hatte ihren Geschäftsbetrieb bereits zum 1.5.2002 aufgenommen und am 31.7.2002 mit der Firma S. GmbH einen Vertrag über die Lieferung betrieblicher Software abgeschlossen. Am 7.10.2002 - somit nach Beginn des Versicherungsverhältnisses - wurde die Software ausgeliefert und installiert. In der Folgezeit stellte sich heraus, dass die bei Vertragsschluss getroffene Beschaffenheitsvereinbarung nicht in vollem Umfang eingehalten wurde und die Software somit mangelhaft war.

Nachdem im März 2003 seitens der Firma S. über das Erfüllungsinteresse hinausgehende Schadensersatzansprüche im Raum standen, wandte sich die Klägerin an ihren Versicherungsmakler. Über diesen zeigte sie mit Schadensanzeige vom 15.8.2003 (Bl. 84-86 d.A.) den Versicherungsfall bei der Beklagten an. Diese bat mit Schreiben vom 22.8.2003 (Bl. 87) um weitere Informationen. Nachdem diese bei der Beklagten nicht eingingen, lehnte sie ihre Einstandspflicht mit Schreiben vom 19.2.2004 (Bl. 90, 91 d.A.) endgültig ab.

Zwischenzeitlich hatte die Firma S. der Klägerin die "Belastungsanzeige" vom 16.12.2003 (Bl. 89 d.A.) zukommen lassen, die das Schreiben Ende Januar an die Beklagte weiterleitete (Bl. 88 d.A.).

Auf die weiteren tatsächlichen Feststellungen des LG wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Das LG hat die Klage u.a. deshalb abgewiesen, weil das Schadensereignis nicht innerhalb der Versicherungszeit gelegen habe.

Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung das ursprüngliche Klageziel weiter. Sie rügt, das Urteil beruhe auf unzureichender Ermittlung der Tatsachen und unzutreffender Würdigung der festgestellten Tatsachen. Das LG sei insb. zu Unrecht davon ausgegangen, dass das versicherte Schadensereignis nicht in die Versicherungszeit falle. Es sei nämlich nicht auf die Zusicherung sondern auf die Lieferung abzustellen.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des LG Heilbronn vom 26.11.2004, AZ: 4 O 143/04 AG festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin aus der Betriebshaftpflichtversicherung Nr.: ... bedingungsgemäß Versicherungsschutz hinsichtlich der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen durch die S. GmbH, ..., ... gem. der Belastungsanzeige vom 6.12.2003 - mit Ausnahme der Position "Zinsaufwendungen ... 3.861,78 EUR" - wegen fehlerhafter Beratung oder Fehlens zugesicherter Eigenschaften im Rahmen des Werkvertrages vom 31.7.2002 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des LG. Schadensersatzansprüche der Firma S., die von der Versicherung umfasst seien, bestünden im Übrigen nicht. Außerdem sei sie gem. § 5 Nr. 2, 3 AHB i.V.m. §§ 6 AHB, 6 Abs. 3 VVG leistungsfrei da die Klägerin den Schadensfall nicht unverzüglich gemeldet und auf Nachfragen nicht geantwortet habe.

II. Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfo...

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