Leitsatz (amtlich)

1. Fehlt in einer Verbraucherinformation eine konkrete Mitteilung dazu, ob und in welchem Umfang Rückkaufswerte und Leistungen garantiert werden, enthält diese nicht die nach Anlage D Abschnitt I Nr. 2 lit. d zu § 10a VAG a.F. erforderlichen Angaben und ist deshalb unvollständig, nicht nur intransparent.

2. Nicht verbrauchte, kalkulierte Verwaltungskosten stehen dem Versicherer nur insoweit zur Nutzungsziehung zur Verfügung, als diese auch tatsächlich dem Eigenkapital zugeflossen sind (im Anschluss an Senatsurteil vom 21.12.2017 - 7 U 80/17).

 

Normenkette

BGB § 818 Abs. 1 S. 1 Alt. 1; VAG a.F. Anlage D Abschn. I Nr. 2 lit. D; VVG a.F. § 5a Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 02.03.2018; Aktenzeichen 3 O 141/17)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 02.03.2018, Az. 3 O 141/17, abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 431,32 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.08.2017 zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

III. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund der Urteile jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund der Urteile jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 35.951,57 EUR.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von der Beklagten die Rückerstattung bezahlter Prämien sowie die Herausgabe gezogener Nutzungen im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung eines Rentenversicherungsvertrages mit Kapitalwahlrecht nach erklärtem Widerspruch gemäß § 5 a VVG a.F.

Für den Kläger bestand seit dem 01.07.1999 bei der Beklagten eine Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht (Versicherungsschein in Anl. K 2), welche auf Antrag des Klägers vom 11.06.1999 (Anl. K 1 und BLD 1) im Wege des Policenmodells zustande gekommen ist.

Dem Kläger wurden von der Beklagten mit Policenbegleitschreiben vom 17.06.1999 (Anl. K 3) der Versicherungsschein nebst Versicherungsbedingungen sowie die Verbraucherinformation (Anl. BLD 2) übersandt.

Das zweiseitige Policenbegleitschreiben vom 17.06.1999 enthält am Ende der ersten Seite in einem eigenen, am linken und rechten Seitenrand mit "*" versehenen Absatz folgende Widerspruchsbelehrung:

"Dieser Vertrag gilt als abgeschlossen, wenn Sie nicht innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der Verbraucherinformationen schriftlich widersprechen.

Um diese Frist einzuhalten, genügt es, Ihren Widerspruch rechtzeitig abzusenden."

Mit Datum vom 29.03.2011 (Anl. BLD 4) machte der Kläger von seinem Kapitalwahlrecht Gebrauch, woraufhin die Beklagte zum 01.07.2011 eine Ablaufleistung in Höhe von 44.503,14 EUR zur Auszahlung brachte.

Mit Schreiben vom 04.03.2016 (Anl. K 5) erklärte der Kläger den Widerspruch, den die Beklagte mit Schreiben vom 09.03.2016 (Anl. K 6) zurückwies.

Der Kläger, der erstinstanzlich wie im Berufungsverfahren beantragt hat, hat die Auffassung vertreten, wegen der formalen und inhaltlichen Mängel der Widerspruchsbelehrung sowie der Unvollständigkeit der Verbraucherinformation sei die Widerspruchsfrist gem. § 5 a VVG a. F. nicht in Gang gesetzt worden. Die Widerspruchsbelehrung sei nicht ordnungsgemäß, insbesondere nicht hinreichend drucktechnisch hervorgehoben, und auch inhaltlich nicht ausreichend. Weiter hat er die Verbraucherinformation für unvollständig gehalten, dies unter anderem, da Angaben über den zu zahlenden Gesamtbetrag sowie Nebengebühren und -kosten in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen fehlten. Ihm stehe deswegen ein Betrag in Höhe von 35.951,57 EUR zu.

Die Beklagte, die Klageabweisung beantragt hat, hat im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe der geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht zu. Der Kläger sei im Policenbegleitschreiben ordnungsgemäß über das ihm zustehende Widerspruchsrecht belehrt worden, die Verbraucherinformation sei vollständig.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand des dortigen Urteils sowie auf die in erster Instanz eingereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 02.03.2018 (Bl. 84 bis 92) als unbegründet abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, dass der Kläger ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht be...

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