Verfahrensgang

LG Stuttgart (Entscheidung vom 18.01.1999; Aktenzeichen 24 O 224/97)

 

Tenor

  • I.

    Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Einzelrichters der 24. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 18.01.1999 im Kostenpunkt und insoweit geändert, als es zum Nachteil des Klägers entschieden hat, und insgesamt wie folgt neu gefaßt:

    • 1.

      Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 450,- DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit 27.06.1997 zu bezahlen.

    • 2.

      Der Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger als Schmerzensgeld 3.000,- DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit 27.06.1997 zu bezahlen.

    • 3.

      Die weitergehende Schmerzensgeldklage wird abgewiesen.

    • 4.

      Von den Kosten des Rechtsstreits in I. Instanz trägt der Kläger 5/6 und der Beklagte 1/6.

  • II.

    Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

  • III.

    Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger 17/20 und der Beklagte 3/20.

  • IV.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert des Berufungsverfahrens:

20.000,- DM

Beschwer des Klägers:

17.000,- DM

Beschwer des Beklagten:

3.000,- DM.

 

Tatbestand

Der Kläger verfolgt aufgrund eines Verkehrsunfalls vom 29.08.1984 die Nachforderung eines weiteren unbezifferten Schmerzensgeldes, dessen Höhe er sich mit 20.000,- DM vorstellt. Der außerdem in I. Instanz verlangte und vom Landgericht zugesprochene materielle Schadensersatz von 450,- DM wegen Fahrtkosten zu Arztterminen spielt in der Berufung keine Rolle mehr.

Die Vorgeschichte stellt sich wie folgt dar: Die Verschuldenshaftung des Beklagten zu 100 % für die beim Unfall vom damals 19-jährigen Kläger erlittenen Schädel-/Hirnverletzungen steht aufgrund Senatsurteils vom 25.09.1987 (Beiakte 2 U 91/87) rechtskräftig fest. Im damaligen Verfahren auf Schmerzensgeld und Feststellung hatte das Landgericht ein nervenfachärztliches Gutachten nebst fachpsychologischem Zusatzgutachten eingeholt, die zum Ergebnis kamen, daß für eine Wesensveränderung des Klägers kein Anhalt bestehe, daß allein eine "leichte Verlangsamung im konzentrativen Bereich, die durch überdurchschnittliche Sorgfalt kompensiert" der "einzige, im Rahmen der gesamten Persönlichkeit nicht sehr zu wertende auffällige Befund" sei und daß "Auswirkungen auf das weitere Leben des Klägers durch den Unfall, von den narbigen Hautveränderungen abgesehen, zum jetzigen Zeitpunkt [04.09.1986] nicht zu erwarten" seien. Weiter heißt es: "Für eine erhebliche generelle psychische und intellektuelle Verlangsamung fanden wir jetzt keinen Anhalt. Daraus folgt, daß eine Minderung der Erwerbsfähigkeit zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorliegt, für die von ihm geklagten Beschwerden wäre eine MdE unter 10 % anzusetzen. Daraus ergibt sich schlüssig, daß Auswirkungen auf das weitere Leben des Klägers durch den Unfall, von den narbigen Veränderungen abgesehen, zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu erwarten sind. Die von ihm geklagten psychosomatischen Beschwerden führen zu keiner Minderung der Erwerbsfähigkeit und sollten einer hausärztlichen Behandlung zugeführt werden" (Bl. 106 f Beiakte). Im Vorprozeß sprach das Landgericht dem Kläger ein Schmerzensgeld von 20.000,- DM zu und wies den weitergehenden Antrag (vorgestellt 25.000,- DM) und den Feststellungsantrag wegen künftiger materieller und immaterieller Schäden ab. Zu letzterem war ausgeführt, daß nach den SV-Gutachten Spätschäden nicht wahrscheinlich seien. Diese Teilabweisung hat der Senat auf die damalige Berufung des Klägers korrigiert und den Antrag auf Feststellung zugesprochen (s. Beiakte Bl. 161 R: "Es wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den gesamten künftig ihm aus dem Verkehrsunfall vom 29.08.1984 entstehenden materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind"). Maßgebend dafür war, daß in Anbetracht der Schwere der Verletzungen die Möglichkeit von Spätschäden nach der Lebenserfahrung naheliege und dies auch von den Gutachtern nicht ausgeschlossen worden sei.

Im vorliegenden Verfahren hat der Kläger im Hinblick auf seine Nachforderung von Schmerzensgeld geltend gemacht, daß die damalige Annahme des nervenfachärztlichen Sachverständigen, wonach eine spätere MdE nicht zu erwarten sei, sich als falsch erwiesen habe. Er befinde sich ca. alle drei Wochen in HNO-fachärztlicher Behandlung, weil eine Neigung zu Gehörgangsentzündungen bestehe. Unverändert bestehe auch der Zustand, daß sein linkes Auge beim Kauen zu tränen beginne. Die bestehende Antriebsschwäche habe sich verstärkt; er verbringe seine Abende mit Nichtstun, was bereits zu partnerschaftlichen Problemen geführt habe; auch habe er z.B. den Sport des Kick-Boxens aufgegeben. Alle diese Folgen seien unfallbedingt und beim Urteil im Vorprozeß nicht vorherzusehen gewesen.

Der Beklagte hat die behaupteten Beschwerden und ihre Unfallbedingtheit bestritten und behauptet, über sie habe der Kläger schon im Vorprozeß geklagt. Einem weiteren Schmerzensgeldanspruch stehe der Einwand der Rechtskraft entgegen; es handele sich gegenüber der da...

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